Giovanni Segantini war der Maler der Mütterlichkeit. Seine Enkelin, selbst Mutter von sechs Töchtern, hat über ihren Grossvater geforscht. Sein Frauenbild war konservativ und modern zugleich.
Zwei der bedeutendsten Gemälde von Giovanni Segantini hängen in der Sammlung des Kunsthauses Zürich: «Die bösen Mütter» und «Die Strafe der Wollüstigen». Es sind rätselhafte Bilder, wie allein schon die Titel anklingen lassen. Beide zeigen eine lichtlose, zeitlose Traumlandschaft in monochromen Blautönen jenseits der Realität. Die Frauenfiguren sind genauso surreal wie die Berglandschaft, in der sie schweben.
«Diese beiden Gemälde sind für mich die einzigen wirklich surrealistischen Bilder, die mein Grossvater gemalt hat», sagt Gioconda Leykauf-Segantini. Hätte Giovanni Segantini (1858–1899) ein Surrealist avant la lettre werden können, wenn er nicht so früh gestorben wäre?
Es sind zwei Schlüsselwerke in Segantinis Schaffen. Und Gioconda Segantini hat ihnen in ihrer Biografie über den berühmten Grossvater eine ausführliche Betrachtung gewidmet.
Er vergötterte die Frauen
In Giovanni Segantinis Werk nehmen die Frauen einen besonderen Stellenwert ein. Er vergötterte die Frauen: «Das Weib / la Donna ist unsere Göttin, die Kunst unsere Gottheit», notierte er einmal.
Er lieferte auch den Grund für diese Verehrung des Weiblichen: «Ich liebte und achtete stets die Frauen, wo immer ich sie traf, weil sie den Leib der Mutter haben.» Bei dieser Ehrerbietung gegenüber der Gebärfähigkeit liess es Segantini aber nicht bewenden. Er meinte mehr damit und sah ein göttliches Prinzip im Weiblichen: «Liebet, achtet und verehret die Frau, weil sie uns das Leben gibt und uns die Liebe schenkt», schrieb er an anderer Stelle.
Segantini hat in seiner Kunst die Mütterlichkeit immer wieder zum Thema gemacht. Seine Enkelin, selbst Mutter von sechs Töchtern und mit ihren 84 Jahren auch längst Grossmutter, hat dazu wohlüberlegte Vorstellungen. Seit vielen Jahrzehnten forscht sie über ihren berühmten Grossvater und versucht, etwas Licht in die rätselhafte Vorstellungswelt des Symbolisten aus jener Zeit vor über hundertdreissig Jahren zu bringen. Persönlich konnte sie ihn nicht kennenlernen, weil er schon mit 41 gestorben war.
Von Gottardo Segantini, ihrem Vater, hat sie sämtliche Schriften, rund fünftausend Dokumente, zu Giovanni Segantini geerbt. Ihr Vater, der älteste Sohn des grossen Malers und ebenfalls Künstler, war auch der Biograf von Giovanni Segantini. Sie bezeichnet dieses Konvolut, bestehend aus Handschriften des Grossvaters, der Grossmutter und ihres Vaters, das sie kürzlich dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK) als Schenkung übergeben hat, als ihr siebtes Kind.
Gioconda Segantini ist 1941 in Maloja, dem letzten Wohn- und Schaffensort von Giovanni Segantini, im Segantini-Haus, geboren worden und aufgewachsen. Hier hatte ihr Grossvater eine Heimat gefunden. Hier hatte er durch das magische Licht der Landschaft seine Maltechnik des Divisionismus zur Vollendung gebracht. Und hier, auf 1800 Metern über Meer und dem Himmel näher als sonst irgendwo, hatte Segantini schliesslich seiner idyllischen Malerei des einfachen Bauernlebens eine symbolistische Dimension hinzugefügt.
Hier in Maloja, an der einstigen Wirkstätte ihres Grossvaters, verbringt Gioconda Segantini die Sommermonate. Ihr Refugium und ihre Studierstube ist das ehemalige Haus ihrer Tante Bianca Segantini, der einzigen Tochter von Giovanni Segantini.
Ungewollte Kinder
Was aber hat es mit den «bösen Müttern» auf sich? «‹Böse Mütter› gab es schon immer», sagt Gioconda Segantini in der mit Büchern und Bildern reich bestückten behaglichen Stube des alten Hauses in Maloja. «Mütter sind ja nicht nur Frauen, die schwanger wurden, sondern auch Frauen, die schwanger gemacht wurden», gibt sie zu bedenken. Und fragt im Gespräch: «Was ist eine böse Mutter in jener Zeit?» Frauen, so erläutert Gioconda Segantini, die damals nicht Mutter hätten sein wollen, seien von der Gesellschaft verurteilt worden. «Und das waren ja nicht nur jene, die ihr unerwünschtes Kind nicht wollten, sondern auch solche, die, aus welchen Gründen auch immer, ledig bleiben wollten.»
Segantini hat einen Aspekt dieser Problematik in einem Bild mit dem Titel «Üble Nachrede» von 1884 dargestellt. Später hat er das Werk übermalt. Wo nun ein Priester eine breite Kirchentreppe zur Frühmesse emporschreitet, war zuerst eine hochschwangere Bäuerin zu sehen, die, von einem Hund begleitet, die Treppe hinabsteigt. Oben auf dem Treppenabsatz waren drei Mönche dargestellt, die über den sündigen Zustand des aus der Beichte kommenden Mädchens tratschen, lästern und lachen.
«Die Kirche hatte damals nicht unterschieden zwischen Liebes-Schwangerschaften und anderen», so formuliert es Gioconda Segantini mit Bedacht. Die Kirche habe ungewollt schwanger gewordene Frauen eiskalt allein gelassen. In einer solchen Eiseskälte einer Oberengadiner Schneelandschaft verortete Segantini seine «bösen Mütter». Eine erste, monumentale Fassung von 1894 befindet sich im Belvedere in Wien. Es sei eine der schönsten Winterlandschaften, die je gemalt worden seien, findet Gioconda Segantini.
Opferfrauen
Segantini habe «Opferfrauen» dargestellt, meint sie: Es sind Opfer der Gesellschaft – Frauengestalten mit barem Busen und mit langen, offenen Haaren, die sich in den Baumkronen verfangen haben. Er malte sie in eisiger Kälte, während das Weiss des Schnees in all seinen Schattierungen für den Künstler zur Klaviatur des Lichts wurde, auf der er virtuos zu spielen verstand. Die klirrende Kälte bricht sich in dem Bild von Silber- und Goldtönen in der Wärme der aufgehenden Sonne, wodurch Hoffnung und Zuversicht angedeutet würden, interpretiert die Enkelin das Meisterwerk.
Die eine Frau, die im toten Geäst eines Baumes schwebt, hat an der entblössten Brust das Köpfchen eines Säuglings. Aus dem Schnee am Horizont durchbricht ein anderer kleiner Kopf eines Kindes die eisige Schneedecke. Das Kindchen ist durch eine Art Nabelschnur mit einer weiteren, in einem Baum hängenden Frauengestalt verbunden.
Segantinis Bildidee geht auf ein Gedicht zurück, das er von einem Freund erhalten und das bei ihm einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. «Nirwana» von Luigi Illica kreist um das Thema der verweigerten Mutterschaft und die Bestrafung der Mütter, welchen schliesslich nach langem Leid im Jenseits Erlösung zuteilwird.
Das Werk, von dem die Version im Kunsthaus Zürich eine viel kleinere Variante darstellt, wurde noch im Entstehungsjahr 1894 in der grossen Segantini-Ausstellung im Castello Sforzesco in Mailand gezeigt. Dort wurde es vom Publikum allerdings nicht verstanden. Kritiker schrieben von «allegorischen und symbolischen Absurditäten».
In Wien hingegen passte es perfekt in den Zeitgeist der Secession, die sich von der akademischen Kunst abwandte. Dort wurde es gleich vom Kunsthistorischen Museum angekauft. Durch Gustav Klimts Skandalbilder des erotisierten Weiblichen, aber auch durch Sigmund Freuds Traumanalyse oder Gustav Mahlers progressive Tonalität war man in Wien auf Bilder wie dieses vorbereitet.
Psychologische Deutungen
Verschiedentlich wurde behauptet, dass Segantini an Schuldgefühlen litt, weil er sich für den frühen Tod seiner Mutter verantwortlich machte. «Ich verursachte durch meine Geburt meiner Mutter eine Schwäche, durch die sie fünf Jahre später dahingerafft wurde.» Giovanni Segantini habe das in der Erinnerung zu wenig objektiv eingeschätzt. Er sei nicht schuld gewesen am schlechten Gesundheitszustand seiner Mutter, meint Gioconda Segantini. Diese habe von Natur aus über eine nicht allzu robuste Konstitution verfügt. Bereits die Geburt des ersten Sohnes, der später bei einem Brand ums Leben gekommen war, habe ihr gesundheitliche Probleme bereitet.
Anhand solcher und anderer Notate von Segantini unternahm Karl Abraham 1911 allerdings einen psychoanalytischen Versuch, um den Künstler und sein Werk zu interpretieren. Seine Aussagen über Segantinis Kindheit und dessen Kunst wurden in der Forschung lange kontrovers diskutiert.
«Hätte mein Grossvater sich je auf die Couch gelegt zu einer Psychoanalyse? Wohl kaum», meint Gioconda Segantini dazu. Abraham habe Segantini nicht gekannt, nie mit ihm gesprochen, seine Berge, deren Schönheit und Einsamkeit nie gesehen. Entsprechend subjektiv und vorgefasst sei sein Zugang gewesen.
Abraham machte auch den Vater schlecht. Dieser war fahrender Händler, brachte kaum die Familie durch und stand plötzlich mit einem Halbwaisen da. Dass er sich aus dem Staub gemacht hat und nach Amerika gereist ist, ist heute widerlegt. Er starb verarmt, nachdem er sich in Mailand als Strassenmusiker versucht hatte, ohne seinen Sohn je wieder gesehen zu haben. Den kleinen Giovanni hatte er in die Obhut seiner Tochter Irene aus einer früheren Ehe gegeben. Die war über den unverhofften familiären Zuwachs allerdings nicht gerade glücklich; sie empfand ihn als Belastung.
So war Giovanni viel allein, riss immer wieder aus, kam in eine Besserungsanstalt, schlug sich mit kleinen Diensten durch, zeichnete auf der Strasse Porträts für fünf Lire, später Leichen im Mailänder Ospedale Maggiore im Auftrag des Spitals. Er war Analphabet und staatenlos, da die Halbschwester aus Unmut veranlasst hatte, dem Ausreisser Giovanni die österreichische Staatsangehörigkeit zu entziehen. Einen italienischen Nationalstaat gab es damals noch nicht. Es war die Zeit der italienischen Unabhängigkeitskriege gegen das Kaisertum Österreich. Giovanni Segantini verlebte eine Kindheit, die manchmal geradezu an das abenteuerliche Schicksal von Oliver Twist erinnert.
Liebe auf den ersten Blick
Als junger Mann hatte sich Segantini in Mailand schliesslich mit Auftragsarbeiten, zumeist Stillleben, etabliert. Er malte auch kleinere Paneele für Möbel, so zum Beispiel für den zwei Jahre älteren Designer von extravaganten Möbelstücken Carlo Bugatti. Als er auf dessen Schwester Luigia Pierina, genannt Bice, traf – ein wohlbehütetes Mädchen von 17 Jahren mit blonden Zöpfen und blauen Augen –, war es Liebe auf den ersten Blick. Und diese Liebe war gegenseitig. Bice hatte den Freund ihres Bruders, von dem man in der Stadt als jungem Talent sprach, schon ein paarmal zu Hause gesehen. Sie wurde seine Lebensgefährtin und Mutter von vier Kindern – heiraten konnten sie nie, weil Segantini über keine Papiere verfügte.
Dass diese Verbindung überhaupt zustande kam, verdankt sich dem einfühlsamen Tiefblick der Mutter Bugatti. Giovanni war ein Sans-Papiers und ohne Geld. Bice aber stammte aus einer angesehenen Künstlerfamilie, bei der die Mailänder Kulturelite ein und aus ging. Der Vater Carlo Giovanni Bugatti war Architekt und Bildhauer. Sein Sohn Carlo, Bices Bruder, hatte später zwei Söhne, Rembrandt und Ettore. Der eine sollte als Bildhauer von Tierskulpturen, der andere als genialer Automobilkonstrukteur Berühmtheit erlangen.
Bice und Segantini, diese beiden Jugendlichen, «wollten ohne Trauschein zusammenziehen. Das war für die damalige Zeit schier undenkbar», sagt Gioconda Segantini. Bices Vater war gerade gestorben, und so oblag es der Mutter Bugatti, zu dieser Liebe ihren Segen zu geben. «Sie hat es mutig und mit vollem Herzen getan, wofür ich ihr sehr dankbar bin, denn ich hatte wirklich wunderbare Grosseltern», sagt die Enkelin.
Kokotten statt gute Mütter
Mit dem industriellen Umschwung und der zunehmenden Emanzipation trat ein neuer Frauentypus in Erscheinung. Und damit hatte Segantini weit mehr Mühe als mit den unfreiwilligen, «bösen» Müttern. «Frauen, die nur das Vergnügen wollten, aber keine Kinder, das war für Segantini nicht machbar», sagt Gioconda Segantini. Und ihr Grossvater notierte dazu: «Unsere gegenwärtige bürgerliche Gesellschaft erzeugt leider nur Frauen mit kranken Nerven, die mehr Kokotten als gute Mütter und treue Gefährtinnen des Mannes sind.»
Diese Sicht fand ihren Niederschlag in dem Gemälde mit dem Titel «Strafe der Wollüstigen». Eine erste Fassung von 1891 hängt heute in Liverpool, wo sie 1893 ausgestellt und – wohl unter dem Eindruck der damals in England populären symbolistischen Präraffaeliten – mit Begeisterung aufgenommen wurde. Darauf schweben zwei Frauengestalten horizontal in einer Oberengadiner Winterlandschaft.
Obwohl Segantini fernab von der Welt in den Schweizer Bergen lebte, brachte er sich in diesem Werk mit seinen ureigensten Mitteln in den Diskurs um die neue Frau des Fin de Siècle ein. Die Debatte rankte sich um die Femmes fatales und Salomes in Kunst und Gesellschaft zu einem Zeitpunkt, als Suffragetten für das Wahlrecht der Frau zu kämpfen begannen.
Das Thema liess Segantini nicht los. Nach einigen Jahren, 1896, nahm er das Sujet der «Wollüstigen» wieder auf. Es entstand jenes surrealistisch anmutende Bild in Blautönen, das als Pendant zu der späteren, ebenfalls blau gestimmten Fassung der «bösen Mütter» heute im Kunsthaus Zürich hängt.
Gioconda Segantini zeigt einen Faksimiledruck der «Wollüstigen». Er hängt in der Chiesa bianca, der weissen Kirche, gleich neben ihrem Wohnhaus in Maloja. Hier wurde ihr Grossvater nach seinem frühen Tod aufgebahrt. Und hier organisiert nun seine Enkelin immer wieder kleine Ausstellungen.
Segantini malte das Thema völlig neu. Die Bäume in diesem Bild sind nun rabenschwarz. Und die Bergkulisse erinnert nicht mehr an das Oberengadin, sondern an fernöstliche Landschaften. Es klingen hier die Traumvisionen eines Max Ernst an.
«Diese Figur hier ist noch als Frau zu erkennen», sagt Gioconda Segantini über eine der drei unheimlich im kalten Mondlicht schwebenden Frauengestalten. «Das hier aber, diese Gestalt im Hintergrund, ist schon keine Frau mehr, sondern ein Wesen anderer Natur», meint sie. Giovanni Segantini sei hier weit über alles hinausgegangen, was er bisher geschaffen habe.
Moderne Beziehung
Segantinis Frauenbild mutet heute konservativ an. Es war geprägt von der Liebe zu seiner Mutter und insbesondere zu seiner Gefährtin. Liebe bestand für ihn in «Achtung und Güte», wie er selbst schrieb: eine Form von Liebe, die dauerhafter sei «als jene, die nur aus dem körperlichen Verlangen nach Schönheit heraus geboren wird.»
Diese Haltung ihres Grossvaters erachtet Gioconda Segantini als geradezu modern, wie sie in ihrer Biografie schreibt. Er habe einmal notiert: «Ich liebe die Frau als treue und geistige Gefährtin des Mannes. Dieser bedarf einer zweiten Seele, die seine eigene versteht, die seine Ideale bestimmt, die ihn auf dem Wege der Ehre und der Pflicht vorwärtsbringt.»
Bice habe seinen Bildern das Geistige geschenkt, hat Segantini selbst geschrieben. «Die Bilder hat zur Hälfte Bice gemalt, ihm ist die Aufgabe des Aufzeichnens Strich für Strich geblieben», so erinnert sich Gioconda Segantini an eine Textpassage ihres Grossvaters. Auch das Schreiben habe ihm Bice beigebracht. Und ihm, wenn er malte, philosophische Texte vorgelesen.
Das Spiegelbild
Was für ein Bild aber hatte wohl Giovanni Segantini von sich selbst? Als sein grösstes Werk erachtete er sein Gemälde «Die Eitelkeit» von 1897. «Wer bin ich?», sei damals seine grosse Frage gewesen, erzählt Gioconda Segantini. Er sei auf der Suche nach einer Quelle, die ihm als Spiegel diene, schrieb er zu jener Zeit seiner Frau. In der «Eitelkeit» hat er diesen Spiegel symbolistisch dargestellt.
Er malte das Werk als eine Auftragsarbeit für eine Ausstellung der Art Society in Pittsburgh – Segantini war zu Lebzeiten international gefragt. «Das Bild, das ich Ihnen geschickt habe, stellt die Eitelkeit und die Hinterlist dar, die ich in einer jungfräulichen, schamhaften Frauengestalt dargestellt habe, die sich nackt in einer Quelle spiegelt», schrieb der Künstler an die Kunstgesellschaft in Amerika. Im Quellwasser im Schatten eines Felsens versteckte er ein «glibbriges Ungeheuer mit Quallen-Augen», wie er selbst schrieb.
Auch dieses Werk hängt heute in Zürich in der Sammlung des Kunsthauses. Und es gibt nicht weniger Rätsel auf als dort im selben Raum die beiden blautonigen Gemälde mit den schwebenden Frauengestalten.
Dargestellt ist ein Mädchen, das in das klare Quellwasser schaut und ein Ungeheuer sieht, ohne dabei zu erschrecken. Der Lindwurm sei eben «kein Teufel, nichts Böses», sondern einfach etwas Ungeheuerliches, Unvertrautes, Unbekanntes. «Ein Fragezeichen», wie Gioconda Segantini es formuliert. «Da treffen zwei völlig unterschiedliche Dinge aufeinander.»
In diesem Bild blickte Segantini aber gleichsam selbst in den Spiegel. Was er wohl im Spiegelbild seines eigenen Ichs erblickte? In diesem, seinem wichtigsten Bild soll er eine Antwort auf die Frage, wer er selbst sei, zu geben versucht haben. Was er in «Die Eitelkeit» in Gestalt der Schönheit und des Schattens symbolisch zur Darstellung bringen wollte, war gemäss seinen eigenen Worten «der Tag und die Nacht in der Zeit, die Freude und der Schmerz im Leben».
«Segantini. Kunst und Liebe besiegen die Zeit. Eine Biografie», Gioconda Segantini, Innquell-Verlag, 2021, Maloja, erhältlich in der Druckkultur Späthling Ruppertsgrün 6, Weissenstadt, Deutschland.