Die Ukrainer profitieren unmittelbar vom Deal mit den USA. Donald Trump hingegen wird lange warten müssen, bis er mit den Mineralien Geld macht – wenn es überhaupt jemals dazu kommt.
Gross war in den vergangenen Wochen die Angst, dass sich Donald Trump und Wladimir Putin über die Köpfe der Europäer hinweg die Ukraine aufteilen. Putin nimmt die Gebiete im Osten und Trump die verbliebenen Rohstoffschätze im Westen.
Aber dieses Rohstoffabkommen, das US-Finanzminister Scott Bessent und die ukrainische Wirtschaftsministerin Julia Swiridenko am Mittwoch unterzeichnet haben, ist kein Kolonialvertrag. Es ist ein Erfolg für die Ukraine.
Sie zieht einen unmittelbaren Nutzen aus dem Abkommen. Die USA hingegen hoffen auf künftige Einnahmen, die sie womöglich gar nie bekommen werden.
Das klare Signal
Vollständig ausgereift ist die Übereinkunft zwischen der Ukraine und den USA zwar noch nicht. Das Abkommen ist nur elf Seiten lang, die konkrete Ausgestaltung werden die Verhandler beider Staaten in den nächsten Wochen fernab der Öffentlichkeit ausarbeiten.
Die Grundsätze lassen sich aber jetzt schon beurteilen. Zwar geben die Amerikaner der Ukraine im Abkommen keine Sicherheitsgarantien oder Zusagen weiterer Waffenlieferungen, die sich Wolodimir Selenski erhofft hatte. Doch die USA signalisieren mit dem Deal, dass sie das Land nicht hängenlassen wollen: Im Text ist von einer «freien, souveränen und sicheren Ukraine» die Rede – eine vage, im diplomatischen Kontext aber bedeutsame Formulierung.
Die Ukraine profitiert unmittelbar von diesem Signal. Das Rohstoffabkommen schafft den Eindruck, dass nun auch Trump in der Ukraine etwas zu verlieren hat. In den Friedensverhandlungen kann das dem Land helfen.
Zusätzlich ist es der Ukraine gelungen, eine ursprüngliche Forderung Trumps abzuwenden, die einer wirklichen Unterwerfung gleichgekommen wäre: Sie muss die bereits geleistete Militärhilfe der USA nicht zurückzahlen.
So einfach gibt es keinen Wohlstand mit Rohstoffen
Ein entscheidendes Verhandlungsergebnis ist zudem, dass sich das Abkommen nur auf die künftige Förderung von Rohstoffen bezieht. Die USA bekommen zum jetzigen Zeitpunkt also eigentlich nichts. Ausser das Versprechen, dass sie bei der Lizenzvergabe von neuen Projekten einen privilegierten Zugang erhalten – falls es überhaupt welche geben wird.
Die Ukraine hat grosse Vorkommen von unerschlossenen Mineralien. Gemäss Schätzungen sind sie mehrere Billionen Dollar wert. Das heisst aber noch lange nicht, dass sie auch wirtschaftlich interessant sind.
Für viele Rohstoffe, etwa das Metall Lithium, sind die Preise derzeit tief. Soll ein neues Abbauprojekt in diesem Umfeld bestehen, braucht es entweder einen äusserst ergiebigen Standort, der für tiefe Produktionskosten sorgt. Oder staatliche Subventionen, wie sie China in grossem Ausmass spricht. Beide Bedingungen sind für die Ukraine nicht garantiert.
Der ukrainische Ökonom Wolodimir Landa sagte jüngst in der NZZ, dass beispielsweise die Konzentration von Scandium in ukrainischen Erzen weniger als halb so hoch sei wie in China. Eine Förderung in der Ukraine sei unter diesen Umständen schlicht nicht praktikabel. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Vorkommen nahe dem Frontverlauf liegen. Kaum ein Unternehmen wird sich ohne einen sicheren Frieden auf dieses Gebiet getrauen.
Und bis anhin hat die US-Regierung nie erklärt, dass sie amerikanische Unternehmen beim Einstieg in der Ukraine finanziell unterstützen würde. Im Gegenteil: Sie scheint zu glauben, dass Wohlstand dort mit einer Schaufel herausgehoben werden kann.
Es ist höchst ungewiss, ob überhaupt westliche Unternehmen die Rohstoffreserven der Ukraine erschliessen wollen. Selbst wenn es sie gibt, erfordern neue Bergbauprojekte viel Geduld. Es würde Jahre oder gar Jahrzehnte dauern, bis ein solches Projekt auch Erträge bringen würde.
Die grosszügige Schätzung des US-Präsidenten
Donald Trump scheint trotzdem mit dem Deal zufrieden zu sein. Er sagte: «Wir haben heute einen Deal geschlossen, und wir bekommen theoretisch viel mehr als die 350 Milliarden Dollar, die ich gesichert sehen wollte.»
Mehr als 350 Milliarden Dollar? Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass sich der US-Präsident arg verschätzt. Bis anhin betragen die Einnahmen der Ukraine aus Lizenzen und Gebühren zum Rohstoffabbau nämlich: eine Milliarde Dollar jährlich.
Trumps Hoffnungen auf den grossen Rohstoffreichtum sind illusorisch. Aber für die Ukraine sind sie wahrscheinlich überlebenswichtig.