Einwanderer und extreme Gruppierungen machen den Bürgern der Bundesrepublik laut einer aktuellen Umfrage zunehmend Angst. Auch der Kriegsverlauf in der Ukraine und die mögliche Rückkehr Donald Trumps ins Weisse Haus lösen Sorgen aus.
Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts: Sollte dieser Spruch zutreffen, dann dürfte es um Deutschland derzeit schlecht bestellt sein. Das Bedrohungsempfinden der Menschen wächst, besonders durch die anhaltend hohe Migration und extreme Gruppierungen sowie durch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. Das ist das Ergebnis des «Sicherheitsreports 2024». Die Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Centrums für Strategie und Höhere Führung erscheint an diesem Dienstag zum 15. Mal.
Der Report basiert auf der Befragung von rund 1000 Personen in der Zeit von Anfang bis Mitte Januar. Auffallend an den Befunden ist vor allem das geringe Vertrauen der Deutschen in die Migrationspolitik der Ampel-Regierung. Zudem wachsen bei den deutschen Bürgern wieder die Zweifel an der Verlässlichkeit der USA. Ein dritter augenfälliger Aspekt betrifft die Einheit der Gesellschaft. Nicht nur politisch und wirtschaftlich driften Ost- und Westdeutschland immer stärker auseinander. Auch das Sicherheitsempfinden der Ostdeutschen unterscheidet sich deutlich von dem ihrer westdeutschen Landsleute.
Den Autoren des Reports zufolge ist fast die Hälfte der Bundesbürger (48 Prozent) überzeugt davon, dass die Kriminalität in Deutschland durch den Zuzug von Flüchtlingen deutlich gestiegen sei; für Gewalt- und Sexualstraftaten ist das auch gut belegt. Dies sei ein Zuwachs von elf Prozent im Vergleich zur Befragung von 2016. Das ist bemerkenswert, da damals im Sommer zuvor mehr als eine Million Menschen aus Ländern wie Syrien, Irak und Afghanistan unkontrolliert nach Deutschland gekommen waren und der Eindruck des bisherigen Höhepunkts der Flüchtlingskrise noch frisch war.
Deutliches Votum gegen die Migrationspolitik der «Ampel»
65 Prozent der Bürger, heisst es weiter, hielten die Flüchtlingspolitik der Regierung für falsch, nur noch zwölf Prozent unterstützten diese. Zudem fehlt den Deutschen offenkundig das Vertrauen, dass die «Ampel» die Migrationsprobleme in den Griff bekommt: Lediglich vier Prozent äusserten hierzu grosses Vertrauen, während 42 Prozent kein Vertrauen hatten und sich 44 Prozent skeptisch zeigten. Jeder Dritte Befragte fühlt sich durch die Flüchtlingssituation am eigenen Wohnort weniger sicher als früher, noch deutlicher ist dieses Gefühl in Ostdeutschland ausgeprägt.
Wenig überraschend konstatieren die Autoren auch einen Zusammenhang zwischen den wirtschaftlichen Verhältnissen der Befragten und deren Sicherheitsempfinden. «Schwächere soziale Schichten» hätten ein deutlich geringeres Sicherheitsgefühl als wohlhabende Bürger, heisst es im Report. In den Jahren vor der Corona-Pandemie hatte die Befragung noch ergeben, dass sich mehr als 70 Prozent der Bürger, im Corona-Jahr 2021 sogar mehr als 80 Prozent in Deutschland sicher fühlten. Inzwischen liege der Anteil nur noch bei 61 Prozent.
Als besonders grosse Gefahr bewerten die Deutschen laut dem Report vor allem islamistische Gruppierungen, arabische Clans, Rechtsextremisten, Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker. 44 Prozent sähen auch eine Gefährdung durch Anhänger der AfD. Hierin zeigt sich allerdings einer der spezifischen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen. Während es bei den Flüchtlingen vor allem die Ostdeutschen sind, die ein Sicherheitsrisiko sehen, sind es bei der AfD vor allem die Westdeutschen. «West- und Ostdeutschland driften zurzeit auseinander», sagt Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach. Dies sei ein Problem, dem zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt werde.
Neben der Lage im eigenen Land sind es vor allem die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die das Sicherheitsempfinden der Deutschen zusehends erodieren lassen. Nahezu die Hälfte der Deutschen fühlt sich demnach durch den russischen Krieg in der Ukraine bedroht. Das war schon bei der Befragung im Vorjahr der Fall. Verändert hat sich allerdings die Zuversicht der Bürger, dass die Ukraine den Krieg für sich entscheiden könne. Heute rechneten nur noch zehn Prozent mit einem positiven Ausgang (2023: 16 Prozent), während 34 Prozent davon ausgingen, dass Russland den Krieg gewinnen werde (2023: 23 Prozent). 56 Prozent hätten sich keine Prognose zugetraut.
Nur 20 Prozent würden der Ukraine mehr Waffen liefern
Auf die Frage hin, wie sich die Bundesrepublik verhalten solle, wenn die USA ihre militärische Unterstützung für die Ukraine zurückfahren sollten, ergab sich ein uneinheitliches Bild. So votierten 29 Prozent für eine unveränderte Waffenhilfe Deutschlands, weitere 20 Prozent für eine Ausweitung. 31 Prozent würden dem (möglichen) amerikanischen Beispiel jedoch folgen und die Unterstützung ebenfalls reduzieren.
Die Zweifel der Deutschen an den USA wachsen offenkundig nicht nur in der Frage der militärischen Unterstützung der Ukraine. Die Erfolge von Donald Trump bei den Vorwahlen liessen in Deutschland die Zweifel an den Amerikanern als verlässlicher Bündnispartner wachsen, heisst es im Report. Aktuell gingen noch 39 Prozent der Bürger davon aus, dass das Bündnis mit den USA stabil ist, 29 Prozent meldeten Zweifel an.
Unter dem Eindruck der zunehmenden Unsicherheit in der Welt befürworten mehr als zwei Drittel der Deutschen höhere Investitionen in die Bundeswehr und die Polizei. Zugleich haben dem Report zufolge 60 Prozent der Bürger den Eindruck, bei der Ausstattung der Streitkräfte gebe es keine Fortschritte. Mehr noch: 39 Prozent glaubten inzwischen auch nicht mehr daran, dass es Fortschritte geben werde.
Die Mehrheit der Deutschen frage sich, wo und wie die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene «Zeitenwende» eigentlich stattfinde, sagt Klaus Schweinsberg, Mitherausgeber der Studie. Die Unterstützung der Bürger für Investitionen in die Bundeswehr sei auf einem Höchststand, und die Regierung nutze diesen Rückenwind nicht: «Das ist nicht nur politisch töricht, sondern verantwortungslos angesichts der realen Bedrohungen aus Russland.»