In Millionen von Haushalten in Chile ist am Dienstag der Strom ausgefallen, betroffen war ein Gebiet von rund 3000 Kilometern – Chiles Regierung hat daher das Militär eingesetzt. Betroffen sind auch die Kupferminen des Weltmarktführers in diesem Bereich.
bso. /(dpa/Reuters)
Ein praktisch landesweiter Stromausfall in Chile hat dazu geführt, dass die Regierung des südamerikanischen Landes am Dienstag (Ortszeit) aus Sicherheitsgründen eine Ausgangssperre verhängt hat. Sie gelte in den betroffenen Regionen von Arica y Parinacota im Norden bis Los Lagos im Süden zwischen 22 und 6 Uhr, teilte das Innenministerium mit.
«Unsere grösste Sorge gilt der Sicherheit der Menschen», sagte Innenministerin Carolina Tohá. «Wir wollen, dass niemand den Stromausfall ausnutzt, um Verbrechen zu begehen.» Zur Verstärkung der Polizei würden 3000 Soldaten auf die Strassen geschickt, um für Sicherheit zu sorgen, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Das betroffene Gebiet erstreckte sich zunächst über gut 3000 Kilometer. Rund 98 Prozent der Haushalte waren ohne Strom, berichtete die Zeitung «La Tercera». Inzwischen konnte bis gegen 22 Uhr am Dienstagabend (Ortszeit) laut staatlichen Angaben die Stromversorgung von einem Viertel der Kapazität wieder hergestellt werden.
Grösste Kupfermine der Welt ohne Strom
In einer Fernsehansprache an die Nation am späten Abend sagte der chilenische Präsident Gabriel Boric, dass 8 Millionen Haushalte betroffen seien, aber etwa die Hälfte von ihnen wieder mit Strom versorgt sei. Eine vollständige Lösung des Problems sei bis zum nächsten Morgen zu erwarten, hiess es vonseiten der Aufsichtsbehörde.
Der Ausfall bedeutete auch, dass die Stromversorgung der Kupferminen im Norden des Landes lahm gelegt wurde, was wiederum die weltweiten Metallmärkte erschütterte. Chile ist der grösste Kupferproduzent der Welt. Escondida, die grösste Kupfermine der Welt, war ohne Strom, wie eine mit der Angelegenheit vertraute Quelle der Nachrichtenagentur Reuters mitteilte.
Der staatliche Kupferproduzent Codelco bestätigte, dass alle seine Minen betroffen seien. Die Minen Chuquicamata, Andina, Salvador und El Teniente seien ohne Strom und die anderen Minen würden teilweise mit Notstromaggregaten betrieben, so Codelco.
Experte: «Atypischer Systemausfall»
Der Grund des Blackouts: In der Region Chico Norte sei eine Hochspannungsleitung unplanmässig vom Netz gegangen, teilte die Aufsichtsbehörde für die Stromnetze mit. Daraufhin seien weitere Leitungen abgeschaltet worden, was zu dem massiven Stromausfall geführt habe. Nach den genauen Ursachen werde noch gesucht. «Es gibt keinen Grund zu glauben oder anzunehmen, dass ein Anschlag dahintersteckt», sagte Innenministerin Tohá.
«Das ist ein aussergewöhnliches Ereignis, ein atypischer Systemausfall», sagte der Elektroingenieur Humberto Verdejo von der Universität von Santiago dem Radiosender Cooperativa. «Aufgrund des Umfangs und der Komplexität dürfte es lange dauern, bis die Stromversorgung wieder hergestellt ist.»
Die U-Bahn in der Hauptstadt Santiago de Chile stellte den Betrieb ein. Das Verkehrsministerium warnte die Autofahrer im Grossraum Santiago zur Vorsicht, da zahlreiche Ampeln ausfielen. «Es ist ein riesiges Problem, und wir versuchen, es so gut wie möglich zu lösen, aber wir können nicht zaubern», sagte Verkehrsminister Juan Carlos Muñoz im Radiosender Cooperativa.
Wegen des Stromausfalls wurde auch das wichtigste Musikfestival Lateinamerikas – das Festival Internacional de la Canción – in der Küstenstadt Viña del Mar unterbrochen. Die geplanten Auftritte von Morat und Sebastián Yatra sollen nun am kommenden Samstag stattfinden. Das populäre Festival ist eine Art lateinamerikanisches Pendant zum Eurovision Song Contest.