Der Pharmakonzern und der Generikahersteller gehen seit vergangenem Herbst getrennte Wege. Und auf einmal schafft es Novartis, zweistellig zu wachsen. Noch zu reden geben dürfte die üppige Gesamtvergütung des Topmanagements.
Die Trennung vom Generikahersteller Sandoz hat dem Pharmakonzern Novartis gutgetan. Das wachstumsschwache und vergleichsweise wenig rentable Geschäft des Herstellers von Medikamentenkopien wirkte jahrelang wie ein Klotz am Bein. Nun weist Novartis für das vergangene Jahr einen Umsatzzuwachs von 8 Prozent aus. In Lokalwährungen fiel die Steigerung mit 10 Prozent sogar knapp zweistellig aus.
Noch stärker wuchs das Betriebsergebnis. Es erhöhte sich um 23 Prozent, was dem Unternehmen ermöglichte, seine Ebit-Marge von 18,8 auf 21,5 Prozent auszuweiten.
In diesen Zahlen ist die Geschäftsentwicklung von Sandoz nicht mehr berücksichtigt. Die bisherige Tochtergesellschaft wurde Anfang vergangenen Oktobers via einen Spin-off in die Selbständigkeit entlassen. Sie wird am 13. März 2024 erstmals separat über ihren Geschäftsgang berichten.
Ein hocherfreuter Finanzchef
Zusammen mit Sandoz – bis im April 2019 gehörte auch der inzwischen ebenfalls verselbständigte Augenmedizinspezialist Alcon zum Konzernverbund – war Novartis zuvor in zehn Jahren bestenfalls auf ein Umsatzwachstum von 6 Prozent gekommen. Mehrere Male (2015, 2016, 2018 und 2022) bildeten sich die Verkäufe sogar zurück.
Der Finanzchef von Novartis, Harry Kirsch, äusserte sich am Mittwoch an einer Telefonkonferenz denn auch hocherfreut über den jüngsten Geschäftsverlauf. Er strich heraus, dass sich Novartis besonders in den USA dynamisch bewegt habe – einem Markt, in dem der Konzern traditionell eine weniger starke Position als in Europa aufweist. Der Umsatz stieg dort um 13 Prozent, während sich die Zunahme im europäischen Geschäft auf 4 Prozent beschränkte.
Dreizehn Blockbuster
Novartis konzentriert sich mittlerweile auf die Entwicklung und den Vertrieb von innovativen Medikamenten, die meist noch unter Patentschutz stehen. Dabei besitzt der Konzern ähnlich wie sein Konkurrent Roche ein eindrücklich breit aufgestelltes Portfolio. Im vergangenen Jahr erreichten dreizehn Produkte von Novartis einen Umsatz von mindestens 1 Milliarde Dollar.
Das Herzmedikament Entresto spielte allein 6 Milliarden ein, was gegenüber dem Vorjahr einem Zuwachs von 30 Prozent entsprach. Allerdings figuriert ausgerechnet dieses umsatzstärkste Produkt des Konzerns auf der Liste der US-Regierung, die ab 2026 erstmals fixe Preise für besonders oft verschriebene Präparate bezahlen wird. Anders als in Europa haben Behörden in Amerika bis anhin keine Preisverhandlungen mit Medikamentenherstellern geführt.
Bei Novartis ist man indes zuversichtlich, künftige Mindereinnahmen aus der Vermarktung von Entresto mit anderen, jüngeren Produkten zu kompensieren. Der Patentschutz von Entresto ist ohnehin schon ausgelaufen. Noch befinden sich aber keine Nachahmerprodukte auf dem Markt.
Der Cholesterinsenker Leqvio kommt nicht vom Fleck
Hohe Erwartungen hat das Management des Pharmakonzerns an das Brustkrebsmedikament Kisqali sowie die Therapie Kesimpta gegen multiple Sklerose. Beide Präparate entwickelten sich 2023 fulminant und erreichten erstmals einen Umsatz von je über 2 Milliarden Dollar.
Enttäuschend schnitt hingegen die Gentherapie Zolgensma ab. Mit 1,2 Milliarden Dollar brachte sie dem Unternehmen 11 Prozent weniger als im Vorjahr ein. Der neuartige Cholesterinsenker Leqvio, von dem sich die Konzernführung einst ein ähnliches Potenzial wie vom Kassenschlager Entresto erhofft hatte, figurierte im vergangenen Jahr noch immer nicht auf der Liste der zwanzig umsatzstärksten Produkte von Novartis.
16 Millionen Franken für den CEO
Noch zu reden geben dürfte die Entlohnung des Topmanagements. Die zwölf Mitglieder – einschliesslich der Verantwortlichen des internationalen Pharmageschäfts Marie-France Tschudin, die im September das Unternehmen Knall auf Fall verliess – erhielten 2023 insgesamt 63,5 Millionen Franken. Davon entfallen 16,2 Millionen allein auf den CEO Vas Narasimhan. Gegenüber den Bezügen von 49,4 Millionen Franken im vorangegangenen Jahr entspricht dies einer Zunahme von fast 30 Prozent. Narasimhan, der an der Bilanzmedienkonferenz erstmals nicht teilnahm, konnte sein Paket sogar verdoppeln.
Wie die Aktionäre des Pharmakonzerns diese Grosszügigkeit beurteilen, wird sich an der kommenden Generalversammlung vom 5. März 2024 zeigen. Mit kritischen Voten ist zu rechnen. Der bisherige Spitzenreiter in der Schweizer Pharmabranche, Severin Schwan, erhielt als Konzernchef von Roche 2021 und 2022 je 11,5 Millionen Franken als Gesamtvergütung.
Geschäftsverlauf im vierten Quartal enttäuscht Anleger
Laut dem Vorschlag an die Generalversammlung soll die Dividende zum 27. Mal in Folge erhöht werden, allerdings nur um 3 Prozent auf 3.30 Franken. Aktionäre, die schon zum Zeitpunkt des Spin-off von Sandoz dabei waren und im vergangenen Oktober automatisch Aktien des Generikaherstellers in ihr Depot eingebucht bekamen, winkt eine weitere Gewinnausschüttung. Dass auch Sandoz eine Dividende bezahlen werde, wurde den Anteilseignern bereits im Vorfeld der Abspaltung versprochen.
Trotz der starken Umsatzzunahme und der deutlichen Gewinnsteigerung büsste der Aktienkurs von Novartis am Mittwoch um 3,5 Prozent auf 89.40 Franken ein. Für Enttäuschung sorgte der Geschäftsgang im vierten Quartal. Er fiel leicht unter den Markterwartungen aus.
Analytiker der Bank Vontobel sind von Novartis dennoch weiterhin angetan. Das Management strahle «eine grössere Zuversicht» aus, halten die Marktbeobachter fest. Sie berufen sich darauf, dass der Pharmakonzern neu für den Zeitraum von 2023 bis 2028 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 5 Prozent in Aussicht stellt. Die zweistellige Steigerung des vergangenen Jahres ist dabei eingerechnet.