Das neue Digitalgesetz DMA verpflichtet Apple, sein Betriebssystem iOS auch Dritten zur Verfügung zu stellen. Apple widersetzt sich, indem es Epic sperrt. Nun muss sich Apple vor der EU erklären.
Die Rückkehr des beliebten Videospiels «Fortnite» auf das iPhone könnte sich trotz den neuen EU-Regeln verzögern. Laut dem Digital Markets Act (DMA), der am Donnerstag in Kraft getreten ist, müsste Apple in der EU auf seinem Smartphone-Betriebssystem iOS neben dem eigenen App Store auch solche von Dritten zulassen. Fortnite-Entwickler Epic Games hatte angekündigt, davon Gebrauch machen zu wollen.
Doch nun hat Apple den dafür vorgesehenen Entwickler-Zugang von Epic gesperrt, wie der «Fortnite»-Entwickler am Mittwoch mitteilte. «Dies ist ein schwerwiegender Verstoss gegen den DMA und zeigt, dass Apple nicht die Absicht hat, echten Wettbewerb auf iOS-Geräten zuzulassen», schreibt Epic.
Der jahrelange Streit zwischen den beiden Unternehmen geht damit in die nächste Runde. Er dreht sich im Kern um die Gebühren von bis zu 30 Prozent, die App-Entwickler an Apple abgeben müssen, wenn sie eine Transaktion auf einer Apple-Plattform tätigen. Auch durfte man in den Apps bis anhin nicht auf alternative Zahlungsmöglichkeiten hinweisen. In den Augen von Epic schadet diese Praxis dem Wettbewerb.
Im Jahr 2022 wurden im App-Store Verkäufe im Umfang von 1,1 Billionen Dollar abgewickelt. Wie viel Geld Apple mit den dabei anfallenden Gebühren verdient, weist der Konzern nicht separat aus. Es dürfte sich aber um den grössten Teil der Einnahmen von Apples Dienstleistungssparte handeln. Die Sparte macht wiederum rund einen Fünftel des Gesamtumsatzes von zuletzt 383 Milliarden Dollar pro Jahr aus.
Streit um App-Store-Gebühren
Im Sommer 2020 – die Pandemie hatte die Welt fest im Griff und der Survival-Shooter «Fortnite» erfreute sich grosser Beliebtheit – schleuste Epic ein App-Update an Apple vorbei, um diese Gebühren zu umgehen. Fortnite-Spieler konnten dadurch Spiel-Inhalte kaufen, ohne dass Apple daran verdiente.
Der iPhone-Konzern warf Fortnite im Anschluss aus dem App Store. Epic zog dagegen in den Vereinigten Staaten vor Gericht, verlor aber in den meisten Streitpunkten. Apple musste einzig zulassen, dass Entwickler in ihren Apps auf Zahlungsmöglichkeiten ausserhalb des App Stores aufmerksam machen dürfen. Auch gegen Google reichte Epic aus ähnlichen Gründen Klage ein – bekam dort hingegen in einem ersten Urteil vollumfänglich recht.
Mit dem Start der DMA sah Epic nun die Chance, mit «Fortnite» in der EU auf iOS zurückzukehren. Dem hat Apple mit der Sperrung des Entwickler-Zugangs nun einen Riegel vorgeschoben. Epic bezeichnete den Schritt als Vergeltung für die scharfe Kritik von Firmenchef Tim Sweeney an Apples Umsetzung der DMA-Vorgaben. Er hatte die geplanten Änderungen als «Müll» bezeichnet und Apple vorgeworfen, damit den Wettbewerb bremsen zu wollen. Sweeney legte am Mittwoch nach und schrieb auf X, Apple versuche, App-Entwickler einzuschüchtern.
Thanks to everyone who is speaking up against Apple blocking Epic from competing with their App Store.
On PC, we’ve served over 270,000,000 customers, so the victims of Apple’s competition bans include hundreds of millions of future customers on iOS who are deprived of better…
— Tim Sweeney (@TimSweeneyEpic) March 6, 2024
Die neuen App-Store-Regeln, die Apple auf Druck der EU eingeführt hat, sehen weiterhin Transaktions-Gebühren vor. Je nach App Store und verwendeter Zahlungslösung sind diese unterschiedlich hoch. Für Entwickler, deren App über zwölf Monate mehr als eine Million Downloads verzeichnet, ist zudem eine «Kerntechnologie-Abgabe» von 50 Cent fällig.
Auch der Musikstreaming-Dienst Spotify kritisiert die neue Gebührenstruktur. So sagt die für Wettbewerb zuständige Spotify-Managerin Avery Gardiner, Apples Umsetzung erfülle «nicht einmal annähernd» die DMA-Vorgaben.
Epic sei «nicht vertrauenswürdig»
Apple begründet die Sperrung von Epics Entwickler-Zugang damit, dass das Unternehmen «nachweislich nicht vertrauenswürdig» sei. Das geht aus einem von Epic publizierten Briefwechsel zwischen den Firmen hervor. Apple hat demnach Zweifel, dass Epic seinen vertraglichen Verpflichtungen als Entwickler nachkommen wird. Laut einer Sprecherin habe Apple wegen früheren Regelverstössen ein gerichtlich bestätigtes Recht, Epic von seiner Plattform auszuschliessen. «Angesichts des vergangenen und aktuellen Verhaltens von Epic hat Apple beschlossen, von diesem Recht Gebrauch zu machen.»
Die EU-Kommission hat Apple am Donnerstag aufgefordert zu erklären, weshalb Epic von ausgeschlossen wurde. Bei einem Verstoss gegen die DMA droht eine Strafe von bis zu 10 Prozent des jährlichen Umsatzes. Laut einer Sprecherin werde auch geprüft, ob Verstösse gegen andere europäische Digital-Gesetze vorliegen. Anfang Woche verhängte die EU-Kommission bereits eine 1,8 Milliarden Euro hohe Busse gegen Apple, weil der Konzern seine marktbeherrschende Stellung im Bereich des Musik-Streaming ausgenutzt habe.
Apple wurde von der EU-Kommission als eines der sechs «Gatekeeper»-Unternehmen genannt, für die gemäss dem DMA striktere Vorgaben beim Wettbewerb gelten. Auch Google, Meta, Amazon, Microsoft und Tiktok gehören dazu. Das Gesetz soll für mehr Wettbewerb bei digitalen Diensten und bessere Chancen für neue Konkurrenten sorgen. Als Folge davon kündigte Meta zum Beispiel an, bei den Messaging-Diensten Whatsapp und Facebook Messenger eine Schnittstelle für andere Dienste zu öffnen.
Verbraucher in der Schweiz kriegen die Auswirkungen der EU-Regeln höchstens indirekt zu spüren. Während die Whatsapp-Öffnung auch in der Schweiz erfolgt, kommen die iPhone-Nutzer in der Schweiz nicht in den Genuss von alternativen App Stores.