Der Versicherer weist hohe Gewinne aus und zahlt stattliche Dividenden. Trotzdem entwickelt sich der Aktienkurs mässig. Der Konzernchef Mario Greco erklärt, woran das liegt.
Der Versicherer Zurich tut einiges, um seine Aktionäre bei Laune zu halten. Diese sollen 75 Prozent des jeweiligen Jahresgewinns als Dividende ausgeschüttet bekommen. Zudem kauft der Versicherer eigene Aktien im Volumen von bis zu 1,1 Milliarden Franken zurück, was den Kurs der Titel ebenfalls stützen soll.
Und nicht zuletzt erzielt Zurich hohe Gewinne, wie sich bei der Präsentation der Halbjahreszahlen am Donnerstag erneut gezeigt hat. Der Reingewinn nach Steuern stieg gegenüber derselben Vorjahresperiode um rund einen Fünftel auf 3 Milliarden Dollar.
Trotzdem gab der Aktienkurs am Donnerstag nach der Präsentation der Geschäftszahlen zunächst um mehr als 3 Prozent nach, um sich im Verlauf des Tages zu erholen und mit einem Tagesminus von 1,3 Prozent aus dem Handel zu gehen. Die Zurich-Titel hinken in diesem Jahr aber auch den Aktien anderer Versicherer hinterher, wie ein Blick auf den branchenbezogenen MSCI-World-Insurance-Index zeigt. Dieser hat in diesem Jahr per 7. August 9,7 Prozent an Wert gewonnen, während die Zurich-Aktie im selben Zeitraum um 5,8 Prozent zulegte.
Am Donnerstag ist dieses Jahresplus des Versicherer-Titels auf 4,5 Prozent geschmolzen. Das Schweizer Barometer der Standardwerte, der Swiss-Market-Index (SMI), stieg im selben Zeitraum um 6,2 Prozent.
Als Gründe dafür, dass sich die Zurich-Aktien trotz hohen Gewinnen und Dividendenzahlungen nicht besser entwickelt haben, gelten folgende:
Belastung durch Naturkatastrophen: Die höhere Frequenz an Unwettern und Überschwemmungen im ersten Halbjahr hinterliess im Zurich-Ergebnis ihre Spuren. So stieg der Schaden-Kosten-Satz im Bereich Schaden- und Unfallversicherung des Konzerns um 0,7 Prozentpunkte auf 93,6 Prozent.
«Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat es viel mehr Naturkatastrophen gegeben als im selben Zeitraum des Vorjahres», sagt Zurich-Konzernchef Mario Greco im Gespräch. Besonders belastet hätten die Unwetter und Überschwemmungen in Deutschland, der Schweiz, Österreich und teilweise in Grossbritannien. Die Ereignisse seien zwar zumeist nicht besonders gross gewesen, aber ihre Frequenz habe sich erhöht. Laut Greco dürfte dies mit dem Klimawandel zusammenhängen. In der Schweiz beispielsweise habe es früher jährlich ein solches Ereignis gegeben, nun seien es vier oder fünf pro Jahr.
Das Phänomen sei indessen auch in den USA zu beobachten, nicht nur in Europa, sagt Greco. Auch dort seien die Schadenkosten gestiegen, obwohl es im ersten Halbjahr keinen grossen Hurrikan gegeben habe. Nun stelle sich die Frage, ob die Frequenz in den kommenden Jahren so hoch bleibt oder nicht. Falls ja, dürften sich Versicherungspolicen verteuern, erwartet Greco. Dies sei logischerweise ein Thema für die ganze Branche.
Hohe Bewertung von Zurich: Der Zurich-Konzernchef sagte, dass die Finanzanalysten das hohe Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Verhältnis der Zurich als einen Grund für die schwächere Leistung der Aktie genannt hätten. Analysten ziehen es vor, Aktien mit niedrigeren Bewertungen zu empfehlen, in der Erwartung, dass sich diese Aktien verbessern und schliesslich die Lücke zur Zurich schliessen.
Greco merkte jedoch an, dass die hohen Bewertungen von Zurich damit zusammenhängen, dass der US-Partner Farmers etwa 25 Prozent der Gewinne von Zurich ausmacht und nur sehr geringe Kapitalkosten hat. Dies ist eine einzigartige Konstellation, die kein anderer Versicherer hat. Ohne Farmers lägen die Multiplikatoren von Zurich auf einem üblichen Branchenniveau.
Die Börse lässt sich nicht steuern: «Zurich erzielt Rekordgewinne, zahlt hohe Dividenden und kauft Aktien zurück», sagt Greco. «Die Entwicklung am Aktienmarkt können wir aber nicht steuern.» Er gehe davon aus, dass sich starke Unternehmenszahlen und der Aktienkurs langfristig gesehen koordinierten.
Grundsätzlich rechnet der Zurich-Konzernchef noch bis zu den US-Präsidentschaftswahlen im November dieses Jahres mit deutlichen Schwankungen an den Finanzmärkten. «Bis es hier Klarheit gibt, dürfte an den Märkten weiter Nervosität herrschen», sagt er.
Nicht zu vernachlässigen sei auch, dass die Kurse an den Aktienbörsen im ersten Halbjahr deutlich gestiegen sind – insbesondere im Technologiesektor. Gleichzeitig gebe es Statistiken, die zeigten, dass viele Unternehmen ihre Gewinne gegenüber dem Vorjahr nicht gesteigert hätten. «Das passt natürlich nicht zu den hohen Kursgewinnen an den Börsen», sagt Greco. Die jüngsten Kursturbulenzen seien folglich auch als eine Normalisierung zu interpretieren. Nach den US-Präsidentschaftswahlen dürfte sich die Lage an den Finanzmärkten wieder beruhigen, erwartet der Zurich-Konzernchef.