Die Zürcher Kantonalbank expandiert über die Kantonsgrenzen hinweg und will der «neuen UBS» im Pensionskassengeschäft Paroli bieten. Dabei stellen sich einige Fragen.
Als Reaktion auf die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS eröffnet die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in der Schweiz erstmals eine physische Präsenz ausserhalb des Kantons Zürich. Im ersten Quartal dieses Jahres werde die Bank ein lokales Vertriebsbüro in Lausanne in Betrieb nehmen, teilt die ZKB am Dienstagmorgen mit.
Die Bank baut ihr Geschäft mit Pensionskassen und institutionellen Kunden in der Romandie aus. Dafür stockt sie die Betreuung in der Westschweiz um drei Berater auf, von denen zwei von der Credit Suisse kommen. Bisher wurde die Kundschaft von einem Berater aus Zürich betreut.
Wachstumspotenzial nach Wegfall der Credit Suisse
Laut Jürg Bühlmann, Leiter Firmenkunden und Mitglied der Generaldirektion bei der ZKB, sieht die Bank ein attraktives Wachstumspotenzial in der Westschweiz. Die Credit Suisse sei ein wichtiger Akteur im Pensionskassengeschäft gewesen, nach ihrem Verschwinden werde ein Loch entstehen.
Zu den Dienstleistungen für Pensionskassen zählen beispielsweise Anlageprodukte, Cash-Management, die Begleitung von Immobilienprojekten oder die Rolle als «Global Custodian». In letzterer Funktion verwahrt die Bank die Depots von Vorsorgeeinrichtungen. «Die meisten Pensionskassen wollen einen Schweizer Custodian», sagt dazu Maurice Pedergnana, Finanzprofessor an der Hochschule Luzern und ehemaliges Mitglied des Bankrates der ZKB. Er schätzt, dass UBS und CS zusammengenommen derzeit vier von fünf Schweizer Pensionskassen als Global Custodian betreuen. Diesen Konzentrationsgrad schätzten viele Verantwortlichen in den Vorsorgeeinrichtungen nicht und schauten sich deshalb nach Alternativen um.
Ein zweiter Anbieter neben der «neuen UBS»
Gerade auch in der Westschweiz sei eine starke Nachfrage nach einem zweiten Anbieter neben der «neuen UBS» spürbar, sagt Bühlmann. Neben Unternehmen würden auch Pensionskassen ihre Bankbeziehungen gerne diversifizieren. Nach der Übernahme funktioniere die Streuung von Risiken auf UBS und CS nicht mehr. Es gehe darum, den Wettbewerb aufrechtzuerhalten.
Dass ausgerechnet eine Staatsbank nun für mehr Wettbewerb im Pensionskassengeschäft sorgen soll, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Die ZKB hat eine Staatsgarantie, der Kanton Zürich haftet für alle Verbindlichkeiten, wenn die eigenen Mittel nicht ausreichen.
Es stellt sich zudem die Frage, ob der Ausbau des Geschäfts in anderen Kantonen inklusive der Errichtung eines lokalen Büros von den anderen Kantonalbanken als unfreundlicher Akt angesehen wird. Bühlmann sagt dazu, die ZKB werde in anderen Kantonen keine Filialen eröffnen und andere Kantonalbanken beispielsweise auch nicht im Geschäft mit KMU konkurrenzieren. «Die meisten Kantonalbanken bieten unsere Dienstleistungen für Pensionskassen gar nicht an», sagt er.
Vorerst keine weiteren Geschäftsstellen geplant
Vorerst sei auch nicht geplant, neben Lausanne weitere Geschäftsstellen in anderen Kantonen aufzubauen. «Sollte es aber entsprechende Opportunitäten geben, würden wir das prüfen», sagt Bühlmann. Die Deutschschweiz lasse sich aber problemlos von Zürich aus bedienen. Aufgrund der sprachlichen und kulturellen Unterschiede sei dies bei der Westschweiz anders.
Die ZKB sei bereits heute in verschiedenen Bereichen schweizweit aktiv, sagt der Leiter Firmenkunden. Als Beispiel nennt er das Investitionsgüter-Leasing. Dabei geht es um Finanzierungen von beispielsweise Nutzfahrzeugen oder Maschinen. Die Zürcher Kantonalbank habe zudem bereits seit längerer Zeit die 5000 grössten Unternehmen der Schweiz als Zielsegment definiert, diese Firmen sollten schweizweit bearbeitet werden.
Finanzchefs als Ansprechpartner
Durch die Übernahme der CS durch die UBS eröffneten sich der Zürcher Kantonalbank im Firmenkundengeschäft Chancen, sagt Pedergnana. Das Pensionskassengeschäft sei in Unternehmen typischerweise beim Finanzchef angesiedelt, und so könnten sich anschliessend auch in anderen Geschäftsbereichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit ergeben – etwa bei der Kreditvergabe oder bei Anleihen-Emissionen. Schliesslich sei der Ansprechpartner im Unternehmen dann derselbe.
Allerdings müsse die ZKB dann auch liefern – aus seiner Sicht sollte sie auf die kurze Frist nicht zu viel versprechen, sagt Pedergnana. Der Wechsel des Global Custodians etwa bedinge den Umzug einer Vielzahl von Wertschriften und sei aufwendig.
ZKB als «grosser Bruder» für andere Kantonalbanken
Dass sich die ZKB mit anderen Kantonalbanken ins Gehege komme, sieht Pedergnana eher nicht. Im Global-Custodian-Geschäft seien die Margen eng, dies könnten nur entsprechend grosse Banken betreiben. Zudem machten die Kantonalbanken auch untereinander Geschäfte, und man müsse aufpassen, den anderen nicht auf die Füsse zu treten.
Auch wenn die Beziehungen nicht immer harmonisch seien, agiere die ZKB in der Praxis doch nicht selten wie eine Art «grosser Bruder» für andere Kantonalbanken. Bei der Emission von Anleihen übernehme sie oftmals als sogenannter Lead die Verantwortung, die anderen Kantonalbanken folgten ihr als «Junior Lead».