Die «Anti-Chaoten-Initiative» und ihr Gegenvorschlag sind sinnvolle Ansätze, um der Gewalt zu begegnen.
Zürich ist ein Zentrum für Demonstrationen und Kundgebungen. Allein letztes Jahr zählte die Polizei 338 Veranstaltungen, also fast an jedem Tag eine. Im Vergleich zu früher sind die Zahlen deutlich gestiegen.
Die meisten Demonstrationen sind bewilligt. Sie verlaufen ohne Zwischenfälle, Anzeigen oder gar Verhaftungen. Ihre Organisatoren und Teilnehmer suchen nicht Streit mit der Polizei, sondern Aufmerksamkeit für ihr Anliegen, und das ist legitim.
Doch neben solchen friedlichen Umzügen erlebt Zürich immer wieder mit Gewalt verbundene Auseinandersetzungen. Linksextreme ziehen durch die Gassen und dreschen in ihrer Wut auf alle und alles ein, nicht selten ohne erkennbare politische Forderung. Hauptsache, es geht gegen das System.
Manchmal wollen die Linksautonomen einfach verhindern, dass Andersdenkende, etwa Abtreibungsgegner, ihrerseits vom Demonstrationsrecht Gebrauch machen können. So offenbaren sie ihre totalitären Züge. Auch der Schweizer Nachrichtendienst warnt vor der zunehmenden linksextremistischen Gewalt.
Es sind Entwicklungen wie diese, welche die SVP dazu bewogen haben, eine «Anti-Chaoten-Initiative» einzureichen. Diese kommt, gemeinsam mit einem Gegenvorschlag, am 3. März im Kanton Zürich an die Urnen.
Beide Anliegen verlangen im Kern das Gleiche: erstens eine allgemeine Bewilligungspflicht für Demonstrationen. Zweitens sollen Veranstalter und Teilnehmer von unbewilligten Versammlungen und Umzügen für die entstandenen Kosten geradestehen müssen, namentlich für den Polizeieinsatz.
In einer idealen Welt wären solche Forderungen unnötig. Jeder soll für seine politischen Überzeugungen möglichst ungehindert einstehen können. Doch die Verhältnisse gerade in der Stadt Zürich sind weit von einer idealen Welt entfernt. Angesichts der Gewalt und der schieren Fülle an Demonstrationen sind sowohl die Initiative wie der Gegenvorschlag gerechtfertigt und verdienen eine Annahme.
Speziell die allgemeine Bewilligungspflicht ist sinnvoll. Es ist nicht einsichtig, warum 90 Demonstranten ohne behördliche Einwilligung den Limmatquai blockieren können sollen, während ein Wirt noch für das kleinste Boulevard-Tischchen zwingend das Plazet der Stadtverwaltung braucht, weil das Tischchen im Weg stehen könnte.
In der Umsetzung von Initiative und Gegenvorschlag sind allerdings einige Grundsätze zu beachten. Die Regierung, aber auch die Gegner weisen zu Recht darauf hin, dass übergeordnete Regeln nicht gebrochen werden dürfen. So können die Kosten eines Polizeieinsatzes nicht einfach pauschal auch friedlichen Teilnehmern einer unbewilligten Demonstration auferlegt werden.
Ausserdem darf es nicht zu einem «chilling effect» kommen: Es kann also nicht sein, dass jemand auf eine Demonstration verzichtet, nur weil ihm hohe Kosten drohen.
Dieses übergeordnete Recht dürfte beim Gegenvorschlag insgesamt einfacher zu berücksichtigen sein als bei der Initiative, weshalb er in der Stichfrage den Vorzug verdient.
Dass gerade Linke so stark vor dem «chilling effect» warnen, hat im Übrigen etwas Scheinheiliges. Denn wenn etwas wirklich von einer Teilnahme an einer friedlichen Demo abschreckt, dann sind es nicht abstrakte Geldforderungen, sondern extremistische Schläger, welche sich im Umzug einreihen.
Wer Scheiben einschlägt, Wände versprayt und sogar Verletzte und Tote in Kauf nimmt, hat für seine Taten keine Anerkennung verdient. Doch statt sich eindeutig von linker Gewalt zu distanzieren, bringt ihr gerade die rot-grüne Stadtzürcher Politik nach wie vor viel zu viel Verständnis entgegen. Das sollte sich unabhängig vom Ausgang der Abstimmung am 3. März schleunigst ändern.