Der amerikanische Konzern Chevron darf ab April kein Öl mehr in Venezuela fördern. Trump trocknet Maduros Finanzquelle aus. Plant er den Regimewechsel, oder will er Zugeständnisse in der Migrationspolitik?
Die Aussenpolitik von Donald Trump ist unberechenbar. In Lateinamerika bekommt das niemand so deutlich zu spüren wie der Diktator Nicolás Maduro in Venezuela. Kaum sechs Wochen im Amt, scheint Trump seine Politik gegenüber Venezuela bereits um 180 Grad gewendet zu haben.
Er mache die Zugeständnisse rückgängig, die der «Betrüger» Joe Biden dem venezolanischen Präsidenten Maduro für die Ölförderung 2022 gemacht habe, schrieb Trump vergangene Woche auf Truth Social. Der Grund: Das Maduro-Regime habe seine Wahlversprechen nicht eingehalten.
Gemeint ist die Sondergenehmigung für den amerikanischen Konzern Chevron, in Venezuela Öl zu fördern und in die USA zu exportieren. Die Erlaubnis gewährte der damals amtierende Präsident Biden, nachdem Maduro versprochen hatte, Wahlen abzuhalten. Trotz dem nachgewiesenen Wahlbetrug Mitte vergangenen Jahres zog Biden die Konzessionen nicht zurück.
Nun laufen sie am 3. April abrupt aus. Das ist ein schwerer Schlag für Venezuelas Wirtschaft – und für das Regime, das auf die Einnahmen aus dem legalen Ölgeschäft mit den USA angewiesen ist.
Westliche Konzerne fördern in Venezuela die Hälfte des Öls
Rund ein Viertel der Tagesproduktion – etwa 240 000 Barrel pro Tag –exportierte Chevron im Januar zu den Raffinerien in die USA. Laut Schätzungen nimmt das Regime jährlich zwischen 2 und 3 Milliarden Dollar durch die Ölförderung des nordamerikanischen Konzerns ein.
Doch der Einnahmenausfall könnte jetzt noch deutlich grösser werden: Denn auch andere Unternehmen wie Eni aus Italien, Repsol aus Spanien, Maurel & Prom aus Frankreich und die indische Reliance Industries haben amerikanische Sondergenehmigungen für Venezuela.
Es wird geschätzt, dass die Hälfte der Ölexporte Venezuelas von westlichen Konzernen abgewickelt wird. Bis jetzt ist unklar, ob der Lizenzentzug auch für die anderen Konzerne gilt. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass europäische Konzerne weiter fördern dürfen, während das dem nordamerikanischen Unternehmen Chevron untersagt ist.
Etwas mehr als eine Million Fass (je 159 Liter) am Tag produziert Venezuela heute. Das ist wenig für das Land mit den grössten nachgewiesenen Ölreserven der Welt. Zu seinen besten Zeiten förderte Venezuela mehr als drei Millionen Fass am Tag. Doch das ist 25 Jahre her.
Unter der jahrelangen Misswirtschaft und Korruption, die unter Maduros Vorgänger Hugo Chávez begann, wurde nicht mehr in die Förderanlagen investiert. Heute sind sie schrottreif. Auch mit Benzin kann sich das Land nicht mehr selbst versorgen, weil die eigenen Raffinerien kaum noch funktionieren.
Für das Regime bliebe bei einem Abzug der ausländischen Förderer nur eine schlechte Alternative übrig: Es müsste sein Öl wieder illegal an Staaten wie China und Indien verkaufen. Dort sind einige Raffinerien auf das schwere Öl Venezuelas eingestellt. Doch kann Venezuela sein Öl dorthin nur mit einem deutlichen Abschlag verkaufen. Da zudem die Opec gerade die Ölförderung ausweiten will, dürfte es für Caracas schwierig werden, sein Öl auf dem internationalen Schwarzmarkt loszuwerden.
Stürzt Venezuelas Wirtschaft wieder in die Rezession?
Der Ausstieg von Chevron könnte die venezolanische Wirtschaft dieses Jahr um bis zu 7,5 Prozent schrumpfen lassen, schätzt das Finance Observatory, eine von der Opposition geführte Forschungsgruppe. Das würde die seit 2021 einsetzende Erholung der Wirtschaft wieder abrupt stoppen. Für dieses Jahr erwartete der Internationale Währungsfonds, dass Venezuelas Wirtschaft um 3 Prozent wachsen würde. Seit 2013, also seit Maduros Antritt als Nachfolger des verstorbenen Chávez, ist sie um rund 70 Prozent geschrumpft. Acht Millionen Menschen haben das Land verlassen.
Trotzig postete Maduro auf seinen Kanälen Videos der antiimperialistischen Demonstration, die sein Vorgänger Hugo Chávez 2004 in Caracas angeführt hatte, um gegen die Einmischung der nordamerikanischen «Yankees» in Lateinamerika zu protestieren.
Offen bleibt, ob Trump seine Strategie des «maximalen Drucks» wiederbeleben will, die er in seiner ersten Amtszeit (2017–2021) gegenüber dem Regime verfolgte. Damals verschärfte er schrittweise die Sanktionen, die es Unternehmen untersagten, gleichzeitig mit Venezuela und den USA Geschäfte zu machen.
Vor zehn Tagen sah es noch so aus, als würde Trump eine Einigung mit Maduro suchen: Ende Januar, nur zehn Tage nach Trumps Amtsantritt, traf sich Richard Grenell, Trumps Gesandter für Sondermissionen, mit Maduro in Caracas. Dabei wurden sechs inhaftierte Amerikaner freigelassen. Maduro erklärte sich bereit, bei der Rückführung von in den USA lebenden Venezolanern zu kooperieren – unter anderem auch von Mitgliedern des kriminellen Netzwerks Tren de Aragua. Grenell verlor öffentlich kein Wort über die offensichtlich gefälschten Wahlen durch das Regime vor einem halben Jahr.
Maduro hofft auf einen Neuanfang mit der Trump-Regierung
Einen Tag später wurde die Lizenz für Chevron automatisch verlängert. Erfreut postete Maduro in seinen sozialen Netzwerken, dass er zusammen mit Washington einen Schlussstrich unter die Vergangenheit gezogen und einen Neustart der Beziehungen eingeleitet habe.
Doch nun könnte auch die stockende Rückübernahme von Migranten durch Venezuela der Grund für Trumps Unmut sein: Nach drei Rückholaktionen führte Caracas keine weiteren Transporte mehr durch.
Da ein Stopp von Förderanlagen in einem Monat kaum möglich sei, könnte es gut sein, dass Trump den Druck auf Caracas erhöhen wolle, um vom Regime mehr Zugeständnisse in der Migrationspolitik zu bekommen, heisst es beim Atlantic Council, einem Think-Tank, in dem die Ölkonzerne grossen Einfluss haben.