Die Befürchtung, dass die Sängerin eine Wahlempfehlung für Joe Biden ausgeben könnte, verleitet einige konservative Moderatoren zur Behauptung, ihre Beziehung mit dem American Footballer Travis Kelce sei erfunden und vom Pentagon gesteuert.
Taylor Swift regt die Phantasie an. Unter amerikanischen Republikanern gibt es gegenwärtig kein Halten mehr, vor allem, seit die erfolgreichste Sängerin der Welt auch noch mit dem American-Football-Star Travis Kelce liiert ist und sich der Super Bowl nähert – der wichtigste Sportanlass der USA, wo Kelce und seine Kansas City Chiefs am Sonntag in Las Vegas das Finalspiel bestreiten werden.
Was die Konservativen so umtreibt, ist der Albtraum, dass Swift eine Wahlempfehlung für Präsident Joe Biden ausgeben könnte. Zwar hat sie sich bisher noch nicht zu den Wahlen geäussert, aber da sie sich bereits 2020 für Biden ausgesprochen hat, mit LGBTQ-Anliegen sympathisiert, sich für das Recht auf Abtreibung ausspricht und schon vor acht Jahren ihre Fans aufgerufen hat, abstimmen zu gehen, kann man nicht vorsichtig genug sein. Immerhin hat sie 279 Millionen Instagram-Follower, von denen ihr viele treu ergeben sind. Allerdings gehen die Republikaner mit ihren Präventivschlägen weit und wagen sich auf reichlich spekulatives Terrain vor, um Taylor zu diskreditieren.
Swift wird angeblich vom Pentagon aus ferngesteuert
So wird beispielsweise vermutet, dass ihre Beziehung mit Kelce gar nicht echt sei. «Das hat so viel von wahrer Liebe wie eine arrangierte Ehe», sagte der Fox-News-Moderator Jesse Watters. «Das wurde wahrscheinlich in einem Labor gezüchtet.» Ins selbe Horn stiess der ehemalige Präsidentschaftsanwärter Vivek Ramaswamy, der sogar – in einer schwer nachvollziehbaren Logik – suggerierte, man werde den Super Bowl möglicherweise verschieben, damit die Kansas City Chiefs gewinnen. Der Moderator und Trump-Fan Mike Crispi behauptete geradeheraus, bei der National Football League werde betrogen.
Da war es nur noch ein kleiner Schritt zur Vermutung, dass Swift vom Pentagon eingesetzt und gesteuert werde – als Teil der psychologischen Nato-Kriegsführung. Wiederum war es Jesse Watters, der die Idee Mitte Januar auf Fox News verbreitete. Er vermutete, dass der Rekord-Erfolg ihrer «Eras»-Tournee dank dem Verteidigungsministerium zustande gekommen sei. «Haben Sie sich jemals gewundert, warum oder wie sie auf einmal so gross wurde?», fragte er vielsagend. «Ist Swift das Instrument für eine geheime politische Agenda?» Die Gerüchte sind offenbar so verbreitet, dass Charlie Dietz, ein Sprecher des Verteidigungsministeriums, sich bemüssigt sah, sie zu dementieren.
Das passt zu früheren Verschwörungstheorien, laut denen Swift Mitglied der Illuminati-Sekte oder gar eine Ausserirdische sei – weil es angeblich lange keine Fotos ihres Bauchnabels gab und man sie nie schwitzen sah. Einige Kommentatoren aus der linken Ecke fragten sich, ob gewisse ältere, konservative Männer so chauvinistisch sind, dass sie sich den Erfolg einer jungen, autonomen Frau – Swift ist dank ihrer Musik Milliardärin geworden und hat gerade ihren vierten «Album des Jahres»-Grammy gewonnen – nur mit Manipulation oder mit paranormalen Einflüssen erklären können.
«Mische dich nicht in die Politik ein!»
Allerdings muss man einräumen, dass auch Frauen öfters den Kompass verlieren, wenn es um Swift geht. So versuchte es die ehemalige Richterin Jeanine Pirro in der Fox-News-Show «The Five» auf die mütterliche Tour, indem sie besorgt fragte, ob Swift nicht riskiere, ihre Fans durch eine Parteinahme für Biden vor den Kopf zu stossen. Dann wurde sie allerdings resolut und sagte, direkt an Swift gewandt, mit drohendem Unterton: «Mische dich nicht in die Politik ein! Wir wollen dich da nicht sehen.» Eine anderer besorgte Kommentatorin, Charly Arnolt, ermahnte die Fans: «Glaubt nicht alles, was Taylor Swift sagt. Bitte!»
Fast schon rührend-dümmlich war die Behauptung, Taylor sei lesbisch, weil sie sich für die Rechte Homosexueller einsetzt. Eher bösartig war allerdings die Bemerkung des Rechtsaussen-Komikers Owen Benjamin, Kelce müsse schwul sein. Warum? «Kein Heterosexueller, der sich selbst respektiert, würde eine Frau im mittleren Alter daten, die dauernd auf Tour ist.» Swift ist 34. Solche Machosprüche sind möglicherweise nicht gerade die beste Strategie, um junge Wählerinnen für die Republikaner zu gewinnen. Zu dieser Geisteshaltung passt auch die in rechten Medien öfters geäusserte Vermutung, Swift habe es nur auf Kelces Geld abgesehen. Im Vergleich zu Swift ist Kelce arm.
Der subversive Kelce
Kelce ist allerdings auch ohne Swift ein rotes Tuch für viele Republikaner. Er erschien in Werbungen für Pfizers Covid-19-Impfstoff und für Bud-Light-Bier, das viele Konservative hassen und boykottieren, weil es in einer Kampagne mit einer Transgender-Influencerin beworben wurde. Auch unterstützt er die Black-Lives-Matter-Bewegung. Da die American-Football-Welt traditionellerweise nicht gerade als links gilt, wirken seine Statements umso provokativer.
Dasselbe gilt für Swift, die aus Tennessee und vom Country her kommt. Im Gegensatz zu den meisten andern Stars, die mit ihren Fans sowieso ein linksliberales Milieu teilen, traut man ihr zu, auch eher konservativ eingestellte Fans «abzuholen» oder «umzupolen». Das ist im Moment umso wichtiger, als sich der Wahlkampf vor allem auf parteiunabhängige Wechselwähler konzentrieren wird, insbesondere auch auf die jungen Frauen unter ihnen. Also genau jene, die Taylor anspricht. Das verleiht ihr, zumindest aus der Sicht von vielen besorgten Republikanern, eine geradezu überirdische Macht.