In Clarens entzündet er mit «Le sacre du printemps» einen Urknall der Moderne, in Morges erfindet er bei Brot und Wein mit Charles Ferdinand Ramuz die Oper neu. Dann aber lockt Coco Chanel den Ruhelosen aus dem Schweizer Exil nach Paris.
Seine letzte Ruhe fand der Ruhelose in Venedig. Das Grab liegt ein wenig abseits, im weniger dicht belegten orthodoxen Teil der Friedhofsinsel San Michele, in dem es an nebligen Tagen noch immer so still ist, dass man hier Agentenfilme drehen könnte. Trotzdem finden sich stets Blumen, Geldstücke und sogar Partituren auf dem Stein. Gelegentlich verirrt sich auch ein Ballettschuh hierher, doch der gehört strenggenommen einige Schritte weiter auf das stolz aufragende Monument für Sergei Diaghilev, den genialen Impresario und Begründer der Ballets Russes. Der Komponist, ohne den Diaghilevs Stern deutlich weniger hell strahlen würde, muss sich dagegen mit einer Marmorplatte begnügen. Keine Jahreszahlen, keine Schnörkel – eine elementare Inszenierung, so kantig und klar wie die Musik des grossen Toten.
Eine letzte Inszenierung, das ist Igor Strawinskys Grab in Venedig wirklich. Gestorben ist der gebürtige Russe nämlich weit entfernt – in New York. In einem Apartment an der Fifth Avenue direkt am Central Park, in welches der knapp Neunzigjährige 1971 erst wenige Tage zuvor übersiedelt war. Mit dem Wunsch, in Venedig beigesetzt zu werden, gibt Strawinsky seinem Leben postum – und überraschend – doch noch einen Ziel- und Endpunkt. Für die Jahrzehnte zuvor ist solch ein Zentrum dagegen nur schwer auszumachen. Denn unter allen grossen Komponisten des 20. Jahrhunderts war Igor Strawinsky sicher der grösste Kosmopolit.
Ein Weltbürger, schon den äusseren Stationen nach: 1882 noch als Untertan des Zaren geboren, später Wahl-Pariser und ab 1934 französischer Staatsbürger, schliesslich von 1945 an Amerikaner. Vielleicht auch ein Entwurzelter und ewig Heimatloser – wenngleich Strawinsky während späterer Jahre im Exil nie derart obsessiv auf seine russischen Wurzeln fixiert blieb wie der neun Jahre ältere Sergei Rachmaninow. Das Unstete, Rastlose und der häufige Aufbruch zu neuen Ufern bilden vielmehr ein zentrales Motiv in seinem Leben.
Es prägt auch sein Schaffen: War Strawinsky doch der Komponist, der sich, was Stil, Ästhetik und die verwendeten Kompositionstechniken betrifft, am häufigsten neu erfunden hat. Mit fast jeder seiner wechselnden Lebensstationen ging eine Neubestimmung der eigenen künstlerischen Position einher. Gleich zwei neue Kapitel schlägt Strawinsky in der Schweiz auf.
Grenzenlos
Anders als vor ihm der ähnlich unbehauste Richard Wagner kommt Strawinsky zunächst nicht als Exilant in die Schweiz. 1910 hält er sich erstmals einige Wochen lang zusammen mit seiner Familie hier auf. Und weil das Klima am Genfersee der fragilen Gesundheit seiner Frau besonders zuträglich ist – Jekaterina Nossenko bringt in den Jahren bis 1914 vier Kinder zur Welt und ist seit Kindertagen an einer latenten Tuberkulose erkrankt –, übersiedelt man fortan jeden Herbst nach Clarens bei Montreux, um der Eiseskälte Russlands zu entfliehen. Die Sommer verbringt die Familie vorerst weiterhin auf ihrem Gutshof in Ustilug in Wolhynien, heute im äussersten Westen der Ukraine an der Grenze zu Polen gelegen.
Strawinskys ausgeprägte Reisetätigkeit zwischen Ost und West, deren Radius noch durch regelmässige Besuche in St. Petersburg und bald auch immer häufigere Aufenthalte in Paris erweitert wird, erscheint angesichts der dabei zurückgelegten Strecken und der damaligen Beschwernisse erstaunlich. Allerdings gehört eine stetig wachsende Mobilität damals, am Beginn der Moderne, gerade für viele Künstler zum Lebensgefühl.
Für Strawinsky wird das ständige Unterwegssein zu einer Konstante und damit Teil jenes zentralen Lebensmotivs der Ruhelosigkeit, das ihn bis ins hohe Alter begleitet und innerlich antreibt. Nicht zuletzt dank dem technischen Fortschritt avanciert er zu einem der ersten wahrhaft international agierenden Künstler, deren Name nicht nur stellvertretend durch ihr Schaffen um die Welt getragen wird, sondern die auch selber global in Erscheinung treten.
Das Hin und Her, das Strawinskys Leben bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs prägt, ist auch noch aus einem anderen Grund bemerkenswert: Es zeigt die Offenheit des Austauschs, der damals zwischen Ost und West stattfand – heute ist davon gerade auf kultureller Ebene kaum etwas geblieben. Doch seinerzeit war diese Offenheit im Denken wie beim Reisen die Voraussetzung dafür, dass Strawinsky drei seiner frühen Hauptwerke, die als Höhepunkte seiner russischen Phase gelten, zu weiten Teilen gar nicht in Russland schuf, sondern in Frankreich und in der Schweiz. Seine künstlerische Imagination war schon damals grenzenlos im besten Sinne.
Eine Kammer in Clarens
Beim dritten und berühmtesten der drei Werke macht der Entstehungsprozess dies besonders deutlich: Die ersten Ideen zu «Le sacre du printemps» kamen ihm laut eigener Darstellung in Ustilug; ausgearbeitet wird das Werk jedoch in Clarens, das damit übrigens nicht zum ersten Mal zum Geburtsort für ein musikalisches Meisterwerk wird – Peter Tschaikowsky arbeitete hier bereits 1877 an der Partitur seiner Oper «Eugen Onegin».
Strawinsky selbst erinnerte sich: «Im Herbst 1911 reiste ich in die Schweiz, mietete in Clarens ein Haus für meine Familie und machte mich an die Arbeit. Das gesamte Werk wurde in einer kleinen Kammer dieses Hauses geschrieben, die nicht grösser als 2,5 mal 2,5 Meter war; das einzige Mobiliar war ein kleines Klavier, das ich gedämpft spielte, ein Tisch und zwei Stühle. (. . .) Der Kompositionsprozess von ‹Sacre› war Anfang 1912 abgeschlossen, und die Instrumentierung – in erster Linie eine mechanische Arbeit, da ich die Orchestrierung immer schon mitkomponiere, wenn ich ein Werk schreibe – kostete mich vier weitere Monate, bis zum Frühsommer.»
Mit dem «Frühlingsopfer» wollte Strawinsky an den Erfolg seiner ersten beiden Ballettmusiken anknüpfen, die er im Auftrag von Sergei Diaghilev für dessen Kompanie, die Ballets Russes, geschrieben hatte. Der Sensationserfolg von «L’oiseau de feu», 1909 in Paris uraufgeführt, und zwei Jahre später auch der von «Petruschka» hatten ihm den internationalen Durchbruch als Komponist beschert. Die Uraufführung des «Sacre» am 29. Mai 1913 im neu erbauten Théâtre des Champs-Élysées in Paris geht jedoch als einer der grössten Theaterskandale in die Geschichte ein.
Heute gilt das Ereignis als ein Urknall der Moderne, sowohl für die Musik wie für das Ballett- und Tanztheater – so neuartig und stellenweise schockierend wirkten diese «Bilder aus dem heidnischen Russland», in denen sich im Zuge einer stark ritualisierten Handlung tatsächlich eine Jungfrau dem slawischen Frühlingsgott zur Versöhnung opfert, indem sie sich zu Tode tanzt. Umstritten ist heute allerdings, was genau den Ausschlag gab für die Tumulte des Pariser Publikums: War es das archaische, dezidiert antizivilisatorische Moment der Handlung? Oder Strawinskys harmonisch wie rhythmisch radikal entfesselte Musik? Oder doch eher der bodenständige, teilweise gewollt plumpe Stil der Originalchoreografie von Vaslav Nijinsky, der nicht minder radikal mit der Eleganz der französischen Ballett-Tradition brach?
Fest steht, dass sowohl Strawinsky wie auch Diaghilev den Skandal, der weltweit Schlagzeilen machte, glänzend für ihre Zwecke zu nutzen verstanden – «self-promotion» heisst das heute. Es ist ein frühes Beispiel dafür, wie ein offenbar kaum zu beschönigender Misserfolg durch die fortwährende Beschwörung und Neuerzählung der Umstände allmählich zu einem Sieg über alle Traditionalisten und Rückständigen umgedeutet wird, so dass er schliesslich nur noch als heroisch erkämpfter Triumph des Fortschritts gelesen wird.
Strawinsky selbst wies die Richtung in einer Äusserung gegenüber der «New York Times» vom Juni 1913: «Zweifellos wird man eines Tages verstehen, dass ich einen Überraschungscoup auf Paris gelandet habe, Paris aber unpässlich war. Bald wird es seine schlechte Laune vergessen.» Zumindest im Hinblick auf die musikalische Rezeption sollte er alsbald recht bekommen: Die erste konzertante Wiedergabe der «Sacre»-Musik im Folgejahr, wieder unter der Leitung des Uraufführungsdirigenten Pierre Monteux, wurde im Casino de Paris zum bahnbrechenden Erfolg. Er etablierte das in der kleinen Kammer von Clarens erdachte Stück endgültig als zentrales Referenz- und Schlüsselwerk der Musikgeschichte.
Jahre im Schweizer Exil
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 ändert sich im Leben Strawinskys und seiner Familie etwas Entscheidendes: Aus dem saisonalen, vielfach durch Reisen unterbrochenen Aufenthalt in der Schweiz wird ein dauerhaftes Exil. Zunächst finden die Strawinskys weiterhin Unterschlupf in Clarens, und zwar beim befreundeten Dirigenten Ernest Ansermet. Der stellt ihnen grosszügig sein Haus zur Verfügung, weil Strawinsky durch die Kriegsereignisse von seinem Besitz und den meisten Einnahmen aus Russland abgeschnitten ist.
Die wirtschaftliche Not verschärft sich noch, als nach der dortigen Oktoberrevolution sämtliche Tantiemen ausbleiben – die Sicherung der Rechte an der eigenen Musik wird Strawinsky fortan umtreiben. Allerdings bildet sich auch früh ein Unterstützerkreis, dem unter anderem die Princesse Edmond de Polignac, Erbin der Nähmaschinen-Dynastie Singer, und der Winterthurer Mäzen Werner Reinhart angehören.
Mit ihrer Hilfe können die Strawinskys im Juni 1915 nach Morges übersiedeln und bewohnen dort – durchaus standesgemäss – zunächst die Villa Les Sapins, von Anfang 1916 bis Mai 1917 dann die Villa Rogivue. Das Haus mit dem charakteristischen Turm vermittelt noch heute ein anschauliches Bild vom Leben Strawinskys am Genfersee. Seine Uferpromenade – heute «Quai Igor Stravinski» – liegt in Sichtweite der Villa. Man kann darin sogar wohnen, denn seit 2012 ist hier das Hotel «La maison d’Igor» beheimatet, das den Genius Loci auch noch hundert Jahre später erahnen lässt.
Mit Namen wie «Les Noces», «Berceuses du chat» und «Pulcinella» erinnern dessen Suiten an wichtige Werke, an denen Strawinsky während der rund fünf Jahre in Morges gearbeitet hat. Eine weitere Suite heisst «Charles F». Dahinter verbirgt sich der waadtländische Dichter Charles Ferdinand Ramuz, der hier leibhaftig ein und aus gegangen ist, gehört er doch zu den engsten Künstlerfreunden der Schweizer Zeit. Strawinsky lernt ihn im Herbst 1915 über den gemeinsamen Freund Ansermet kennen. Es muss Sympathie, ja eine Art Freundschaft auf den ersten Blick gewesen sein, die sich allerdings nicht an intellektuellen Fragen entzündete, sondern an der gemeinsamen Begeisterung für die einfachen Dinge des Lebens.
Noch in den Ende der 1920er Jahre verfassten «Souvenirs sur Igor Strawinsky», die seit 2018 in einer gelungenen Neuübersetzung greifbar sind, spürt man eine besondere Emphase, wenn Ramuz schreibt: «Ich entsinne mich überhaupt nicht, wovon wir gesprochen haben; woran ich mich jedoch sehr gut erinnere, das ist diese vollkommene, alles Weitere vorbereitende Übereinstimmung, zu der das hiesige Brot und der hiesige Wein den Anlass gaben. So konnte ich zum Beispiel sofort sehen, dass du, Strawinsky, genauso wie ich, das Brot liebtest, wenn es gut ist, den Wein, wenn er gut ist.»
Später nennt er Strawinsky «das genaue Gegenteil eines Spezialisten», er sei «ein ganzer Mensch: das heisst, raffiniert und gleichzeitig primitiv; einer, der Verständnis hat für alle Komplikationen, aber auch für das Elementare, einer, der schwierigerer geistiger Kombinationen und gleichzeitig spontanster und direktester Reaktionen fähig ist; so, wie es sich gehört, denn man muss wild und zivilisiert zugleich sein.»
Umgehend macht man sich die Geistesverwandtschaft für gemeinsame Projekte zunutze. So überträgt Ramuz, obwohl er kein Russisch versteht, den Text zu mehreren Werken Strawinskys ins Französische, etwa zu «Les noces» und zur Kammeroper «Renard», indem er aus rudimentären Wort-für-Wort-Übersetzungen des Komponisten eine eigene literarisierte Fassung erarbeitet, die silbengenau auf die Musik passt. Ende 1917 kommt überdies der Gedanke auf, zusammen ein Bühnenwerk zu schaffen. Es soll einfach gehalten und somit leicht aufzuführen sein, denn Komponist und Dichter befinden sich in finanziellen Nöten, und der andauernde Krieg macht alles nur schlimmer.
Eine teuflische Geschichte
Als man gemeinsam in einer Anthologie russischer Märchen von Alexander Afanassjew blättert, ist das Sujet schnell gefunden. Eine gleichzeitig archaisch und auf eigentümliche Weise gegenwärtig wirkende Erzählung von einem Teufelspakt soll es sein – Ramuz zieht dafür zwei Märchen Afanassjews zusammen. Ein armer Soldat verkauft seine Seele, dargestellt durch eine Geige, und erhält vom Teufel dafür ein Buch, das die Zukunft vorhersagt. Mit dessen Hilfe wird er an der Börse märchenhaft reich, doch natürlich hat der Soldat die Rechnung ohne den Teufel gemacht.
Erstaunlich früh schält sich nicht nur der hochartifizielle Charakter des neuen Werks mit dem Titel «L’historie du soldat» heraus. Unstrittig ist noch etwas Entscheidendes: In dieser «Geschichte» – einer szenischen Parabel, die gemäss dem Untertitel «gelesen, gespielt, getanzt» wird – sollen die textliche, die theatrale und die kompositorische Ebene nicht mehr in der Weise miteinander verschmelzen, wie es in der Oper bis anhin üblich war. Vielmehr sollen Sprache, Handlung und Musik eine gewisse Autonomie bewahren.
Strawinsky denkt dabei einerseits praktisch – er will die Musik unabhängig von Theateraufführungen spielbar machen und erstellt dafür mehrere Konzertsuiten. Andererseits, und damit wird die Sache revolutionär, will er der Musik grundsätzlich eine weitreichende Eigenständigkeit gegenüber dem Bühnengeschehen bewahren, indem er mit stilisierten Zitaten traditioneller Genres wie Marsch, Choral, Walzer oder Tango eine Brechung und einen bewusst distanzierten Tonfall schafft.
Strawinsky schlägt damit ein neues Kapitel in seinem Schaffen auf: «L’histoire du soldat» wird zum Auftakt für seine neoklassizistische Periode. Der kreative Rückgriff auf ältere Formmodelle wird darin zum Prinzip erhoben; gleichzeitig gewinnt die Musik dadurch einen autonomen und oft auch spielerisch-ironischen Zug – eine Kampfansage an jedwede Ausdrucks- und Überwältigungskunst. Und ein weiterer grosser Schritt Richtung Moderne.
Ramuz wiederum leistet dieser Entwicklung Vorschub, indem er die Handlung nicht in der Form eines herkömmlichen Opernlibrettos entwickelt, sondern mit zwei Schauspielern und einer Tänzerin anstelle der gewohnten Sänger-Darsteller; vor allem aber mithilfe einer Erzählerfigur, die wie ein Conférencier agiert. Unabhängig von Bertolt Brecht (und einige Jahre vor ihm) experimentieren Ramuz und Strawinsky also auf textlicher wie auf musikalischer Ebene mit Verfremdungseffekten, die bald darauf massgeblich für das epische Theater werden.
Noch jemand
Ein glücklicher Zufall spielt den beiden in die Hände: Schon seit 1905 ist Ramuz mit dem waadtländischen Maler René Auberjonois befreundet – eine offenbar ähnlich symbiotische Beziehung wie die mit Strawinsky. Der Maler entwickelt im engen Austausch und bei dem einen oder anderen Glas Wein am Ufer des Sees Ideen für die Ausstattung der Uraufführung von «L’histoire du soldat». Bühnenbild und Kostüme sollen ebenfalls bewusst einfach gehalten sein und damit an die Tradition von Spielbudentheater und Wanderbühnen anknüpfen.
Bei der Realisation stellt man dann allerdings fest, dass es doch eines festen Theaterbaus bedarf. Ansermet, als Dirigent vorgesehen, rät nachdrücklich von einer Freiluftaufführung ab. Auch sonst erweist sich die Aufführung als sehr viel aufwendiger als gedacht. Zum Glück springt Werner Reinhart ein, der die Produktion mit über 15 000 Franken unterstützt und so erst ermöglicht. Als die «Histoire» schliesslich am 28. September 1918 im Théâtre Municipal von Lausanne über die Bühne geht, ist sie – anders als «Le sacre du printemps» – sofort ein Erfolg und wird auch umgehend als wegweisender Beitrag zum modernen Musiktheater erkannt.
Dennoch kommt es nicht zu der von den Autoren geplanten Wanderbühnen-Tournee durch die Schweiz. Im kriegsversehrten Europa grassiert die Spanische Grippe. Aufgrund der Epidemie, die bis 1920 Millionen Todesopfer fordert, werden die Theater geschlossen und Grossveranstaltungen verboten – es kommt einem bekannt vor.
«L’histoire du soldat» kehrt erst 1923 auf die Bühnen zurück, zuerst in Frankfurt, dann auf Initiative von Oskar Schlemmer an der Bauhaus-Woche in Weimar. 1924 erlebt der Komponist mit Genugtuung eine begeistert aufgenommene Aufführung im Théâtre des Champs-Élysées, dem Ort des «Sacre»-Skandals elf Jahre zuvor.
Strawinsky hat Morges und die Schweiz unterdessen verlassen und ist nach Frankreich übersiedelt. Im Frühjahr 1920 hatte ihm Diaghilev die Modeschöpferin Coco Chanel vorgestellt. Als Chanel hört, dass die Strawinskys eine Bleibe in Paris suchen, lädt sie die Familie in ihr Haus «Bel Respiro» im Vorort Garches ein. Man lebt dort gemeinsam bis Mai 1921. Möglicherweise – genau wird man es nie wissen – fängt Coco sogar eine Affäre mit Strawinsky an. Oder er mit ihr. Doch das ist bereits ein neues Kapitel in seinem ruhelosen Leben.

									 
					





