Ein Dozent am Institut verherrlichte den Grossangriff auf israelische Zivilisten. Die Universität zieht nun Konsequenzen.
Die Universität Bern zieht die Konsequenzen aus den Vorfällen, die sich nach dem Anschlag der Hamas am 7. Oktober am Institut für Studien zum Nahen Osten ereignet haben. Wie der Rektor Christian Leumann am Donnerstagmorgen vor den Medien sagte, wird das Institut in der bestehenden Form aufgelöst. Der Fachbereich soll komplett neu ausgerichtet werden. Die Fakultät hat den Auftrag, bis Ende dieses Jahres ein Konzept dafür auszuarbeiten.
Unmittelbar nach dem 7. Oktober hatte ein Mitarbeiter des Instituts den Anschlag als legitimen Akt «palästinensischen Widerstands» gefeiert. In einem Tweet nannte er ihn das «beste Geburtstagsgeschenk» und bedankte sich bei den Terroristen. Der Mitarbeiter, der zugleich der Ehemann der Institutsleiterin ist, wurde fristlos entlassen. Die Universität gab überdies eine externe Untersuchung in Auftrag, deren Resultat nun vorliegt. Die Leiterin des Instituts, Serena Tolino, erhält für die Führungsmängel eine Abmahnung und wird einer administrativen und fachlichen Aufsicht unterstellt.
Die Universität Bern verurteile jegliche Form von Gewalt und Diskriminierung, sagte Rektor Christian Leumann dazu. Dies beziehe sich in der gegenwärtigen Debatte ganz besonders auf religiöse Diskriminierung und insbesondere auf Antisemitismus. Postings wie die des ehemaligen Mitarbeiters seien inakzeptabel und würden unter keinen Umständen geduldet.
Starke Polarisierung
Mit der Auflösung und der Neuausrichtung des Instituts folgt die Universität Bern einer Empfehlung des Untersuchungsberichts. Das vom ehemaligen Rektor der Universität Basel Antonio Loprieno verfasste Papier stellt dem Institut und seiner Leitung insgesamt kein gutes Zeugnis aus.
Loprieno räumt ein, fachlich habe es sich in der wissenschaftlichen Welt auch international gut positionieren können. Zudem seien erfolgreich Drittmittel eingeworben worden. Allerdings herrsche am Institut eine starke Polarisierung, und bei vielen Mitarbeitern sei ein «menschliches Unbehagen» zu spüren. Es sei, so erklärten manche gemäss dem Untersuchungsbericht, weniger um Kompetenz, sondern mehr um die richtige Gesinnung gegangen – man habe in einem «ideologischen Korsett» arbeiten müssen.
Unter der nun abgesetzten Leiterin Serena Tolino seien Wissenschaft und Lehre völlig neu ausgerichtet worden, hält der Bericht fest. Unterstützt durch personelle Veränderungen, habe sich dadurch eine «methodologische Homogenität» ergeben. Ein wissenschaftliches Einheitsprogramm also, dem sich Studierende und Mitarbeiter fügen mussten. Auf die Breite von Themenangeboten sei ebenso wenig geachtet worden wie auf die Verschiedenheit der wissenschaftlichen Ansätze.
Wissenschaft und Aktivismus
Kritisch erwähnt der Bericht auch die Vermischung von wissenschaftlicher Arbeit und politischem Aktivismus. Die Einsicht, dass hier eine «proaktive Grenzziehung» notwendig sei, habe am Institut gefehlt. Mit anderen Worten: Forschung und politische Stellungnahmen waren in vielen Fällen nicht mehr zu unterscheiden.
Auch in diesem Punkt hat die Universitätsleitung unmissverständlich Stellung genommen: «Advocacy und politische Stellungnahmen haben an der Universität Bern keinen Platz», sagte der Rektor vor den Medien: «Forschung hat nach breit abgestützten wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen.» Wenn Forscher zu ihrem Gegenstand eine moralische Nähe hätten, müsse das thematisiert werden – und dies sei klar von der wissenschaftlichen Methodik abzugrenzen.
Die Philosophisch-Historische Fakultät der Universität Bern muss nun bis Ende Jahr Vorschläge für eine Neuausrichtung des Fachbereichs vorlegen. Die Rahmenbedingungen dafür sind von der Universitätsleitung klar gesetzt: Forschung und Lehre sollen inhaltlich erweitert werden, das Curriculum ist zu überprüfen. Der gesamte Fachbereich soll so gestaltet werden, dass Religion, Sprache und historische Perspektiven in Forschung und Lehre gleichermassen zu ihrem Recht kommen. Bis dahin ist das Institut der Aufsicht der Fakultät unterstellt.