Nock war Zirkusjunge, Künstler, Extremsportler. In den letzten Jahren überschattete ein Gerichtsverfahren seine Karriere. Nun ist er im Alter von 59 Jahren gestorben.
Freddy Nock hat sich in seinem Leben Hunderte Male dem Tod ausgesetzt. Auf Zehenspitzen, ohne Sicherung und in einfachen Turnschuhen lief er auf dem Drahtseil der Bahn auf die Zugspitze, überquerte auf einem Seil die Taminaschlucht, erklomm auf den Tragseilen der Schwebebahn den Säntis.
Nun ist Freddy Nock, einer der bekanntesten Extremsportler der Schweiz, tot. Das bestätigte seine Ex-Frau dem «Blick». Er wurde 59 Jahre alt. Die Aargauer Kantonspolizei bestätigte seinen Tod auf Anfrage. Am Mittwochmorgen sei es in Uerkheim im Kanton Aargau, am Wohnort von Nock, zu einem Polizeieinsatz gekommen. Freddy Nock sei tot aufgefunden worden. Die Todesursache war zunächst nicht bekannt. Eine Straftat steht laut der Polizei «nicht im Vordergrund».
Im Zirkus aufgewachsen
Freddy Nock kam im Jahr 1964 in der Zirkusfamilie Nock zur Welt. Schon als Vierjähriger habe er sich im Balancieren geübt, sagte Nock im Jahr 2020 der «NZZ am Sonntag». Mit elf Jahren lief er das erste Mal über ein Hochseil. Für diese Kunst brauche es viel Selbstvertrauen, sagte Nock. Das habe er von seinen Eltern gelernt.
Den ersten Weltrekord stellte Nock im Jahr 1998 auf. Damals lief er auf einer Distanz von 734 Metern auf dem Tragseil der Signalbahn in St. Moritz. Es folgten 27 weitere Rekorde. Er war der erste ungesicherte Hochseilläufer, war der schnellste auf verschiedenen Distanzen und der, der am längsten auf einem Seil sitzen konnte: acht Stunden und dreissig Minuten nämlich, wie er 2018 in einem Luzerner Einkaufszentrum bewies.
Nock war ein Draufgänger, stets auf der Suche nach der nächsten grösseren Herausforderung. 2011 holte sich Nock in sieben Tagen sieben Weltrekorde mit Stunts in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Für seine Erfolge wurde er im ganzen Land und darüber hinaus gefeiert. Für Wettbewerbe reiste er mehrmals nach China, in Südkorea wurde er zum Weltmeister auf dem Hochseil gekürt.
Grobe Anschuldigungen
Es gibt zahlreiche Videos, die Nock auf dem Seil zeigen. Wie er in atemberaubender Höhe, eine meterlange Stange in der Hand, einen Fuss vor den anderen setzt. Wie er über das Seil spaziert, als gäbe es nichts Einfacheres. So kannte man ihn, so war er beliebt: als Tänzer, hoch oben auf dem Seil.
Unten auf dem Boden, im normalen Leben, aber haderte Nock in den vergangenen Jahren. Die Trennung von seiner Frau und der Sorgerechtsstreit um seinen Sohn wurden jahrelang öffentlich ausgetragen. 2019 musste sich Nock vor dem Bezirksgericht in Zofingen verantworten. Seine Ex-Frau hatte ihn angeklagt. Sie sagte, Nock habe 2013 versucht, sie mit einem Kissen zu ersticken. Im November wurde Nock zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 2,5 Jahren verurteilt.
Nock zog den Fall weiter und wurde im November 2020 vom Aargauer Obergericht freigesprochen. Nach den Verhandlungen sagte der Richter, das Paar habe eine toxische, von Gewalt geprägte Beziehung geführt. Für die Anschuldigungen aber gebe es keine Beweise.
Er erhielt eine Genugtuung in Höhe von 11 000 Franken sowie 12 000 Franken Entschädigung für entgangene Einnahmen. Doch der Schaden war bereits angerichtet: Als das Verfahren öffentlich wurde, hatte Nock zahlreiche Sponsoren und Aufträge verloren. Gleichzeitig nahm die Staatsanwaltschaft Zofingen ein neues Verfahren auf. Seine Frau warf ihm vor, sie vergewaltigt zu haben.
Nock zog sich zurück, plante keine Stunts mehr. Für 2024 aber hatte er grosse Pläne. Mithilfe eines Heissluftballons wollte er in einer Höhe von 5000 Metern auf einem Seil balancieren.