Einzelne chinesische Soldaten sind zwar für Russland als Söldner im Einsatz, gleichzeitig gibt es auch chinesische Freiwillige auf der ukrainischen Seite. Die Regierung in Peking distanziert sich.
Am Dienstag veröffentlichte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski ein Video, das einen Mann in militärischer Uniform zeigt. Seine Hände sind mit Kabelbindern gefesselt, er gestikuliert wild im Bemühen, etwas zu erklären. Der Mann spricht eine Mischung aus Chinesisch, lautmalerischen Geräuschen und Englisch.
Our military has captured two Chinese citizens who were fighting as part of the Russian army. This happened on Ukrainian territory—in the Donetsk region. Identification documents, bank cards, and personal data were found in their possession.
We have information suggesting that… pic.twitter.com/ekBr6hCkQL
— Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) April 8, 2025
Der Chinese habe für die russische Armee gekämpft, schrieb Selenski dazu. Er sei einer von zweien, die jüngst vom ukrainischen Militär aufgegriffen worden seien. Es gebe Informationen, dass noch deutlich mehr Chinesen in russischen Einheiten kämpften. Dass China am Krieg beteiligt sei, deute er als Signal, dass Putin nicht daran denke, den Krieg zu beenden. «Das erfordert definitiv eine Reaktion. Eine Reaktion der Vereinigten Staaten, Europas und aller, die weltweit Frieden wollen.»
Chinas Regierung liefert weder Waffen noch Truppen
Selenski dürfte mit seinen Äusserungen eine propagandistische Absicht verfolgen. Er will die USA von der Idee abbringen, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über ein Kriegsende zu verhandeln. Selenski will die USA wieder auf seine Seite ziehen. Wenn der Erzrivale der USA, China, auf russischer Seite kämpfe – dann müssten die USA doch die Ukraine wieder stärker unterstützen, so die Hoffnung.
Am Mittwoch äusserte sich das chinesische Aussenministerium zu den Vorwürfen. Die Behauptung, dass deutlich mehr Chinesen auf russischer Seite kämpften, sei haltlos, sagte ein Sprecher. Die chinesische Regierung habe ihre Bürger stets dazu angehalten, sich nicht an militärischen Handlungen zu beteiligen, egal auf welcher Seite.
Chinas Regierung hat keinerlei strategisches Interesse daran, sich direkt mit Waffen oder Truppen an Putins Krieg gegen die Ukraine zu beteiligen, so wie es Nordkorea nachweislich tut. Bisher hat China Russland zwar wirtschaftlich unterstützt sowie Material geliefert, das der russischen Armee im Krieg dienlich ist, wie zum Beispiel Fahrzeuge oder Werkzeugmaschinen für die Fertigung von Waffen. Aber eine direkte Unterstützung würde Chinas Beziehungen zu Europa und den USA untergraben und hätte wirtschaftliche Sanktionen zur Folge.
Einzelne Chinesen kämpfen – aus Zwang oder Überzeugung
Aber offenbar kämpfen einzelne Chinesen in der Ukraine – und zwar auf beiden Seiten. Meist handelt es sich dabei um Chinesen, die bereits in Russland oder der Ukraine wohnhaft waren. Dazu gibt es mehrere gute Belege. Die chinesische Investigativjournalistin Chai Jing führte auf ihrem Youtube-Kanal lange Gespräche mit chinesischen Soldaten im Ukraine-Krieg. Chai hatte jahrelang für Chinas Staatsfernsehen in Peking gearbeitet, wanderte jedoch nach Spanien aus, nachdem ihr Dokumentarfilm «Under the Dome» aus dem Jahr 2014 über die Luftverschmutzung in China grosse Debatten ausgelöst hatte und zensiert worden war.
In Chai Jings filmischen Porträts der Chinesen, die als Söldner für Russland kämpfen, wird klar, dass sie zum Teil dazu gezwungen wurden – wer sich einmal als Söldner gemeldet hatte, durfte die Armee angeblich nicht mehr verlassen. So berichtete ein Chinese namens Zhou Zhiqiang von schwerem Rassismus gegenüber Asiaten – und dass man sie kaum wie Menschen behandle. Wer sich weigere zu töten, werde eingesperrt. Ein chinesischer Soldat desertierte im Laufe der Dokumentation. Ein anderer sagte, Töten sei eine Arbeit wie jede andere, er empfinde nichts dabei. Chai Jing schätzt, dass über hundert Chinesen für Russland als Söldner kämpfen.
Auf ukrainischer Seite sind nur einige wenige Freiwillige aus China namentlich bekannt. In Chinas sozialen Netzwerken hat ein Exilchinese in der Ukraine kürzlich einen Nachruf auf seinen Freund Peng Chenliang veröffentlicht. Er war angeblich der erste Chinese, der im Kampf für die Ukraine fiel. Peng war dreissig Jahre alt, arbeitete in Lwiw und hatte eine ukrainische Freundin. Sein Freund schreibt: Peng sei ein normaler junger Mann gewesen, der bereit gewesen sei, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen.