Es ist nicht einfach nur rechte Hetze, wenn Schwierigkeiten mit Eritreern angesprochen werden. Doch auch die SVP hat ein Problem.
Um ein Haar wäre der ehemalige Zürcher SVP-Präsident Patrick Walder wegen Rassismus verurteilt worden.
Das Bezirksgericht Uster sieht es als erwiesen an, dass die Zürcher SVP 2019 in einer Medienmitteilung Eritreer pauschal erniedrigt und verunglimpft hatte.
Es ging in dem Communiqué um einen im Kanton Zürich lebenden Mann aus Eritrea, der in Frankfurt am Main eine Mutter und ihren Sohn vor einen einfahrenden Zug gestossen hatte. Die Mutter überlebte, ihr Kind nicht. Die SVP kritisierte in der Folge «die lasche Asylpolitik gegenüber Eritreern»; es handle sich «bei solchen Personen um nicht integrierbare Gewalttäter». Eine solche Tat könne jederzeit auch in der Schweiz passieren.
Bloss weil nicht nachgewiesen werden konnte, wie genau Patrick Walder an der Entstehung dieser Mitteilung beteiligt war, kam der SVP-Politiker um eine Verurteilung herum. Andere Autorinnen und Autoren konnten auch nicht mehr ermittelt werden. Somit kann niemand für die – inzwischen von der Website der SVP gelöschte – Meldung belangt werden.
Es ist ein Urteil, bei dem Kläger wie Beklagte das für sie Positive herauslesen können. Die Gemeinschaft der Eritreer betont, dass einmal mehr gerichtlich feststehe, wie rassistisch die SVP sei. Und die Zürcher SVP kann sich auf den Standpunkt stellen, dass die Angelegenheit in einen Freispruch gemündet habe.
Alle Beteiligten müssen sich aber kritische Fragen gefallen lassen. Erstens ist es für die Kläger wie für den Beschuldigten nicht hinnehmbar, dass es fast sechs Jahre dauerte von der Anzeige bis zum Richterspruch.
Zweitens zeigt sich, wie Lobbygruppen die Antirassismus-Strafnorm als politische Waffe zweckentfremden. Statt mit der SVP die inhaltliche Auseinandersetzung über eine adäquate Asylpolitik zu suchen, zeigt man die Partei nach der Veröffentlichung eines populistischen Communiqués an. Das ist selbstverständlich legitim, sollte aber eine Ultima Ratio bleiben. Im Schweizer System kämpft man mit Worten und nicht mit Anwälten.
Wahrscheinlich ist es dem Eritreischen Medienbund und seinen Verbündeten, darunter die linksextreme Partei der Arbeit und diverse Antifa-Gruppierungen, gar nie um den politischen Diskurs gegangen. Sondern um den Kampf gegen rechts.
Dabei werden unbequeme Wahrheiten unter den Tisch gewischt. Zum Beispiel, dass die Ressentiments gegen Eritreer in der Schweiz nicht nur auf die Stimmungsmache der SVP zurückgeführt werden können.
Es gibt auch Vertreter der eritreischen Gemeinschaft, die alles dafür tun, um ihre Landsleute in einem unvorteilhaften Licht erscheinen zu lassen. Erinnert sei an die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen regierungstreuen Eritreern und Regimegegnern in der Schweiz. Oder an die Probleme mit der Integration. Oder an die Tatsache, dass viele Eritreer vom Staat abhängig bleiben. Diesen Herausforderungen muss man sich stellen.
Eine grosse Mehrheit der Eritreer lebt friedlich und ohne Probleme in der Schweiz. Aber es ist nicht einfach nur rechte Hetze, wenn man Missstände beim Namen nennt. Und fordert, dass ausländische Gewalttäter oder Schergen eines Unrechtsregimes die Schweiz verlassen müssen.
Auch die SVP erscheint nach der ganzen Affäre in einem schlechten Licht. Es ist degoutant, wie die Partei eine Kindstötung politisch ausgeschlachtet hat, um Stimmung gegen Ausländer zu machen. Ausserdem ergibt die Argumentation der Partei nicht einmal Sinn. Die SVP kritisierte in der Mitteilung die lasche Asylpolitik des Bundes. Doch eine restriktivere Ausschaffungspolitik kann nicht verhindern, dass ein psychisch kranker Mann ein Kind vor einen Zug stösst.
Statt mit billiger Polemik auf sich aufmerksam zu machen, könnte die SVP in Zukunft versuchen, die Fehler in der Asylpolitik mit sachlichen Argumenten zu kritisieren. Von denen gibt es nämlich mehr als genug.