Manche Kochbücher schmücken nur das Küchenregal, andere sind viel zu kompliziert für den Alltag. Und dann gibt es die Exemplare, die wir immer und immer wieder zur Hand nehmen. Das sind die Favoriten der Redaktion.
«Anna Jones» gleicht in meiner Familie einem Zauberspruch. Keine Ahnung, was kochen? Anna Jones weiss es. Es braucht noch eine Beilage? Die Flatbreads mit griechischem Joghurt von Anna Jones tun es. Im Kühlschrank lagern schon lange Cherrytomaten? Anna Jones macht sie zu einer Sauce für ihre Ricotta-Gnocchi. Die britische Autorin ist zu Recht alles andere als ein Geheimtipp; sie schrieb jahrelang für den «Guardian», und auf dem deutschsprachigen Buchdeckel ihres 2017 erschienenen Werks «The Modern Cook’s Year» prangt ein Zitat von Yotam Ottolenghi.
Das Kochbuch (sie hat seitdem einige publiziert, darunter 2024 «Easy Wins») umfasst 250 Rezepte, alle vegetarisch und manche vegan. Sie sind geordnet nach den Jahreszeiten, in denen ihre Zutaten Saison haben, und werden mit kurzen, schönen Texten von Jones eingeführt. Ich entdecke beim Blättern immer wieder neue Rezepte.
Einige haben es in meine fixe Rotation geschafft: Die Flatbreads mit Harissa, Limette und Halloumi kommen immer gut an, und die Wintertomaten mit aufgeschlagenem Feta sind gerade jetzt eine willkommene Abwechslung. Die gebackenen Kartoffeln mit Buffalo-Blumenkohl haben mir meine Skepsis gegenüber Baked Potatoes genommen. Und dank Anna Jones’ zitronigen Spaghetti habe ich zum ersten Mal mit Krautstiel gekocht.
Denn als Person, die sich nicht als geborene Köchin bezeichnet und die nicht seit der Kindheit genau weiss, wann welches Gemüse geerntet wird, bringt mir das Buch diese Dinge näher, ohne überwältigend zu sein. Ausserdem fördert es mein Wunschdenken: Den «First Warm Days»-Abschnitt schlage ich am liebsten schon bei 9 Grad Aussentemperatur und einem einzigen Sonnenstrahl auf.
Kochbuchtipp von Jana Schibli:
«The Modern Cook’s Year» von Anna Jones
480 Seiten, 2019 auf Deutsch im Mosaik-Verlag erschienen, Fr. 42.90, etwa bei Orell Füssli.
Ich weiss, ich bin mit dieser Ansicht nicht allein, aber von allen Küchen der Welt ist mir die italienische die liebste. Patrizia Fontana, in ganz Zürich bekannt für ihre hausgemachten Ravioli, verkörpert die italienische Küche für mich wie keine andere. Seit 1989 führt sie ihren Spezialitätenladen im Kreis 6, später eröffnete sie an der Haldenbachstrasse ein Bistro. Vor zwei Jahren erschien Fontanas erstes Kochbuch «La Mia Cucina» mit ihren Lieblingsrezepten.
Wer solide Pastagerichte liebt, wird in «La Mia Cucina» fündig. Das Buch enthält 14 verschiedene Pasta- und Raviolirezepte – mein momentaner Favorit sind die Spaghetti mit Zucchetti, die durch das verquirlte Eigelb schön cremig werden. Neben Pastarezepten bietet das Kochbuch auch Fisch- und Fleischgerichte, viele schnell zubereitete Gemüsegerichte und eine grosse Auswahl an «dolci». Der Kastanienkuchen ist bei mir leider nicht so saftig geworden wie im Bistro «La Fontana», dennoch kann ich dieses Dessert sehr empfehlen.
Im Sommer greife ich gerne auf die vielen Rezepte für Antipasti oder Salate zurück, wie zum Beispiel den Blumenkohlsalat, den toskanischen Brotsalat «Panzanella» oder eine einfache Kombination aus Mozzarella di Bufala mit Rohschinken und Feigen.
Aufmerksam wurde ich auf das Buch durch Martin Suters Roman «Melody». Die italienische Köchin von Dr. Stotz zauberte ihm regelmässig die köstlichsten Menus, so dass mir beim Lesen jedes Mal das Wasser im Munde zusammenlief. In einer Danksagung am Ende des Romans wird das kulinarische Geheimnis gelüftet und darauf hingewiesen, dass die Rezepte aus «La Mia Cucina» als Inspirationsquelle für die Gerichte gedient hätten.
Mittlerweile ist das Buch für mich zu einem verlässlichen Begleiter im Küchenalltag geworden. Egal ob ich ein einfaches Gericht für die Woche suche oder mich am Wochenende an einem etwas aufwendigeren Menu versuchen möchte – die Rezepte von Fontana sind abwechslungsreich, kreativ und schmecken einfach gut.
Kochbuch-Tipp von Nina Fehr:
«La Mia Cucina» von Patrizia Fontana
284 Seiten, Echtzeit Verlag, 48 Franken, etwa bei Kitchener.
Kochen nach Rezept zählt nicht zu meinen Tugenden, habe ich es mir doch zur Angewohnheit gemacht, für ein bestimmtes Gericht im Internet kurz zu recherchieren und mich von den ansprechendsten Anleitungen inspirieren zu lassen. Müsste ich aber mein Lieblingskochbuch empfehlen, so wäre es dieses mittlerweile leider vergriffene Bijoux aus dem Bücherregal meiner Eltern: «Rezepte aus meiner Mühle», das die grosse Schweizer Kochbuchautorin und Gastronomiekritikerin Marianne Kaltenbach (1921–2005) anno 1979 publizierte.
In diesem Buch versammelt Kaltenbach 150 Gerichte als kulinarische Erinnerungen an ihre Reisen durch Frankreich und Spanien zu ihrem Ferienhaus, der Molino Mayola, einer Finca an der Costa Brava. Im Vorwort widmet die Autorin das Buch allen, die einfaches, aber gutes Essen lieben: «Es kann Ferienbuch sein für jene, die in den Süden reisen, aber auch zu Hause angenehme Erinnerungen wachrufen und an trüben Wintertagen etwas Sonne in unsere Stuben bringen.»
Im Gegensatz zu den meisten Kochbüchern von heute fehlen hier die sonst so üblichen üppig inszenierten Farbfotografien. Das lässt Raum für die eigene Vorstellungskraft und macht den Charme dieses Werks aus. Umso stimmungsvoller ist die Tatsache, dass jeder Buchstabe von der Autorin persönlich in klarer, schöner Handschrift niedergeschrieben wurde und ihr Mann Fritz Kaltenbach hübsche Illustrationen beisteuerte. Alles ist schwarz-weiss auf einem schönen écrufarbenen Papier mit weicher Textur als Faksimile gedruckt und wurde im Eigenverlag publiziert.
Das Buch ist in seiner Form nicht nur ein äusserst gelungenes Gemeinschaftswerk des Paares: Der Grafiker Fritz Kaltenbach schrieb im Klappentext, dass dieses Buch in seinem Grafikerleben eine der Arbeiten war, die ihm am meisten Freude bereitet hätten. Auch für mich ist es mit persönlichen Erinnerungen verbunden. Etwa an ähnliche Reisen nach Spanien, in den 1980er Jahren mit der Familie, von der Schweiz aus per Auto. Unsere Mutter kochte nach diesem Buch die leckerste Gazpacho Andaluz, in einer Zeit, als diese hierzulande noch nicht so bekannt war. Als Gegenleistung bat sie meine Schwester und mich, die Schwarz-Weiss-Illustrationen mit Farbstiften auszumalen.
Heute gibt es in diesem Werk nicht nur schöne, simple Gerichte zu entdecken – Siedfleischeintopf nach katalanischer Art, Chaussons du cardinal, ein Blätterteigkrapfen mit Roquefort-Käse, oder Desserts wie Manzanas a la Malvasia, Äpfel in Malvasier –, sondern auch Kaltenbachs persönliche Erlebnisse sind in die unbekümmerte Struktur des Buches eingestreut. Im hinteren Teil kommt aber die Professionalität der Autorin sichtlich zur Geltung, listet sie dort doch alle Rezepte nicht nur in einem Inhaltsverzeichnis alphabetisch auf, sondern in einer weiteren Liste auch nach Gerichtetypologie mit jeweiliger Weinempfehlung – alles minuziös von Hand verfasst. Einfach nur eindrücklich, rührend und total inspirierend.
Kochbuch-Tipp von Kim Dang:
«Rezepte aus meiner Mühle» von Marianne Kaltenbach
Das Buch ist vergriffen, aber in Antiquariaten oder auf Online-Marktplätzen wie Booklooker zu finden.
Dass Richard Kägi kein Freund der Zurückhaltung oder des Verzichts ist, wissen die Leserinnen und Leser seiner Texte längst. Der Food-Kolumnist, bekennende Epikureer und Olivenöl-Junkie lebt nach dem Motto: Genuss duldet keine Kompromisse. Genau diese Einstellung macht sein erstes und bisher einziges Kochbuch «Kägi kocht» zu meiner persönlichen kulinarischen Bibel: Es ist eine lustvolle Hommage an die Freude des Essens, die besten Zutaten und nicht zuletzt an das grüngoldene Elixier, ohne das er nicht sein könnte: Olivenöl. Das kommt nicht in homöopathischen Dosen in den Topf.
Die Rezepte sind raffiniert, aber machbar – selbst für Hobbyköchinnen und -köche ohne offene Feuerstelle in der Küche, wie sie Kägi in seinem Zuhause am Zürichberg hat. Das Buch ist nicht nach klassischen Kategorien wie Vorspeisen oder Hauptgerichten unterteilt, sondern nach Zutaten. Rind, Chili oder Mozzarella bekommen ein eigenes Kapitel, Äpfel, Kartoffeln oder Kapern werden mit derselben Hingabe behandelt wie edle Fleischstücke. Denn für Kägi, der nach einer Lehre als Maschinenmechaniker und einer als Kellner einen Nachtklub eröffnete und später – dreissig Jahre lang! – als Food-Scout für das Edelwarenhaus Globus tätig war, steht Qualität an oberster Stelle. Aus mittelmässigen Produkten entstünden keine grossartigen Gerichte, schreibt er.
Daneben erlegt er sich nur wenige Regeln auf. Der italienischen Küche ist er verfallen, sie bildet die Basis vieler Rezepte in seinem Buch. Doch seine Kreativität macht nicht halt vor Landesgrenzen; auch asiatische und kalifornische Einflüsse finden sich darin. Mein persönlicher Favorit: Pasta alla Salsiccia. Nicht irgendeine Wurst kommt mir in die Pfanne – nur die aus der Marcelleria Fulvi im Kreis 4. Auch eine Flasche erstklassiges Olivenöl gehört dazu. Kägi würde nichts anderes dulden. Dass dazu auch ein grosses Glas Wein gehört, versteht sich von selbst.
Kochbuch-Tipp von Sonja Siegenthaler:
«Kägi kocht. Rezepte für mehr Geschmack» von Richard Kägi
336 Seiten, 56 Franken, AT-Verlag.
«Selbstverständlich kommt meine Hefe mit ins Gepäck, wenn wir verreisen», schreibt Claudio Del Principe in seinem Kochbuch «A Casa» über seine Lievito Madre, seinen Sauerteig-Starter. Bliebe sie zu Hause, könnte die selbst herangezüchtete Kultur sterben. Denn einmal wöchentlich will sie mit Wasser und Mehl gefüttert werden. So verbringt sie die Nächte und Tage in den Minibars der Hotels.
Claudio Del Principes Mutterhefe, die er Bianca getauft hat, spielt bei vielen Rezepten im Kochbuch die Hauptrolle. Mit ihr kreiert der Basler wunderbar luftiges Sauerteigbrot, lässt knusprige Focaccia entstehen oder den Boden einer beispielsweise mit Mortadella belegten Pizza Bianca.
Die Rezepttexte lesen sich wie Tagebucheinträge. Anstatt einer einfachen Auflistung von Zutaten sowie Zubereitungsschritten sind sie angereichert mit persönlichen Erzählungen – wie etwa jener über die Mutterhefe – und Gedanken des Kochs. Und wie es sich für ein Tagebuch gehört, sind die Rezepte nicht in sonst für Kochbücher übliche Kategorien wie Vorspeisen, Hauptgänge und Desserts eingeteilt, sondern nach den Daten aufgeführt, an denen sie vom Basler Autor gekocht wurden.
So wohnt Saisonalität den Rezepten ganz natürlich bei. Im Januar gibt es etwa Blutorangensalat, im Frühling Fregola Sarda ai Frutti di Mare, im Sommer Tortellini mit einer Füllung aus gerösteten Paprika und Aubergine und Ende Jahr Brasato mit Bramata. Mein liebstes Rezept stammt aus dem Monat Mai: eine Rhabarbertorte mit einem Boden aus Mürbeteig, getoppt mit noch weicher Meringue.
Wer nach schnell zubereiteten Rezepten sucht, der wird in diesem Kochbuch nicht fündig. Neben der Lievito Madre ist nämlich besonders eine Zutat wichtig: Zeit. So findet sich in dem Kochbuch etwa ein Pastagericht, dessen Zubereitung insgesamt 36 Stunden dauert. Denn dafür müssen Platterbsen einen Tag lang eingelegt und eine Lammschulter sieben Stunden geschmort werden. Nur so könne sich der ganze Geschmack der Gerichte entfalten, schreibt Del Principe.
Das Kochbuch dient als Anregung, mehr Sorgfalt und Achtsamkeit in die Küche einziehen zu lassen. Allzu oft bleibt für die schönste Tätigkeit des Tages, das Essen, nämlich ohnehin schon zu wenig Zeit.
Kochbuch-Tipp von Claude Menzi
«A Casa» von Claudio Del Principe
320 Seiten, AT-Verlag, 49 Franken, etwa bei Einzigart.
Text: Claude Menzi