Laut dem Untersuchungsbericht zur Panne bei den Bundesprognosen zu den AHV-Finanzen haben die Zuständigen im Bundesamt für Sozialversicherungen ihre Sorgfaltspflichten nicht verletzt. Doch es gab und gibt Probleme im Amt.
Die Schätzkorrekturen von 2024 zu den Finanzaussichten der AHV waren ein politischer Aufreger. Mit den Korrekturen sanken die erwarteten Defizite für die 2030er Jahre – zum Beispiel für 2033 von 7,5 auf 5,3 Milliarden Franken. Der Bund sprach von «fehlerhaften Formeln im Berechnungsprogramm», die Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider ordnete eine Administrativuntersuchung an, und der Bund kündigte den Abgang von Stéphane Rossini als Chef des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) auf Mitte 2025 an.
Vor allem die Linke zelebrierte Empörung und versuchte, durch grundsätzliches Infragestellen der AHV-Finanzprognosen vom Reformbedarf abzulenken. Zum Polittheater gehörten auch Abstimmungsbeschwerden zum Urnengang von 2022 über die Reform «AHV 21». Das Bundesgericht schmetterte die Beschwerden wie erwartet ab.
Das Innendepartement hat am Freitag den Untersuchungsbericht der Anwaltskanzlei Bratschi publiziert. Laut dem Bericht ging es nicht um Rechnungsfehler im Sinn von 1+1=3. Es ging stattdessen um zwei «Polynome» in der Berechnungsformel, welche zu unplausibel hohen Schätzungen über die langfristigen AHV-Ausgaben führten. Ein Polynom ist ein mehrgliedriger mathematischer Ausdruck. Ein einfaches Illustrationsbeispiel: 3x2–2x.
Die Berichtsautoren orteten im BSV keine Verletzung der Sorgfaltspflichten – weder von den zuständigen Mitarbeitern noch vom BSV-Chef. Der Bericht spricht das BSV auch vom Vorwurf frei, dass es nach der Entdeckung der Ungereimtheiten zu langsam reagiert und zu spät informiert habe. Die Kernbotschaft dazu: Die Aufarbeitung einschliesslich der Erstellung von neuen belastbaren Schätzungen sei aufwendig gewesen. Die Rede war von Arbeitseinsätzen «Tag und Nacht». Vom Beginn einer Verdichtung von Zweifeln am Berechnungsprogramm bei gewissen BSV-Mitarbeitern (etwa Mai/Juni 2024) bis zur ersten öffentlichen Schätzkorrektur (6. August) dauerte es zwei bis drei Monate.
Die Ursachen der Probleme ortete der Bericht namentlich in der ungenügenden Dokumentation über das Berechnungsprogramm sowie in Mängeln bei den Prozessabläufen einschliesslich der Qualitätskontrolle. Auch ein Mangel an Personal sei ein Faktor gewesen. Erschwerend bei der Problembehebung waren gemäss der Analyse zudem persönliche und fachliche Differenzen innerhalb des BSV. Auch heute noch gebe es solche Differenzen, welche «die Zusammenarbeit und die Kommunikation erschweren». Es menschelt überall.