Österreich versinkt in den Defiziten. Magnus Brunner hat das mitzuverantworten und bekommt bei der EU dennoch einen Topjob. Das Parlament wird bei Nominierungen künftig genauer hinschauen müssen.
Eine Beförderung muss man sich verdienen, zumal wenn es um einen Posten weit oben in der Hierarchie geht. Alles andere empfinden wohl die meisten als ungerecht.
Aber so fair geht es in der Wirklichkeit nicht immer zu – auch in der EU nicht. Österreichs ehemaliger Finanzminister Magnus Brunner ist seit vergangenem Dezember einer ihrer 27 Kommissare. Allerdings wachsen die Zweifel, ob Brunner diesen hohen Posten wirklich verdient oder eher Österreichs «Freunderlwirtschaft» in Brüssel Einzug gehalten hat.
Zu hohe Förderungen während der Pandemie
Das Budget des Landes verschlechtert sich gerade fast wöchentlich. Im vergangenen Jahr lag das Defizit bei gewaltigen 22,5 Milliarden Euro oder 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Brunner hat dabei eine unrühmliche Rolle gespielt. Von Ende 2021 bis November 2024 war er Österreichs Finanzminister.
Für die dramatische Lage ist er keineswegs alleine verantwortlich, denn das Defizit ist teilweise die Folge hoher Finanzhilfen, welche die Regierung während der Pandemie verteilt hat.
Brunner hat die Finanzlage allerdings stets schöngeredet, obwohl Wirtschaftsinstitute auf die Gefahr hingewiesen haben. Man solle die Kirche im Dorf lassen, meinte er, als er auf das Risiko steigender Defizite angesprochen wurde.
Dabei berief sich Brunner auch auf Schätzungen der OECD. Diese Organisation sagte Österreich zwar ebenfalls ein Defizit voraus, aber es schien sich im Rahmen zu halten. Die Wahrheit, wie schlecht es um die Finanzen steht, kam erst wenige Tage nach den Wahlen im September 2024 heraus.
Hat Brunner die Katastrophe nicht kommen sehen, oder hat er den Wählern die Wahrheit vorenthalten? Und was ist von einem Finanzminister zu halten, der sich auf die OECD beruft: also auf Ökonomen, die fernab in Paris ihre Prognosen erstellen? Wie immer man diese Fragen beantwortet, Brunner sieht schlecht aus.
Als der ehemalige Finanzminister im Herbst 2024 den Brüsseler Nominierungsparcours zum Kommissar absolvierte, war sein Leistungsausweis kein grosses Thema. Brunner erhielt schliesslich gar anspruchsvolle Dossiers, zuständig ist er jetzt für Migration und innere Angelegenheiten. Besonders qualifiziert scheint er für diese Themen nicht zu sein – so wie in seinem Lebenslauf wenig darauf deutet, dass er Finanzminister werden musste.
Die Finanzen sind das grosse Problem vieler EU-Länder
An Kommissar Brunner gäbe es weniger auszusetzen, wenn er etwa als Minister für Sport eine schlechte Figur abgegeben hätte. Aber ausgerechnet als Finanzminister!
Die schlechte budgetäre Verfassung vieler Mitgliedsländer ist immerhin ein Dauerthema in Brüssel. Wie Österreich weisen einige Staaten hohe Defizite auf. So umfangreich sind sie, dass man die Finanzen als eine Gefahr für Europas Zusammenhalt ansehen muss.
In Brüssel herrscht dazu Ratlosigkeit. Ein Rezept, wie die Staaten ihre Finanzen in Ordnung bringen können, hat niemand. Dabei drängt die Zeit, denn die Länder müssen teure Vorhaben stemmen, etwa in der Verteidigung.
Der EU-Kommission kommt dabei auch die Aufgabe zu, auf die Budgets der Länder ein wachsames Auge zu haben. Allerdings ist ihre Autorität angekratzt, wenn eines ihrer Mitglieder die Fiskalregeln der EU nicht ernst genommen hat.
Auch für Ex-Kanzler Nehammer ist gesorgt
Die EU-Institutionen sollten bei der Wahl ihres Personals statt bloss auf die nationale Herkunft sowie Länderquoten vermehrt auf die Qualifikation achten. Zumal im Staatenbund noch eine eigenartige Nominierung ansteht: jene des ehemaligen österreichischen Bundeskanzlers Karl Nehammer für das Direktorium der Europäischen Investitionsbank.
Nehammer, gleichsam Brunners ehemaliger Chef, ist zwar eine aufrichtige Person, aber in seinem Lebenslauf scheint nicht viel auf, was ihn zum Banker qualifizierte. Den grossen Teil seiner Karriere war er Berufspolitiker und Funktionär. Und für Österreichs Finanzschlamassel ist er mitverantwortlich. Es riecht nach «Günstlingswirtschaft». Diese Unsitte sollte sich die EU nicht leisten, schon gar nicht in so schwierigen Zeiten wie momentan.