Junge Leute schlafen im Schnitt 9 Stunden und 28 Minuten. Um 21 Uhr ist Lichterlöschen. Der Schlaf ist zum Fetisch eines gesunden Lebensstils geworden.
Eine hedonistische Jugend sieht anders aus. In früheren Generationen bedeutete Jungsein, die Nächte durchzufeiern. Die 18- bis 30-Jährigen brechen mit der Tradition. Die Generation, von der es pauschal heisst, sie sei leistungsschwach, faul und auf das gute Leben aus, geht immer früher ins Bett.
Unter ihnen sind Berufstätige, Studentinnen, Tagträumer. Sie halten es unter der Woche mit der frühen Bettzeit, aber auch am Wochenende. Das «Saturday Night Fever», wie die Bee Gees sich 1977 auf eine lange Partynacht einschworen, ist ein fernes Echo.
Das heisst aber nicht, dass Leute in den Zwanzigern ganz aufs Ausgehen und Feiern verzichten. Sondern sie verlegen es einfach auf den Nachmittag. Für ein Nachtessen auswärts wird auch einmal auf 17 Uhr im Restaurant reserviert. Online-Reservierungsportale bestätigen die Verhaltensänderung. Das schreibt das «Wall Street Journal». Nach 18 Uhr nehmen die Reservierungen ab.
Beliebte Day-Partys
Auch Day-Partys sind in den vergangenen Jahren beliebt geworden: Sie beginnen zum Beispiel um 14 Uhr und enden um 2 Uhr morgens. Nicht nur die Techno-Generation Ü 50 weiss zu schätzen, dass sie noch aufs letzte Tram kann und nicht bis Mitte nächster Woche braucht, um sich zu erholen. Sondern auch ihre Kinder sehen den Vorteil und stehen am Sonntag um 10 Uhr bereits wieder auf der Yogamatte.
Auf Tiktok wird das Schlafen unter dem Hashtag #earlybedtimeroutine zelebriert: Junge Frauen kuscheln sich unter die Decke, der Beruhigungstee dampft auf dem Nachttisch, die Augenbinde liegt parat. Sie bewerben die Schlafroutine damit, dass diese sie gesünder, schöner, leistungsfähiger mache.
Die amerikanische Immobilienplattform Rent-Cafe liefert die Zahlen dazu. Sie hat untersucht, wie verschiedene Altersgruppen ihre Zeit einteilen. Die 20-Jährigen gaben an, durchschnittlich 9 Stunden und 28 Minuten zu schlafen. 2010 lag die Dauer noch unter 9 Stunden.
Zum Vergleich: Erwachsene Schweizerinnen und Schweizer schlafen in der Regel 7 Stunden pro Nacht. Je älter die Leute zudem werden, desto weniger Schlaf brauchen sie.
Tiefer Schlaf, langes Leben
Die Bedeutung, die die frühe Bettzeit erhalten hat, hat mit der obsessiven Beschäftigung mit einem gesunden Lifestyle zu tun. Man ernährt sich vegan, trinkt keinen Alkohol, treibt Sport und geht früh zu Bett. Bei den Ratschlägen für ein längeres Leben fehlt ein guter Schlaf nie.
Auch Ältere achten heute darauf. Doch die Generation Z ist so gesundheitsbewusst wie keine Generation vor ihr. Dazu passt, dass sie als angepasst gilt. Entgegen den abschätzigen Urteilen über sie lebt sie hier die Ideale der Leistungsgesellschaft vor.
Und so wird nun auch der Schlaf zum Fetisch. Mit Schlaf-Trackern wie der Smart-Watch misst man den eigenen Schlaf und lässt die Daten auswerten, um das Dasein im Ruhezustand zu verbessern. Sogar Hightech-Betten überwachen nachts ihre Insassen. Eine Analyse des Bettenherstellers Sleep Number von mehr als zwei Millionen Kunden ergab: Die 18- bis 34-Jährigen gingen im Durchschnitt um 22 Uhr ins Bett.
Dem «Wall Street Journal» erzählten junge Leute, wie sie das Gefühl, etwas zu verpassen, nach und nach ablegten. Indem sie den nächtlichen Verlockungen widerstünden, sparten sie erst noch Geld. Es wird ein Paar zitiert, welches es als Zumutung empfindet, wenn Freunde es um acht zum Nachtessen einladen. Sie lehnen solche Einladungen ab.
Denn um 20 Uhr 30 löschen sie das Licht. Die neue Bettgewohnheit haben sie seit der Pandemie beibehalten. Auch dies ein Grund: Das Home-Office hat häuslicher gemacht.
Es sei denn, man macht den Tag zur Nacht. Eine Bar in New York begann die Silvesterparty zeitig. Was man sonst um Mitternacht tut, fand hier um 20 Uhr statt: Die Feiernden zählten den Countdown ins neue Jahr. «Dann können alle um elf im Bett sein», sagte die Barbetreiberin. So leben sie 2024 immerhin vier Stunden länger.