Die monatliche Fondsmanagerumfrage von Bank of America zeigt ein erhebliches Ausmass an Optimismus, aber noch keine Euphorie unter den professionellen Investoren.
«Be fearful when others are greedy. Be greedy when others are fearful.»
Warren Buffett, amerik. Value-Investor (*1930)
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
Es ist immer spannend, zu sehen, wie der «Konsens» an den Finanzmärkten positioniert ist. Wer als Anleger gerne gegen den Strom schwimmt, kann versuchen, eine andere Position als die Mehrheit der Marktteilnehmer einzunehmen.
Einen Anhaltspunkt, um den Konsens zu erörtern, liefert die monatlich publizierte Fondsmanagerumfrage (Fund Manager Survey, FMS) von Bank of America. Das Team um Chefstratege Michael Hartnett befragt dabei jeweils gut 200 professionelle Investoren weltweit zu ihren Anlagepräferenzen und zu ihrer Sicht auf Weltwirtschaft und Finanzmärkte. Die Befragten verwalten zusammen rund 600 Mrd. $ an Anlagevermögen.
Die aktuelle Umfrage, durchgeführt in der ersten Maiwoche, zeigt in Summe ein abnormal grosses Ausmass an Zuversicht. Die folgenden elf Charts illustrieren die wichtigsten Erkenntnisse.
Zunächst zum Blick auf die Konjunktur. Angesprochen auf die Frage, ob die Weltwirtschaft in den kommenden zwölf Monaten eine harte Landung (sprich: eine Rezession), eine weiche Landung oder gar keine Landung (sprich: eine abermalige Beschleunigung) erleben wird, sprachen sich 56% für eine weiche Landung aus (hellblau).
Das Lager der «No Landing»-Anhänger (dunkelblau) ist seit der letztmonatigen Umfrage von 36 auf 31% geschrumpft. Die jüngst eher schwächer als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten in den USA (Arbeitsmarkt, ISM-Einkaufsmanagerindex) haben ihre Spuren hinterlassen.
Erstmals seit einem halben Jahr sind auch die Erwartungen an das weltweite Wirtschaftswachstum (dunkelblaue Kurve) wieder gesunken:
Eine klare Mehrheit der Anlageprofis erwartet in den nächsten zwölf Monaten keine Rezession in den USA. Allerdings ist der Anteil, der in der ersten Jahreshälfte 2025 einen Abschwung der wichtigsten Volkswirtschaft der Welt befürchtet, auf 19% gestiegen.
82% der Fondsmanager gehen davon aus, dass die US-Notenbank (Fed) in der zweiten Hälfte des laufenden Jahres die Leitzinsen senken wird:
Als grösstes Risiko für die Märkte wird unverändert eine hartnäckig hohe Inflation erachtet. Diese würde es dem Fed verunmöglichen, die Zinsen zu senken. Die Geopolitik ist als Risiko in der Wahrnehmung der Profis etwas in den Hintergrund gerückt.
Befragt nach ihrer Positionierung, gibt ein Grossteil der Investoren eine deutliche Netto-Übergewichtung von Aktien an. Letztmals war das Aktienübergewicht in den Anlageportfolios im Januar 2022 so hoch wie heute:
Auch in Rohstoffen melden die Fondsmanager ein Übergewicht:
Spiegelbildlich dazu ist die Cashposition in den Anlageportfolios der Profis auf bloss noch 4% gefallen. Das ist historisch betrachtet ein niedriger Wert und drückt ein signifikantes Ausmass an Zuversicht der Fondsmanager aus.
Nimmt man die Wachstumserwartungen, den Cashbestand sowie die Aktiengewichtung in einem Sammelindex zusammen, dann ist die Positionierung der Fondsmanager gegenwärtig so «bullish» wie letztmals im November 2021.
Dieses grosse Ausmass an Zuversicht unter den Profi-Investoren kann mit Blick auf die kommenden Wochen und Monate an den Märkten eine Gefahr darstellen. Kurzfristig scheint die Devise an den Börsen noch «Bad News are Good News» zu lauten: Leicht schwächere Konjunkturdaten werden als positive Nachricht aufgenommen, weil sie die Wahrscheinlichkeit baldiger Zinssenkungen erhöhen. Aber sollten die Konjunkturdaten allzu schwach ausfallen, könnten wieder Ängste vor einer harten Landung der Wirtschaft kursieren – was eine Belastung für die Börsen wäre.
Allerdings sind die Angaben der Fondsmanager in der Umfrage auch immer mit Vorsicht zu geniessen. Zwischen dem, was sie sagen, und dem was sie tun, besteht nicht selten eine Diskrepanz. So haben beispielsweise viele Fondsmanager in der Umfrage gesagt, sie hätten im letzten Monat ihre Positionierung in Cash, Bonds sowie Aktien aus dem Sektor Basiskonsum erhöht. Das deutet wiederum auf eine vorsichtigere, defensive Einstellung hin.
Absolut betrachtet, also nicht bloss im Vergleich zum letzten Monat, melden die Fondsmanager grosse Übergewichte in Aktien generell, in den Sektoren Gesundheit und Technologie sowie in Aktien aus Japan und der Eurozone. Die grössten Untergewichte halten sie in den Sektoren Immobilien-Beteiligungsgesellschaften (REITs), Versorger sowie in Grossbritannien.
Insgesamt lässt sich aus der Fondsmanagerumfrage also ein beträchtliches Ausmass an Optimismus, aber noch keine Euphorie lesen. Damit decken sich die Erkenntnisse mit der jüngsten Lesung des The Market Risk Barometer.
Freundlich grüsst im Namen von Mr Market
Mark Dittli