Neue Zahlen zeigen, wie viel die Allgemeinheit mehr bezahlen muss, wenn nach der 13. Rente auch noch die Renten für Ehepaare erhöht werden. Linke Wunschvorstellungen sind geplatzt.
Das Geld wird verteilt, aber niemand weiss, woher es kommt: Sämtliche Rentnerinnen und Rentner der AHV im In- und Ausland werden ab 2026 eine 13. Rente erhalten, auch wenn das Sozialwerk deswegen Defizite macht. So hat es das Parlament entschieden, nachdem das Stimmvolk im März 2024 die Einführung einer zusätzlichen Monatsrente beschlossen hatte.
Zu der unangenehmen Frage, wie der milliardenschwere Ausbau finanziert wird, haben sich bisher weder Volk noch Parlament geäussert. Hinter verschlossenen Türen hat diese Woche die Sozialkommission des Ständerats darüber diskutiert, aber keine Entscheide gefällt. Somit verzögert sich die Finanzierung weiter, mit ersten Beschlüssen des Parlaments ist frühestens im Juni zu rechnen.
Aufschlussreich ist ein interner Bericht mit neuen Zahlen, den das Bundesamt für Sozialversicherungen im Auftrag der Kommission verfasst hat. Er zeigt, was die Folgen sind, wenn das Volk nach der 13. Rente auch noch den nächsten Ausbau beschliesst, der bereits in der Pipeline ist: die Erhöhung der AHV-Renten für Ehepaare, wie sie die Mitte-Partei mit einer Initiative verlangt. Sie will die Plafonierung der Renten von Verheirateten abschaffen. Auch hier geht es um mehrere Milliarden im Jahr, auch hier ist die Finanzierung unklar.
Der «Maillard-Plan»
Der neue Bericht zeigt, dass selbst Abgabenerhöhungen im Doppelpack nicht genügen würden. Konkret musste das Bundesamt einen Vorschlag von SP-Ständerat Pierre-Yves Maillard durchrechnen, seines Zeichens Präsident des Gewerkschaftsbunds und einer der Väter der 13. Rente.
Maillards Entwurf hat zwei Teile:
- Höhere Steuern: Nachdem die Mehrwertsteuer bereits 2024 für die AHV erhöht worden ist, soll sie noch einmal um maximal 1 Prozentpunkt steigen. Der Normalsatz betrüge 9,1 statt 8,1 Prozent.
- Höhere Lohnabzüge: Die monatlichen AHV-Beiträge, die zuletzt 202o erhöht wurden, sollen um höchstens 0,8 Prozentpunkte steigen, also von 8,7 auf 9,5 Prozent.
Es geht um viel Geld. Die höheren Lohnbeiträge brächten der AHV laut dem Bericht 4,2 Milliarden Franken im Jahr (alle Zahlen: Stand 2035). Aus der Mehrwertsteuer kämen 4 Milliarden. Das Amt geht dabei von der maximalen Erhöhung aus, wie Maillard sie festgelegt hat.
Somit müsste die Allgemeinheit jährlich 8,2 Milliarden Franken zusätzlich in die AHV einzahlen. Eine solche Erhöhung der Abgabenlast hat die Schweiz lange nicht mehr gesehen. Die Pensionierten müssten sich nur über die Mehrwertsteuer beteiligen. Für sie ist die Bilanz verlockend, weil die höheren Renten stärker ins Gewicht fallen.
Jüngere müssen mehr zahlen
Hingegen müssten Jüngere mit spürbaren Mehrbelastungen rechnen. Mit Zahlen des Bundes lassen sich die Dimensionen abschätzen. Für Paare mit mittleren Einkommen könnte die gesamte Belastung etwa 1400 Franken im Jahr betragen. Je nach Lohnniveau schwankt sie vom «untersten» bis zum «obersten» Fünftel der Paarhaushalte zwischen knapp 600 und 2600 Franken im Jahr. Diese Zahlen umfassen auch jene Hälfte der Lohnbeiträge, die formell von den Arbeitgebern bezahlt wird, die sie aber zumindest teilweise überwälzen können.
Die ernüchternde Botschaft: Laut dem Papier würden die vielen Milliarden nicht reichen, um die AHV im Lot zu halten, wenn auch noch die Renten von Ehepaaren erhöht würden. Das Ergebnis ist auf den ersten Blick paradox: Die Mehrkosten würden sich kumuliert auf 9,3 Milliarden Franken im Jahr belaufen, die höheren Einnahmen inklusive Bundesbeitrag auf 10 Milliarden.
Und trotzdem würde die AHV Geld verlieren. Ihr Fonds fiele laut dem Papier unter die gesetzliche Limite von 100 Prozent der jährlichen Ausgaben. Er läge im Jahr 2040, je nach zeitlicher Staffelung der höheren Abgaben, noch bei 77 bis 89 Prozent. Der Grund ist banal: Die AHV hätte auch ohne 13. Rente ein Finanzierungsproblem. Die Veränderungen der Demografie, vor allem die Pensionierung der Babyboom-Jahrgänge, erzwingen Reformen, die jetzt einfach noch umfangreicher ausfallen müssen.
Auch Baume-Schneider ist am Werk
Die Zahlen zum «Maillard-Plan» zeigen, wie teuer es wird, wenn die Ehepaare höhere Renten erhalten sollen – und die Erhöhung des Rentenalters weiter vertagt wird. Viele Optionen gibt es nicht. Mit einer Reform der Witwenrenten lässt sich nicht sehr viel sparen. Auch linke Wunschvorstellungen landeten dem Vernehmen nach in der Kommissionssitzung auf dem Boden der Realität.
Weder aus der Tabaksteuer noch durch die Verschiebung von Einnahmen der Arbeitslosenversicherung lassen sich für die AHV Mittel im grossen Stil beschaffen. Das gilt auch für die gewerkschaftliche Idee, vermeintliche Steuergewinne der Kantone abzuschöpfen. Zwar zahlen Pensionierte wegen der 13. Rente tatsächlich höhere Steuern. Wenn aber die Lohnbeiträge so stark steigen, wie dies gerade die Gewerkschafter fordern, zahlen die Jüngeren weniger – und die Kantone haben netto tiefere Einnahmen als heute.
Nicht nur die Sozialpolitiker des Ständerats brüten über der AHV, auch Elisabeth Baume-Schneider ist am Werk. Die Bundesrätin will im ersten Halbjahr Eckwerte der nächsten grossen Reform präsentieren. Ob und wie die beiden Vorlagen koordiniert werden, ist zurzeit so unklar wie fast alles.