Die meisten Viren richten im Herzen keinen Schaden an, so lautete bisher die Mehrheitsmeinung in der Medizin. Aber auch eine einfache Erkältung kann manchmal ein Vorhofflimmern auslösen. Bleibt die Frage: Muss einem das wirklich Sorgen machen?
Eine Erkältung, so war ich es bisher gewohnt, ist eigentlich eine vorübergehende Angelegenheit. Erst kratzt der Hals, dann kommt der Schnupfen, wenn man Pech hat, stellt sich auch noch Fieber ein, aber nach ein paar Tagen ist der Spuk stets vorbei.
Kaum ist das mittlere Lebensalter erreicht, ist es mit dieser angenehmen Gewissheit vorbei. Mit einer Erkältung können inzwischen auch richtig fiese Folgen verbunden sein. Das ist die ernüchternde Erkenntnis aus der Krankengeschichte eines Freundes.
Zunächst tauchte er nicht mehr beim gemeinsamen wöchentlichen Radausflug auf. Aus der einen Woche wurden zwei, dann drei, dann vier. Schliesslich stellte sich bei einem besorgten Anruf heraus: Aus der banalen Erkältung war ein Vorhofflimmern geworden.
Vorhofflimmern erhöht das Schlaganfallrisiko
Vorhofflimmern, schluck, so etwas will man nicht haben. Bei dieser Krankheit gerät der Teil des Herzens aus dem Takt, der das Blut aus dem Körper einsammelt und an die Hauptpumpstation, die Kammern, weiterleitet. Der Freund hatte nicht einmal gemerkt, dass er dieses Problem hat, bis ein vorsichtiger Arzt seinen Puls ertastete.
Eigentlich stellt der unrhythmisch schlagende Herzvorhof für den Organismus kein grosses Problem dar. Spürbar unangenehm wird die Krankheit erst, wenn die wirren elektrischen Impulse an die Kammern weitergeleitet werden und das ganze Organ rasen lassen.
Allerdings birgt das Leiden noch eine andere Gefahr. Im flimmernden Vorhof können sich Blutgerinnsel bilden, die ins Gehirn geschwemmt einen Schlaganfall verursachen können. Aus diesem Grund nahm der Freund inzwischen regelmässig Gerinnungshemmer ein.
Im jungen und mittleren Alter eigentlich eine Realität
Ab dem Alter von 70, 80 Jahren gerät der Vorhofrhythmus bei 10 bis 20 Prozent der Menschen durcheinander, vorher ist die Krankheit eher als Rarität zu betrachten – ausser man bekommt eben eine Viruserkrankung.
Früher ging die Medizin davon aus, eine solche Gefahr werde nur von ein paar besonders fiesen Erregern wie Coxsackie-Viren hervorgebracht. Erregern, die gezielt das Herzgewebe angreifen. Inzwischen weiss man: Fast jedes Virus kann das Startsignal für ein Flimmern sein. Manche Erreger wie die Influenza häufiger, harmlosere Erkältungsviren seltener.
Denn im Rahmen solcher Infektionen schütten die Abwehrzellen teilweise so grosse Mengen Entzündungsbotenstoffe aus, dass allein diese Überdosen das Herz durcheinanderbringen können. Vor allem, wenn noch andere Risikofaktoren vorhanden sind wie Bluthochdruck, ein hohes Alter oder eine entsprechende genetische Veranlagung.
Verschwinden die Viren, klingt auch das Flimmern ab
Die gute Nachricht: Meist beruhigt sich das Herz nach ein paar Tagen wieder. Mit dem Verschwinden der Viren klingen auch Entzündung und Flimmern ab. Misst man nach einem Jahr nach, schlägt bei 80 Prozent der Betroffenen das Herz wieder so, wie es schlagen sollte.
Ist der Vorhof nach 48 Stunden immer noch aus dem Takt, werden zur Sicherheit Gerinnungshemmer empfohlen. Danach kann man beruhigt abwarten. Auch bei meinem Freund schlägt das Herz inzwischen wieder, wie es soll, mit einer Ablation, einer kleinen Operation, wurde der Rhythmus wiederhergestellt. Wenn bei der nächsten Erkältung ein Arzt nach meinem Puls greift, bin ich gewarnt: Das kann Konsequenzen haben.
Bereits erschienene Texte unserer Kolumne «Hauptsache, gesund» finden Sie hier.