Tesla legt sehr schwache Quartalszahlen vor und warnt vor Zöllen und einer «sich verändernden politischen Stimmung». Die Anleger bleiben optimistisch und vertrauen darauf, dass CEO Musk das Ruder herumreissen kann, wenn er dem Elektroauto-Pionier wieder mehr Aufmerksamkeit schenkt.
Der amerikanische Autohersteller Tesla leidet unter dem Handelsstreit und der Nähe seines Chefs Elon Musk zur Regierung von Donald Trump. Das erste Quartal ist sogar noch schlechter ausgefallen als befürchtet. Wie der Konzern am Dienstag nach dem amerikanischen Börsenschluss mitgeteilt hat, schrumpfte sein adjustierter Nettogewinn um 39 Prozent auf noch 27 Cent pro Aktie.
Die Analysten und die Öffentlichkeit wurden auf dem falschen Fuss erwischt: Sie erwarteten einen Gewinn von 41 Cent pro Aktie. Tesla kommt nur auf einen Quartalsumsatz von 19,3 Milliarden Dollar; man rechnete mit etwa 21,5 Milliarden.
Rabatte halfen wenig
Der Hauptgrund: Teslas Autoverkäufe sind von Januar bis März um 13 Prozent eingebrochen. Das weiss die Öffentlichkeit schon seit Anfang April. Unklar war aber, zu welchem Preis diese Verkäufe erfolgten. Jetzt zeigt sich, dass Tesla mit hohen Rabatten gegen die Misere angekämpft hat, was wiederum der Profitabilität stark zusetzte.
Die Betriebsgewinnmarge beträgt nur noch 2,1 Prozent, nach 5,5 Prozent im Vorjahr. Vorbei sind die Tage, als Tesla viel profitabler als die Konkurrenz arbeitete.
Die Unsicherheit im Auto- und Energiemarkt nehme weiter zu, schreibt das Unternehmen, «während eine sich rasch entwickelnde Handelspolitik die weltweiten Lieferketten sowie die Kostenstruktur von Tesla und unseren Konkurrenten negativ beeinflusst». Auch eine «sich verändernde politische Stimmung» könne sich in nächster Zukunft negativ auf die Nachfrage auswirken, warnte der Autobauer. Der Elektroauto-Pionier stellte aus diesen Gründen die bisherigen Verkaufsziele für das laufende Jahr infrage.
Tatsächlich litten die Verkaufszahlen darunter, dass Tesla-Chef Elon Musk als enger Verbündeter des amerikanischen Präsidenten Donald Trump gesehen wird. Er orchestriert mit seiner Effizienz-Kommission Doge das radikale Sparprogramm für den amerikanischen Bundeshaushalt und hat nebenbei für diverse europäische Rechtsparteien geworben. Zahlreiche Europäer und Amerikaner protestieren deswegen gegen Tesla, viele boykottieren die Marke. Die Verkäufe sind im ersten Quartal besonders in Deutschland eingebrochen, wo Musk bei den Wahlen im Februar lautstark die Rechtspartei AfD unterstützt hatte.
Musk will Tesla mehr Zeit widmen
Der Tesla-Chef selbst sieht die Sache etwas anders, wie er am Dienstag im Gespräch mit Investoren und Analysten sagte. Er sehe Probleme auf der Makro-Ebene für alle Autobauer, weil die Konsumenten in einer unsicheren wirtschaftlichen Lage insgesamt weniger Autos kauften, so Musk. Die Proteste gegen Tesla würden von Leuten angezettelt würden, die von Verschwendung und Betrug profitieren würden, die seine Doge-Kommission nun eindämme.
Tesla hat den jüngsten Verkaufsrückgang stets mit der Lancierung der neuen Version des Kompakt-SUV Model Y begründet. Einerseits stand während der Umstellung die Produktion in den vier Grossfabriken für kurze Zeit still, andererseits warteten potenzielle Käufer zu, um das aufgefrischte Model Y «Juniper» zu kaufen.
In anderen Fragen zeigt sich Musk einsichtiger. Wegen des Einbruchs der Verkaufszahlen wurde Kritik laut, dass er sich zu wenig um sein wichtigstes Unternehmen kümmere. Dan Ives, einflussreicher Tech-Analyst bei Wedbush Securities und in Bezug auf Teslas Perspektive eigentlich ein Optimist, hatte etwa gefordert, dass Musk bis Ende Mai von seiner Arbeit für Doge zurücktritt. Er solle sich wieder voll auf Tesla konzentrieren.
Musk entsprach diesem Wunsch teilweise. Er sagte, dass er ab Mai nur noch «ein bis zwei Tage pro Woche» für Doge arbeiten werde. Er verwendete die ersten Minuten des Gesprächs mit Investoren und Analysten dennoch darauf, seine Kommission emphatisch zu verteidigen: Es sei für Amerika sehr wichtig, dass Betrug und Verschwendung im Bundeshaushalt unterbunden würden. «Wenn Amerika untergeht, gehen wir alle unter – auch Tesla.»
Musk äusserte sich auch zu Donald Trumps Handelskrieg. Er hat in den vergangenen Wochen schon mehrfach angedeutet, dass er kein Freund von hohen Zöllen ist, hielt sich mit Kritik an Trump selbst aber zurück. Am Dienstag blieb er dieser Linie treu: Er werde sich weiterhin für tiefere Zölle einsetzen, sagte Musk, aber die Entscheidung liege bei Trump selbst. «Das ist alles, was ich tun kann.»
Die Zölle treffen insbesondere Teslas wachsendes Geschäft mit Batteriespeichern und mit Solarzellen für Eigenheime. Die Sparte scheint von einem politisch motivierten Käuferstreik wenig betroffen und hat einen Umsatz von 2,7 Milliarden Dollar beigesteuert, nach 1,6 Milliarden im Vorjahresquartal. Diese stabilen Erträge sind für Tesla wichtig, um die Krise im Autogeschäft auszugleichen.
Nebst Privathaushalten setzen immer mehr Energieversorger auf solche Batteriespeicher, um die Effizienz ihrer Solarkraftwerke zu erhöhen. Allerdings stellt Tesla viele in Amerika verkaufte Speicher in seiner kürzlich eröffneten «Megafactory» in Schanghai her. Die Einfuhr aus China nach Amerika unterliegt jetzt den sehr hohen Zöllen, die Donald Trump dem Reich der Mitte auferlegt hat.
Die Konkurrenz holt auf
Die Hoffnung der Tesla-Aktionäre ruht für die nähere Zukunft darauf, dass sich der von Trump angezettelte Handelsstreit abkühlt, sich die politische Situation beruhigt und der Käuferstreik gegen Tesla an Kraft verliert, wenn Musk seltener in den Schlagzeilen auftaucht. Das erneuerte Model Y könnte Tesla in wichtigen Marktsegmenten wieder konkurrenzfähiger machen.
Andere Zukunftsprojekte kommen nicht so schnell voran. Mehrfach hatte Musk in Vergangenheit versprochen, dass bis Mitte 2025 ein günstigeres Tesla-Modell ausgerollt würde. Nun liegt der Fokus stattdessen auf einer abgespeckten Version seines bisherigen Verkaufsschlagers. Damit will Tesla im harten Preiskampf bestehen, den vor allem die chinesischen Elektroauto-Hersteller lanciert haben. Der Launch dieses günstigeren Teslas wird sich jedoch abermals verzögern.
Andere Zukunftsprojekte brauchen noch länger, bis sie Wirkung erzielen: Tesla will weiterhin ab Juni in Austin manche Fahrzeuge vollautonom herumfahren lassen, also ohne dass der Fahrer eingreifen muss. Musk prognostizierte nun, dass die neue Technologie sich ab der zweiten Hälfte 2026 materiell auf die Zahlen von Tesla auswirken werde. Noch länger wird es dauern, bis die humanoiden Roboter namens Optimus in grösseren Stückzahlen produziert werden.
Der texanische Autobauer braucht derweil dringend neue Trümpfe. Seine frühere Alleinstellungsmerkmale – die Batterietechnologie, die Software – hatten ihm die weltweit Marktführerschaft im Geschäft mit Elektroautos eingetragen, doch die Festung bröckelt: Teslas Verkaufszahlen gehen zurück, obwohl der Markt für Elektrofahrzeuge insgesamt stark wächst, insbesondere in Europa und China.
Die lokale Konkurrenz aus diesen Märkten hat technologisch stark aufgeholt. Der chinesische Konkurrent BYD ist zum grössten Elektroauto-Produzenten der Welt herangewachsen – obwohl er erst jetzt damit beginnt, Europa zu erobern.
Die Anleger glauben an Musk
Die jüngste Krise ist an den Investoren von Tesla nicht spurlos vorbeigegangen. Die Tesla-Aktie hat seit Dezember die Hälfte ihres Werts verloren. Doch noch immer ist der Konzern mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 750 Milliarden Dollar der mit Abstand wertvollste Autobauer der Welt.
Bei den Anlegern scheint nun gut anzukommen, dass Musk sich wieder mehr um Tesla kümmern will; sie sahen über die negative Überraschung beim Umsatz hinweg. Die Tesla-Aktie legte im nachbörslichen Handel deutlich zu, wobei die Investoren auch versöhnliche Kommentare von Donald Trump gegenüber China und der Zentralbank Fed eine Rolle spielten.
Vielleicht, so die Hoffnung, renken sich die Dinge ja wieder ein – und Tesla kann wieder an die früheren Erfolge anknüpfen.