An den Aktienbörsen gibt es den dritten Tag in Folge grosse Kursverluste. Die Anleger arbeiten die Folgen des Zollfurors von Donald Trump in die Kurse ein. Der DAX ist nun im Bärenmarkt.
«There’s a new sheriff in town», hatte der amerikanische Vizepräsident J. D. Vance im Hinblick auf den Einzug von Donald Trump ins Weisse Haus seinen Zuhörern an der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar mitgeteilt. Die Botschaft lautete: Ab jetzt weht aus Washington ein anderer Wind. Inzwischen könnte man ergänzen «There’s a new tariff in town», denn vergangenen Mittwochabend hat Trump die Welt mit Zöllen überzogen und einen globalen Handelskrieg gestartet.
Grösster Verlust seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs
Seitdem sind die Aktienkurse im steilen Sinkflug. Am Donnerstag und am Freitag gab es weltweit grosse Kurseinbussen. Der amerikanische S&P-500-Index hatte den grössten zweitägigen Verlust seit März 2020 erlitten. Damals wurden die Auswirkungen der Corona-Pandemie ersichtlich. Auch der DAX ist bereits in der vergangenen Woche um mehr als 8 Prozent gesunken. Das war der grösste Wochenverlust seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022.
China hatte vergangene Woche umgehend mit Gegenzöllen in Höhe von 34 Prozent reagiert, und auch die EU bereitet eine Antwort vor. Einige Beobachter befürchteten aufgrund der angespannten Situation einen «schwarzen Montag» an den Weltbörsen, weil aus Washington am Wochenende keine Signale der Entspannung kamen.
Tatsächlich stürzte der Deutsche Aktienindex (DAX) dann am Montagmorgen um 10 Prozent ab, nachdem auch die asiatischen Börsen einen tiefroten Handelstag erlebt hatten und die amerikanischen Futures stark im Minus gelegen waren (Handelsstart: 15 Uhr 30). Andere europäische Aktienindizes brachen ebenfalls stark ein. Am frühen Nachmittag notierte der DAX dann noch mit rund 5 Prozent im Minus.
Der DAX ist nun im Bärenmarkt
Zu den grössten Verlierern hatten am Morgen die Gewinner der vergangenen Wochen gehört, nämlich Aktien von Rüstungsunternehmen wie jene von Rheinmetall und Hensoldt. Marktbeobachter sprachen von Panik unter den Anlegern. Die Titel von international stark verflochtenen Unternehmen gaben ebenfalls deutlich nach, beispielsweise die Aktien von Adidas, die seit ihrem Hoch im Februar gut 30 Prozent an Wert eingebüsst haben.
Vergleichsweise gering waren die Verluste der deutschen Autohersteller, die allerdings in den vergangenen Tagen schon deutlich unter die Räder gekommen waren. Trump hatte bereits vor seinem allgemeinen Zollfuror für alle Autoimporte in die USA enorme Zusatzzölle in Höhe von 25 Prozent angekündigt. Sie liegen also noch höher als die generellen Gebühren von 20 Prozent für Importe aus der EU.
Seit dem Mitte März erreichten Rekordhoch von rund 23 500 Punkten hat der DAX inzwischen in der Spitze über 4500 Zähler oder mehr als 20 Prozent an Wert verloren. Damit befindet sich der deutsche Aktienmarkt in einem Bärenmarkt. Dies ist der Fall, wenn ein Index ausgehend von seinem zyklischen Hoch mindestens 20 Prozent einbüsst.
Stärkster Stimmungsumschwung seit Jahren
Die Stimmung insgesamt, aber vor allem jene am deutschen Aktienmarkt ist innerhalb kürzester Zeit von Euphorie in Verzweiflung umgeschlagen. Die Aussicht auf schuldenfinanzierte Investitionen in Rüstung und Infrastruktur in einer Grössenordnung von mehreren hundert Milliarden Euro hatte bei Anlegern grosse Hoffnung auf einen konjunkturellen Aufschwung hervorgerufen. Diese Vorfreude ist nun verflogen.
Laut dem Datenanbieter Sentix sind die Konjunkturerwartungen für die Euro-Zone im Rekordtempo um fast 34 Zähler auf –19,5 Punkte eingebrochen. Das ist der tiefste Wert seit Oktober 2023. Die deutschen Konjunkturerwartungen haben sogar noch stärker gedreht. Und auch für die USA sind die Hoffnungen im Hinblick auf die konjunkturelle Entwicklung massiv zurückgegangen und haben den tiefsten Wert seit der Finanzkrise im Oktober 2008 erreicht. Viele Anleger und Ökonomen haben inzwischen Angst vor einer globalen Rezession.
Zwar hoffen manche Beobachter noch auf eine schnelle Kurserholung, die es etwa nach dem ersten Einbruch im Rahmen der Corona-Pandemie gegeben hatte. Doch dafür müsste sich der Konflikt zwischen den USA und dem Rest der Welt entspannen. Derzeit sieht es danach jedoch nicht aus. Am Wochenende hatte der amerikanische Handelsminister Howard Lutnick sogar weiteres Öl ins Feuer gegossen mit der Bemerkung, die Regierung wolle ihren harten Kurs mit hohen Einfuhrgebühren auf Waren aus fast allen Ländern durchziehen.
Aktualisierung folgt.
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