Wenn wie am Donnerstag im Wallis der Strom ausfällt, streikt auch das Handynetz. Die Bevölkerung kann keine Notrufe absetzen und erhält keine Warnungen. Seit längerem fordert der Bund mehr Stabilität von den Anbietern. Nun ist eine Lösung in Aussicht.
Als am Gründonnerstag im Wallis und im Berner Oberland Rekordmengen an Schnee fielen, ging in vielen Stuben das Licht aus, das Radio blieb stumm. Das Unwetter hatte Stromleitungen beschädigt. Und bald hiess es auch auf dem Handy-Display: «No Service.»
Ein solcher Ausfall kann schwer wiegen. Das Mobilfunknetz wird immer mehr zum Portal zur Aussenwelt. Es ist das wichtigste Medium zur Kommunikation, in Rand- und Bergregionen umso mehr: Es informiert die Menschen über die Wetterlage und den Strassenzustand. Es warnt sie über Apps vor drohenden Katastrophen. Mit dem Handy können sie in einer Notsituation Hilfe rufen – sofern sie eine Verbindung haben.
Auch die Mobilfunkantennen brauchen Elektrizität. Wenn während eines Unwetters ein Baum auf eine Stromleitung kracht, ist das Handynetz genauso betroffen. Zwar springen in diesem Fall Notbatterien an. Aber sie versorgen die Antennen nur höchstens eine Stunde lang mit Strom. Dann ist das Mobilfunknetz tot.
Gefahr hinter der «Pfadi-Romantik»
In Teilen des Wallis waren deshalb rund um Ostern viele Menschen von der Aussenwelt abgeschnitten. Die zugeschneiten Strassen waren nicht befahrbar. Saas-Fee blieb vom Gründonnerstag bis am Abend des Ostersonntags nicht erreichbar. Gut einen Tag lang hatte die Gemeinde weder Strom noch Mobilfunknetz. Selbst die Polycom-Funkgeräte der örtlichen Feuerwehr waren ausgestiegen. Eine Standleitung zur Feuerwehr im rund zwanzig Kilometer entfernten Stalden war die einzige Verbindung zur Aussenwelt.
Patrick Gasser ist Lokaljournalist für den «Walliser Boten» und selber im Saastal wohnhaft. «Die Menschen haben den Ausfall des Handynetzes entspannt aufgenommen», sagt Gasser. Man habe beim Nachbarn an die Tür geklopft, habe gemeinsam im Garten Suppe gekocht.
«Doch hinter dieser Pfadi-Romantik gibt es auch Gefahren für Berggemeinschaften», sagt Gasser. Über das Handynetz werden zum Beispiel Lawinen ausgelöst, um grösseren Niedergängen vorzubeugen. Als vom Gründonnerstag auf Karfreitag rund zwanzig Stunden lang kein Netz funktionierte, wäre dies nicht möglich gewesen.
«In den Bergdörfern gibt es zudem wenig Hausärzte und kaum ärztliches Personal», sagt Gasser. Was ist, wenn eine Person einen Herzinfarkt erleidet? Über das Osterwochenende gab es keine freie Strasse, die aus oder nach Saas-Fee führte. Solange das Handynetz nicht in Betrieb war, konnten auch keine Helikopter gerufen werden.
Bund forderte Notstrom für 72 Stunden
Der Bund will in Zukunft solche Situationen vermeiden. Mit der steigenden Zahl von Unwettern setzt er im Fall von Katastrophen auf die sogenannte Multikanalstrategie. Dazu gehören Sirenen, Radiodurchsagen und Notfalltreffpunkte. Eine wichtige Rolle spielen auch Warnungen über SMS oder die App «Alertswiss».
Auch deshalb fordert der Bund die Mobilfunkanbieter seit längerem auf, ihre Netze besser gegen Stromausfälle zu schützen. Im November 2023 schickte er eine neue Verordnung über die Fernmeldedienste in die Vernehmlassung. Darin verlangte der Bundesrat von Swisscom, Sunrise und Salt, die Antennen mit massiven Investitionen von 145 Millionen Franken jährlich zu sichern. Mit stärkeren Batterien oder mit Dieselgeneratoren sollten sie nach Stromausfällen bis zu 72 Stunden in Betrieb bleiben können.
Die Forderung war auch Ausdruck jener Zeit. Mit dem Beginn des Ukraine-Krieges im Frühjahr 2022 und dem Ausbleiben des russischen Gases fürchtete sich der Bund vor einer Strommangellage im Winter. Matthias Hürlimann ist Vizedirektor des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) und Leiter der Abteilung Telekomdienste und Post. Die Sorge um zu wenig Strom fiel laut Hürlimann zusammen mit der steigenden Wichtigkeit des Mobilfunknetzes. «Die frühere Festnetztelefonie konnte auch bei Stromausfällen dank dem Kupferdraht noch eine Zeitlang weiterfunktionieren. Für das heutige Festnetz und das Mobilfunknetz trifft das nicht mehr zu.» Das Mobilnetz stehe heute in der Kommunikation viel stärker im Fokus.
Vorgehen bei Mangellage ungeklärt
Die einstige Maximalforderung wurde inzwischen verworfen. Die Mobilfunkbranche hatte sie heftig kritisiert. Sie hielt sie für unverhältnismässig und für praktisch nicht umsetzbar. Um etwa Dieselgeneratoren anzuschliessen, müssten die Antennenanlagen umgebaut werden. Dies hätte Platz, Zeit und das Einverständnis von Landeigentümern benötigt, wie der Schweizerische Verband der Telekommunikation (Asut) auf Anfrage schreibt. Die Swisscom betreibt in der Umgebung Zermatts bereits Antennen, die an Dieselaggregate für den Notfall angeschlossen sind. Aber bei Tausenden von anderen Standorten könnte es vor einem Umbau zu zahlreichen Einsprachen kommen.
Ob Dieselgeneratoren im Ernstfall ein Gewinn sind, bleibt ungewiss. Die Swisscom gibt zu bedenken, dass Generatoren alle vier bis sechs Stunden nachgetankt werden müssten. Je nach Lage nach einem Unwetter könnten Mitarbeiter samt Treibstoff gar nicht zu den betroffenen Antennen gelangen. Vor Ostern konnte die Swisscom mobile Dieselaggregate nicht vor Ort transportieren.
Nach der deutlichen Kritik aus der Mobilfunkbranche scheint der Uvek-Vorsteher Albert Rösti mit ihr einen Kompromiss gefunden zu haben. Die Parteien haben sich darauf geeinigt, dass bei einem Stromausfall eine Autonomie von vier Stunden für Mobilfunkantennen ausreichend ist. Sie kann relativ einfach erreicht werden: indem die Notstrombatterien ausgetauscht werden. Wie der Bakom-Vizedirektor Matthias Hürlimann sagt, ist die Verordnung so weit, dass sie in Kraft treten kann. Ungeklärt sei aber noch der Punkt, wie man während einer Strommangellage vorgehe. Ein Abschluss sei noch dieses Jahr zu erwarten.