Der europäische Flugzeughersteller steigert seinen Umsatz und liefert mehr Flugzeuge aus. Die Aktionäre erhalten zudem eine Sonderdividende. Die amerikanische Konkurrenz kämpft derweil bei allen neuen Modellen mit Qualitätsproblemen.
Der europäische Flugzeughersteller Airbus verzeichnete ein gutes Jahr 2023, mit einem Umsatzanstieg von 11 Prozent auf 65,4 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Der operative Gewinn stieg ebenfalls um 4 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro, wie das Unternehmen bei der Vorstellung seiner Jahresbilanz am Donnerstag in Toulouse bekanntgab. In diesem Jahr soll der Gewinn auf 6,5 bis 7 Milliarden Euro zulegen.
Zum fünften Mal in Folge gelang es dem Konzern ausserdem, mehr Flugzeuge auszuliefern als der amerikanische Rivale von Boeing. 2023 lieferten die Europäer 735 Maschinen aus, im Vorjahr waren es noch 661 gewesen. Auch die Amerikaner konnten ihre Auslieferungen im Vorjahresvergleich steigern, lieferten aber nur 528 Flugzeuge aus. 2022 waren es noch 480 Maschinen gewesen.
Mit den guten Ergebnissen unterstrich Airbus erneut seine Vormachtstellung im weltweiten Flugzeugmarkt. Diese will das Unternehmen weiter ausbauen. Die Auftragsbücher sind voll. Der Airbus-CEO Guillaume Faury gab im Januar bekannt, dass die Firma im vergangenen Jahr mit 2094 so viele Flugzeugbestellungen wie noch nie zuvor aufgenommen habe. Damit haben sich die Aufträge mehr als verdoppelt. Im Vorjahr waren es noch 840 Bestellungen gewesen. 2024 will der französisch-deutsch-spanische Konzern 800 Verkehrsflugzeuge ausliefern.
Boeing spürt den Vertrauensverlust
Besonders gefragt sind die Flugzeuge der A320-Baureihe, der Schmalrumpfflugzeuge mit nur einem Mittelgang. Bis 2026 will Airbus monatlich 75 Maschinen des Mittelstreckenflugzeugs herstellen. Der A320 ist das direkte Konkurrenzmodell zur Boeing 737 Max. Diese ist das wichtigste Produkt in der Verkehrsflugzeugsparte des amerikanischen Herstellers Boeing.
In den letzten fünf Jahren reiht sich aber eine verheerende Panne bei dem Modell an die nächste. Im Januar blieben Hunderte von 737 Max am Boden, nachdem sich auf einem Flug der Alaska Airlines in 4900 Metern Höhe ein Teil des Rumpfes gelöst hatte. Die amerikanischen Unfall-Ermittler der Federal Aviation Administration (FAA) kamen in einem vorläufigen Bericht zum Schluss, dass bei der Maschine wohl wichtige Befestigungsteile fehlten. Die Aktie von Boeing stürzte nach dem Zwischenfall ab.
Für den amerikanischen Hersteller ist der Zwischenfall ein Debakel, das im Vergleich zu früheren Vorkommnissen noch glimpflich ausgegangen ist. 2018 und 2019 stürzten zwei Flugzeuge der Modelle 737 Max 8 ab. Insgesamt 346 Menschen starben bei den Katastrophen, die mitunter auf ein fehlerhaftes Flugsteuerungssystem zurückzuführen waren. Die Abstürze kosteten Boeing bisher rund 20 Milliarden Dollar. Der Zwischenfall mit der Maschine der Alaska Airlines soll das Unternehmen bisher rund 2 Milliarden Dollar gekostet haben.
Der Boeing-CEO Dave Calhoun beteuerte im Anschluss, sämtliche Qualitätssicherungs- und Herstellungsprozesse genauestens zu prüfen. Der amerikanische Hersteller kämpft aber nicht nur bei der Boeing 737 Max mit erheblichen Problemen. Auch andere Modelle wecken immer wieder Zweifel an der Produktreife der Flugzeuge.
Das wirkt sich auch auf den Geschäftsgang des amerikanischen Konzerns aus, der seit 2019 rote Zahlen schreibt. 2023 belief sich der Nettoverlust auf 2,2 Milliarden Dollar, bei einem Umsatz von 77,7 Milliarden Dollar. Der Schuldenberg ist inzwischen auf rund 55 Milliarden Dollar angewachsen.
Airbus ist kein strahlender Gewinner
Bei Airbus herrscht derzeit allerdings wenig Schadenfreude über die Krise des Rivalen aus Übersee. Alle Flugzeughersteller hätten ein Interesse daran, dass Fliegen sicher sei und bleibe, sagte der Airbus-CEO Guillaume Faury am World Government Summit Mitte Februar. «Jeder Zwischenfall macht uns demütig, weil wir konstant daran arbeiten müssen, dass unsere Maschinen sicher sind», so Faury.
Angesichts der hohen Nachfrage nach Airbus-Flugzeugen muss auch der europäische Hersteller Qualitäts- und Sicherheitsstandards vor der schnellstmöglichen Lieferung priorisieren. Aber der Druck auf die Produktion wächst. Das Unternehmen kämpft seit der Corona-Pandemie mit Lieferengpässen bei seinen Zulieferern, Fachkräftemangel in seinen Werken und steigenden Energie- und Rohstoffpreisen. Airbus muss die Produktionskadenz also weiter steigern, will das Unternehmen an das gute Jahr 2023 anknüpfen und auch 2024 den Rivalen aus den USA weiter hinter sich lassen.