Bundesrat Rösti will die A-Post abschaffen, weil zu wenig Briefe verschickt werden. Dänemark ist bereits viel weiter, doch die Neuerung birgt auch Probleme.
Das Ende kommt schleichend. Zuerst schlossen in der Agglomeration immer mehr Postfilialen, jetzt erwägt der zuständige Bundesrat Albert Rösti, die A-Post abzuschaffen. Statt an fünf Tagen sollen Pöstlerinnen und Pöstler nur noch drei Mal pro Woche Briefe austragen. Offiziell sind diese Pläne noch nicht, doch wenn Rösti mit seiner Idee durchkommt, wird es die Post, wie wir sie kennen, bald nicht mehr geben.
Was das bedeuten könnte, zeigt ein Blick nach Dänemark. Dort wurde die postalische Grundversorgung per 1. Januar eingestellt. Seither haben sich die Preise für Sendungen mehr als verdoppelt, im ganzen Land wurden bereits mehr als 1000 Briefkästen abmontiert, und Tageszeitungen werden nicht mehr länger ausgetragen.
Sinkende Nutzung, steigende Kosten
In Dänemark – wie in der Schweiz – hat die Briefpost in den letzten Jahren abgenommen. Wurden 1999 noch 1,46 Milliarden Briefe verschickt, waren es seit 2020 weniger als 200 Millionen pro Jahr. Dadurch sind die Kosten pro Sendung stark gestiegen. Für Post Nord – eine Holdinggesellschaft im Besitz der Staaten Dänemark und Schweden – wurde das einstige Kerngeschäft so zum Verlustgeschäft.
Um die Grundversorgung – ein landesweites Netz von Briefkästen und Postschaltern – sicherzustellen, zahlte der Staat der dänischen Post bisher jährlich eine Kompensation. 2022 erhielt das Unternehmen 150 Millionen dänische Kronen (umgerechnet 18,8 Millionen Franken), doch laut Post Nord soll das nicht ausgereicht haben, um die Kosten zu decken.
Was also tun: noch mehr Geld für einen Service ausgeben, den immer weniger Personen nutzen, oder die Post als Institution begraben? Eine breite Allianz aus rechten und linken Parteien entschied sich im Sommer 2023 dafür, den landesweiten Service künftig dem freien Markt zu überlassen. Das solle die Staatskasse entlasten und die Versorgung verbessern, argumentieren die Befürworter. Gegner warnen indessen vor den Folgen.
Senioren nicht abhängen
Die Gesetzesänderung trifft vor allem die dünn besiedelten ländlichen Regionen. Dänemark ist eine der am weitesten digitalisierten Gesellschaften Europas, und trotzdem leben in dem Land mit 5,8 Millionen Einwohnern 300 000 Personen, die den Kontakt mit Behörden und Ärzten noch immer vorwiegend analog pflegen. Viele von ihnen wohnen auf dem Land.
Steffen Damsgaard, Vorsitzender des ländlichen Bezirksrates, hat in einem offenen Brief Befürchtungen geäussert, dass es die Landbevölkerung sei, die am Ende für die Gesetzesänderung bezahlen müsse. Laut Damsgaard könnte es zu einer Spaltung der Gesellschaft in ein A- und ein B-Team kommen: jene, die nicht auf die herkömmliche Post angewiesen sind, und jene, die von diesem Kommunikationskanal abhängig sind und nun sich selbst überlassen werden.
Um dies zu verhindern, wird der Staat weiterhin die postalische Versorgung der Inseln subventionieren, ebenso wie den internationalen Briefverkehr und Sendungen von und an blinde Personen. Thomas Danielsen, der zuständige Verkehrsminister, sagte nach dem Entscheid zur Tageszeitung «Politiken», dass man überall in Dänemark weiterhin Briefe und Pakete erhalten werde, künftig aber die freie Wahl zwischen den Anbietern habe. Die Bevölkerung in den abgelegenen Ortschaften könne sich also gar auf einen besseren Service freuen.
App für Versand und Verwirrung um Briefmarken
Für ein abschliessendes Fazit ist es noch zu früh. Mit dem privaten Logistikunternehmen DAO, das bisher nur Pakete auslieferte, hat sich aber zumindest ein Mitbewerber für die Briefpost gefunden. «Darauf haben wir mehr als zwanzig Jahre gewartet», wird der CEO des Unternehmens in einer Medienmitteilung zitiert. Um über DAO Briefe zu verschicken, braucht man einen Code. Dieser ist über eine App oder die Website erhältlich. Wer den Code ausfindig macht, könnte geradeso gut eine E-Mail schreiben.
Der analogen Generation stehen schwierige Zeiten bevor. Das neue Jahr hat für viele ältere Däninnen und Dänen bereits mit reichlich Verwirrung begonnen, wie eine Seniorenorganisation berichtet. Mit dem Ende der postalischen Grundversorgung sind nämlich alte Briefmarken für den Inlandverkehr wertlos geworden. Briefmarken ab dem Jahr 2022 können zwar umgetauscht werden, doch dafür muss man auf der Website der Post ein Formular ausdrucken. Jenen, die kein Internet haben und deshalb die herkömmliche Post nutzen, hilft das wenig.