Mit einem Finanztrick hat sich die Landesregierung vorzeitig ein luxuriöses Langstreckenflugzeug zugelegt. Glücklich ist sie damit bisher nicht geworden.
Der Hersteller Bombardier spart nicht mit Superlativen, wenn es um sein fliegerisches Flaggschiff geht. «Unsere Global 7500 bietet die ultimative Kombination aus Geschwindigkeit, Reichweite und Platzangebot», heisst es auf der Webseite des kanadischen Flugzeugbauers. Den Passagieren an Bord soll es an nichts mangeln. «Von der Geräumigkeit unserer Kabine und den extrem grossen Fenstern – Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden stehen bei uns an erster Stelle, damit Sie sich von Ihrer besten Seite zeigen können.»
Nicht von seiner besten Seite zeigen konnte sich am vergangenen Samstag Bundesrat Ignazio Cassis. Vielmehr war der Aussenminister zum Improvisieren gezwungen. Weil es Probleme mit der Beschleunigung gab, musste der Bundesratsjet mit Cassis an Bord in der türkischen Hauptstadt Ankara den Start abbrechen. Die Auswertung der Flugdaten ergab später, dass es beim Abflug zu einer «kurzzeitigen Leistungsreduktion an einem der Triebwerke» gekommen war, wie die Schweizer Armee mitteilte.
Grounding dauert an
Bundesrat Cassis und seine Entourage konnten die Reise kurzfristig mit dieser Maschine fortsetzen, um wie geplant am Antalya Diplomacy Forum in der Südtürkei teilnehmen zu können. Aus Sicherheitsgründen entschied der Lufttransportdienst des Bundes (LTDB) ausserdem, für den Rückflug in die Schweiz ein Ersatzflugzeug nach Antalya zu schicken. Die Schweizer Delegation wurde schliesslich mit einer Falcon 900 in die Heimat zurückgebracht.
Wie der Armeesprecher Stefan Hofer auf Anfrage der NZZ sagt, befindet sich das Flugzeug derzeit immer noch in Antalya. Es werde abgeklärt, was die Ursache für den kurzzeitigen Leistungsabfall in einem Triebwerk war. «Anschliessend wird entschieden, ob das Flugzeug freigegeben werden kann für den Flugdienst», sagt Hofer. Wann die Maschine ihren Dienst wieder aufnehmen kann, ist gemäss dem Armeesprecher noch nicht absehbar.
Das neue Staatsluftfahrzeug, wie der Bundesratsjet offiziell heisst, ist erst seit Anfang Februar im Einsatz. Seit Erreichung der «Initial Operational Capability» (Auslieferung) wurden insgesamt acht Einsätze durchgeführt, bis am letzten Samstag pannenfrei. Das neue Flugzeug ersetzt die 23 Jahre alte Cessna Citation Excel 560 XL in der Flotte des Lufttransportdienstes. Der Businessjet mit 19 Sitzplätzen hat eine Reichweite von 13 000 Kilometern und kann damit fast doppelt so weite Strecken zurücklegen wie seine Vorgängerin, die Cessna. Der Bund hatte gehofft, mit dem brandneuen Flugzeug in eine pannenfreie Zukunft zu fliegen. Nun wurde diese Erwartung bereits enttäuscht.
Ignazio Cassis wurde damit bereits zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren Opfer eines aviatischen Zwischenfalls. Im November 2021 musste der Aussenminister ein geplantes Treffen mit seinem chinesischen Amtskollegen in Schanghai absagen. Grund dafür war, dass seine Falcon 900 EX bei einem Zwischenstopp in Sibirien wegen technischer Probleme am Boden bleiben musste. In den Monaten zuvor waren bereits Bundesrätin Simonetta Sommaruga und der damalige Bundespräsident Guy Parmelin Opfer von Pannen geworden.
Bei der Beschaffung des 103,2 Millionen Franken teuren Bombardier Global 7500 konnte es dem Bundesrat nicht schnell genug gehen. Angesichts des von Finanzministerin Karin Keller-Sutter verordneten Sparprogramms hätte es 2024 im Bundeshaushalt nicht mehr genügend Geld gehabt für den Luxus-Jet. Um sich den in Bern spöttisch als «Palast der Lüfte» bezeichneten Flieger leisten zu können, griff die Landesregierung in die Trickkiste. Der Kaufpreis wurde vollständig im Rechnungsjahr 2023 bezahlt, was bei Beschaffungen dieser Art unüblich ist. «Das ist wirklich dreist! Der Bundesrat umdribbelt damit nicht nur die eigene Schuldenbremse», kritisierte die Basler SP-Nationalrätin Sahra Wyss damals im «Blick». Dieses Vorgehen stehe auch in klarem Widerspruch zum Finanzhaushaltgesetz.
Abwehr gegen Lenkwaffen
Deutlich kostspieliger als der übliche Listenpreis für den Langstreckenjet ist das neue Bundesratsflugzeug nicht in erster Linie wegen des teuren Innenausbaus. Die Mehrkosten fallen in erster Linie für das Selbstschutzsystem an, mit dem die Maschine vor dem Beschuss durch tragbare Luftabwehrsysteme (sogenannte MANPADS) geschützt wird. Dieses System macht rund einen Drittel der Investitionskosten aus, schreibt das Fachmagazin «Sky News». Dieses System wird erst im Sommer und Herbst 2025 eingebaut. Nötig sind diese Massnahmen, weil die Maschine auch eingesetzt werden soll, wenn zum Beispiel Botschaftspersonal oder Schweizer Staatsbürger aus Krisengebieten ausgeflogen werden müssen.
Nach erfolgter Erprobung, Abnahme und Zulassung des Selbstschutzsystems wird die Bombardier Global 7500 per Ende 2025 schliesslich beinahe zur vollen Nutzung bereitstehen. Beinahe deshalb, weil der Jet zu gross ist für den bestehenden Hangar auf dem Flughafen Bern-Belp, wo er eigentlich starten soll. Während zwei Jahren wird die Maschine deshalb auf dem Militärflugplatz in Payerne (VD) untergestellt. Voraussichtlich im Frühjahr 2027 soll gemäss Stefan Hofer auf dem Belpmoos ein neuer Hangar für den Bundesratsjet zur Verfügung stehen. Um einen entsprechenden Neubau zu ermöglichen, muss ein fast hundertjähriger Hangar abgerissen werden.