Die Outfits des Eurovision Song Contests spiegeln die schwierige Situation Europas wider: Die meisten Teilnehmenden entschieden sich für eskapistische Kleider wie aus einer Märchenwelt, futuristische Elemente – oder kampfbereite Rüstungen, wie ESC-Sieger JJ.
Europa hat schon einfachere Zeiten gesehen. Das schlägt sich auch in den Outfits für den Eurovision Song Contest wider. Augenscheinlich gibt es modisch für diese Veranstaltung gerade fast nur zwei Möglichkeiten: entweder man rüstet auf, oder man träumt sich weg – in eine Märchenwelt wie die lettische Frauentruppe Tautumeitas, oder in die Zukunft mit futuristischen Gewändern oder Rüstungen, welche an Serien und Filme wie «Raumschiff Enterprise» oder «Dune» erinnern.
Auch ESC-Sieger JJ, eigentlich Johannes Pietsch, 24-jähriger Kontertenor aus Österreich, trug ein an eine Rüstung erinnerndes schwarzes, mit Metallösen besetztes Ensemble vom finnischen Kostümdesigner Teemu Muurimäki.
Natürlich gab es auch Ausreisser: Tommy Cash mit überlanger Krawatte, die ukrainische Band Ziferblat in ihren von den 1980er Jahren inspirierten Outfits, Claude Kiambe für die Niederlande im zeitgemässen Anzug, die Nana-Mouskouri-Hommage von Klavdia für Griechenland, und die schlicht gekleidete Band Napa aus Portugal.
Die Mehrzahl der 26 Finalistinnen und Finalisten aber wappnete sich – oder entfloh:
Komplett gerüstet: Kyle Alessandro für Norwegen
Bereit für den Kampf? Kyle Alessandro trat in Haltung und Kleidung ganz klar jener Truppe bei, die sich rüstet für schwere Zeiten. Kettenhemd, Harnisch, Armschoner: alles da.
Bridgerton trifft Spicegirls: Remember Monday für Grossbritannien
Als eine Art Spicegirls mit einer Prise Bridgerton trat die dreiköpfige Gruppe «Remember Monday» auf. Wie viele Performerinnen entschieden sie sich für Corsagen, dazu kurze weite Röckchen. Die Bonbonfarben unterstrichen den eskapistischen Charakter ihrer Outfits.
Science-Fiction-Barbie: Laura Thorn für Luxemburg
Auch im Team Corsage, aber dank der silbernen Overknees durchaus zukunftsorientiert: Laura Thorn trat als lebendige Puppe auf, die ihr Leben aber selbst in die Hand nimmt.
Weltraum-Regenschutz: Væb für Island
Die Gruppe Væb hat sich ganz klar für die Eskapismus-Variante entschieden – allerdings nicht in Richtung Märchenwelt, sondern Zukunft. Ihre silbernen Anzüge erinnern an Weltraum-Uniformen, aber auch an Regenmäntelchen – gewappnet für alle Eventualitäten.
Operngesang in Panzeroptik: JJ für Österreich
Der sonst sehr sensibel auftretende Kontertenor JJ entschied sich ebenfalls dafür, sich zu panzern: Der glänzende Stoff erinnert an Leder oder Metall, die Ösen unterstreichen den Rüstungs-Charakter. Diese Kombination überzeugte sowohl Jury als auch Publikum: Österreich gewann den Eurovision Song Contest 2025 mit 436 Punkten.
Fabelwesen: Tautumeitas für Lettland
Da kommen Assoziationen zu Björk auf: Die ätherischen, traumverlorenen Kostüme der Frauen-Folk-Truppe Tautumeitas, die in ihre Lieder gerne Elemente der baltischen Volksmusiktraditionen einweben, entführten in andere Welten.
Rocker in barocker Uniform: Lucio Corsi für Italien
Mit weiss geschminktem Gesicht, roten Lippen, schwarzen langen Haaren und einem Jäckchen mit überdimensionalen Schultern und üppigen Strassverzierungen wirkt Lucio Corsi wie eine Cyberpunk-Figur in barocker Uniform auf dem Weg zum KISS-Konzert.
Feenhaft: Zoë Më für die Schweiz
Die Schweizer Kandidatin trat von Anfang an entrückt auf. Für ihren Auftritt wählte sie ein eher klassisches Abendkleid, allerdings feenhaft aufgewertet durch Glitzersteine und flatternde Ärmel – sowie Haare. Ihr No-Make-up-Look unterstrich das zarte Erscheinungsbild.
Bereit für Ufos: Gabry Ponte für San Marino
Auch wenn die Performance des italienischen DJ Gabry Ponte, der für San Marino antrat, sich sehr am antiken Griechenland orientierte, war sein Outfit doch ganz klar am Morgen orientiert: schlicht und glänzend erinnerte es wie sonst auch so einige an die Uniformen fiktiver Raumfahrtsbesatzung.
Gladiator lässt grüssen: Parg für Armenien
Schon der Titel sagt einiges aus: «Survivor» heisst das Lied von Pargev Vardanyan aka Parg, der mit dreckig geschminktem, durchtrainiertem Oberkörper zu metallbestückten Hosen auf einem Laufband performt und so an einen Kämpfer aus der «Brot und Spiele»-Zeiten erinnert.