Das Zürcher Fussballderby hatte Auswirkungen bis nach Winterthur.
Einmal mehr sorgt das Stadtzürcher Fussballderby für Gesprächsstoff. Denn einmal mehr verlief der Spieltag nicht ohne Tumulte, wie am Montag bekannt wurde. Nicht jedoch in Zürich, sondern in Winterthur beharkten sich die beiden Lager nach dem Match am Sonntag. «Eine GC-Gruppierung hat bei der Stapo Winterthur gemeldet, dass sie von einer FCZ-Gruppierung verfolgt werde», sagt eine Sprecherin der Stadtpolizei Winterthur.
Also rückten die Polizisten an den Bahnhof Winterthur aus, wo die Keilerei bereits im Gange war. Es sei derzeit unklar, sagt die Sprecherin weiter, ob das Zusammentreffen abgemacht gewesen sei, ob Leute gezielt ausgewählt worden seien oder ob alles nur zufällig geschehen sei. Neun Personen wurden vorläufig festgenommen.
Bereits am Abend vor dem Match kam es zu einigem Aufruhr, diesmal in Zürich. So hielt eine grössere Gruppe GC-Anhänger die Polizei auf Trab, weil sie mit allerlei Utensilien ausgestattet, unter anderem Stangen, Schlagstöcken, Pfeffersprays und Messern, durchs Niederdorf zog. Beim Schaffhauserplatz, mittlerweile hatte die GC-Truppe in ein Tram disloziert, wurden sie von der Polizei kontrolliert.
Stunden später und von der Polizei ihrer Werkzeuge beraubt, wurde die gleiche Gruppe in Schwamendingen von mehreren Dutzend Anhängern des FCZ angegriffen. Die FCZ-Leute schlugen die Scheiben des Trams ein, in dem sich ihre GC-Kontrahenten befanden. Bilanz des Derbys vor dem Derby: fünf Menschen im Spital sowie ein Tramtriebwagen, bei dem praktisch sämtliche Scheiben zerstört wurden. Die Höhe des Sachschadens konnten die städtischen Verkehrsbetriebe (VBZ) am Montag noch nicht beziffern.
Die jüngsten Vorkommnisse fallen in eine Zeit, in der schweizweit wieder verstärkt über Fangewalt diskutiert wird. Seit einigen Wochen haben die Kantone und Städte die Schraube angezogen. Etwa werden in den Stadien immer häufiger ganze Sektoren gesperrt.
So geschehen jüngst in Bern, diesen Mittwoch wird dieser Sonderfall nun auch in Zürich zu beobachten sein. Fürs Heimspiel des FC Zürich gegen Lausanne-Sport wird die Letzigrund-Südkurve gesperrt. Die Sanktion wurde ausgesprochen, nachdem es nach dem Heimspiel gegen den FC Basel am Samstag vor einer Woche zu Ausschreitungen am Bahnhof Altstetten gekommen war.
Hinter der härteren Gangart seitens der Behörden steht eine Arbeitsgruppe, die unter der Federführung der kantonalen Polizeidirektorenkonferenz gebildet wurde. Darin vertreten sind unter anderem Regierungsräte, Polizeikommandanten, Vertreter der Vereine sowie der Liga.
Ein Kaskadenmodell, das sich an der Schwere und Häufigkeit der Regelverstösse orientiert, soll es künftig richten: je gravierender ein Ereignis, desto folgenschwerer die Sanktionen. Sektorenschliessungen gehören zu den Konsequenzen, die bei Gewalt gegen Personen oder beim Einsatz von Waffen und Pyrotechnik angeordnet werden können.
Kritiker bemängeln die Vermischung von Strafen und Prävention. Der FCZ-Präsident Ancillo Canepa hat zwar gegen die Verfügung der Stadt zur Sperrung der Südkurve keine Rechtsmittel erhoben, wie er den Tamedia-Zeitungen sagte. Er wolle aber künftig gerichtlich abklären lassen, wie korrekt es sei, dass ein Klub für einen Vorfall ausserhalb seines Zuständigkeits- und Einflussbereichs verantwortlich gemacht werden könne. Canepa: «Was erwartet man denn von uns? Dass wir am Bahnhof Altstetten, dass wir gleich überall in der Stadt Leute platzieren, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen?»
Juristen kritisieren, dass es hier nicht ums Verhindern von künftiger Gewalt gehe, sondern vielmehr ums Bestrafen. Massnahmen als reine Strafaktionen für das Verhalten von Fans ausserhalb des Stadions seien jedoch problematisch.
Was die jüngste Trameskapade angeht, muss sich zumindest keiner der beiden Zürcher Klubs auf Sanktionen seitens der Behörden einstellen. Eine Sprecherin des Sicherheitsdepartements sagt zur NZZ, die besagte Arbeitsgruppe werde dann aktiv, wenn sich «Gewaltvorfälle mit unmittelbarem zeitlichem und räumlichem Bezug» zu einem Fussballspiel ereignet hätten. «Da der Vorfall einen Tag vor dem Spiel stattfand, wird die Arbeitsgruppe nicht aktiv.»
Der Schaden ist trotzdem da. Nur wer kommt dafür auf, wenn gewalttätige Fussballfans ein Tram demolieren? Wie ein Sprecher der VBZ sagt, tragen die Betriebe sowie die Versicherung die Schadenkosten zunächst selber. Oder anders gesagt: Die Steuerzahler haben das Nachsehen.
Dies ändert sich, wenn eine Täterschaft eruiert und rechtskräftig verurteilt wird. «Dann fordern die VBZ und allenfalls der Versicherer grundsätzlich die Kosten für die entstandenen Schäden zurück», sagt der Sprecher. Im Falle der Tramattacke wurde bisher eine Person festgenommen. Zumindest für diese könnte das Derby noch teuer werden.