Während der deutsche Sportartikelhersteller sich langsam aber sicher den Weg aus seiner Notlage bahnt, scheint die Krise beim US-Rivalen erst begonnen zu haben. Die Börse zeichnet ein eindeutiges Bild.
Rund vier Wochen ist es her, als Adidas eine empfindliche Niederlage gegenüber Erzrivalen Nike einstecken musste. Der Deutsche Fussball-Bund kündigte überraschend seine seit 1950 währende Partnerschaft mit dem deutschen Sportartikelhersteller. Stattdessen entschied man sich für den US-Konzern als Ausstatter der deutschen Fussballnationalmannschaft ab 2027. Die in Medienberichten kolportierten 100 Mio. €, die Nike jährlich an den DFB zahlen soll, waren Adidas offenbar zu hoch.
Die vergangenen Jahre waren im süddeutschen Herzogenaurach durch zahlreiche Krisen gezeichnet. Die massive Abwertung des argentinischen Pesos – als Ausrüster der argentinischen Nationalmannschaft und Superstar Lionel Messi ist das Land ein wichtiger Absatzmarkt – hat Adidas› Geschäftsentwicklung gehemmt. Zudem litt der Konzern stark unter den Folgen der 2022 beendeten Kooperation mit Skandal-Rapper Kanye West. Immerhin muss der Restbestand der Yeezy Sneakers nun nicht mehr abgeschrieben, sondern kann kostendeckend verkauft werden.
Adidas kriegt die Kurve
Doch ein Blick auf die Aktienkursentwicklung der vergangenen zwölf Monate zeigt: Adidas hat die Trendwende geschafft und dabei sogar Erzrivalen Nike deutlich überflügelt. Während die Aktien des deutschen Traditionskonzern um mehr als ein Drittel zulegten, büssten die Nike-Titel rund ein Viertel an Wert ein.
Adidas-CEO Björn Gulden, der Ende 2022 vom Konkurrenten Puma kam und dabei praktisch nur die Strassenseite wechseln musste, versprach bei seinem Amtsantritt, Adidas wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Nach einem Übergangsjahr 2023, in dem Gulden die Entscheidungsfindungsprozesse im Konzern beschleunigte, scheint Adidas im laufenden Geschäftsjahr auf gutem Weg zu sein. Erst gestern Mittwoch erhöhte der Konzern die Gewinnprognose.
Während der Ertrag 2024 währungsbereinigt um einen mittleren bis hohen einstelligen Prozentsatz wachsen soll (vorher: mittlerer einstelliger Prozentsatz), wird ein Betriebsergebnis von 700 Mio. € erwartet (500 Mio. €).
Nike mit Problemen
Damit läuft Adidas derzeit Konkurrentin Nike davon, die für das laufende Jahr lediglich ein Umsatzplus von mageren 1% in Aussicht stellt. Die US-Amerikaner haben derzeit mit Innovationsproblemen zu kämpfen. Wallstreet-Analysten bemängeln, dass dem weltgrössten Sportartikelhersteller frischer Wind fehle und der Glanz vergangener Tage verloren zu gehen drohe.
Die Situation bei Nike scheint jener von Adidas Ende 2022 zu ähneln, als man sich gezwungen sah, den CEO auszutauschen. An der Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen Mitte März bereitete Nike-Finanzchef Matthew Friend die Aktionäre auf eine herausfordernde Zeit mit leicht sinkenden Umsätzen in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2024/2025 vor. CEO John Donahoe kündigte «einige wichtige Anpassungen» an, die der Konzern vornehmen müsse.
Dass sich die Stimmung um die Aussichten beider Konzerne zuletzt drehte, spiegelt sich zunehmend in der Bewertung. Das Verhältnis von Unternehmenswert zum vorausschauenden Betriebsgewinn (EV/Ebitda) liegt bei Adidas (20,8) zwar nur leicht höher als bei Nike (18,9). Das allerdings ist bereits ein Unterschied zu den vergangenen zehn Jahren, da hatten die US-Amerikaner in Sachen Bewertung fast immer die Nase vorn.