Obwohl ihr Chef Herbert Kickl das Kanzleramt vor zwei Monaten verspielt hat, setzen Österreichs Rechtspopulisten ihren Siegeszug fort. Unumstrittener Bürgermeister bleibt der Sozialdemokrat Michael Ludwig.
Die Sozialdemokraten können in Wien ihre Vormachtstellung behaupten und gewinnen die Gemeinderatswahl vom Sonntag mit grossem Vorsprung. Mit einem Stimmenanteil von 39,5 Prozent laut Hochrechnung kommen sie allerdings ihrem historisch schlechtesten Resultat von 1996 nahe und verpassen die Marke von 40 Prozent, die man sich zum Ziel gesetzt hatte. Dennoch wird der Wiener SPÖ-Chef Michael Ludwig Bürgermeister bleiben. Voraussichtlich kann er auch die derzeitige Koalition mit der liberalen Partei Neos fortsetzen, die auf knapp 10 Prozent kommt.
Diese Konstellation gilt als am wahrscheinlichsten, Ludwig käme aber auch mit der konservativen ÖVP und mit den Grünen auf eine Mehrheit im Gemeinderat. Stets ausgeschlossen hatte der Bürgermeister dagegen ein Zusammengehen mit der FPÖ, der eigentlichen Siegerin des Urnengangs. Die Rechtspopulisten können ihren Wähleranteil gegenüber 2020 fast verdreifachen und erreichen 20,3 Prozent. In einer ersten Reaktion kritisierte ihr Spitzenkandidat Dominik Nepp die «undemokratische Ausgrenzung» durch die SPÖ.
Die FPÖ setzt damit ihren Siegeszug der letzten Monate fort. Sie hatte im September erstmals in ihrer Geschichte die nationale Parlamentswahl gewonnen und ihr Parteichef Herbert Kickl stand zu Jahresbeginn an der Schwelle zum Kanzleramt, eine Koalition mit der ÖVP scheiterte aber im Februar. Wegen dieser Turbulenzen war die Wahl in Wien ein wichtiger Stimmungstest. Das Ergebnis deutet darauf hin, dass die FPÖ-Anhänger ihrer Partei das Verpassen der Regierungsbeteiligung auf Bundesebene nicht nachtragen.
Ein Glanzresultat ist es dennoch nicht. Noch 2015 hatte die FPÖ unter ihrem damaligen Chef Heinz-Christian Strache ein «Duell um Wien» ausgerufen und war bei der Wahl auf über 30 Prozent gekommen. Die Verluste, die man vor fünf Jahren im Nachgang des Ibiza-Skandals hatte hinnehmen müssen, konnte die FPÖ am Sonntag nicht wettmachen. Nepp fehlt der freiheitliche Stallgeruch und auch die Bekanntheit Straches. Dieser trat wie 2020 erneut mit einer eigenen Partei an, kam aber nur auf gut 1 Prozent der Stimmen.
Wie auf Bundesebene stürzte die ÖVP ab. Die Konservativen tun sich in der Hauptstadt traditionell schwer, profitierten vor fünf Jahren aber von der Mobilisierungskraft ihres damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz. Die Grünen können sich dagegen halten und bleiben damit fast auf ihrem Rekordergebnis von 2020.