Die Frage ist nur: Braucht es das?
Der Weg in die Männerwelt führt über einen violetten Teppich. Die Männerwelt, das ist an diesem Wochenende die Messe «Man’s World» in der Halle 550 in Zürich Oerlikon.
Der Messebesuch beginnt für die meisten Besucher in der Bar vor der Ausstellung. Ein Barmann und eine Barfrau arbeiten hinter dem Tresen. Männer bestellen Bier, Gin, Pinot Grigio zum Apéro, es ist Freitagabend um halb sechs Uhr. Eingerichtet ist die Bar wie eine Mischung aus Baustelle und Lagerhalle. In hohen Regalen stehen alte Holzkisten, verstaubte Verkehrsampeln und leere Benzinkanister.
An den Tischchen stehen Männer in Slim-Fit-Anzügen. Andere tragen Jeans und karierte Hemden. Sie trinken Bier und beobachten das Treiben in der Bar. Sie stehen breitbeinig da, eine Hand lässig in der Hosentasche. «Wir wollen unter uns sein», sagt einer von ihnen. So wie früher. «Der Vibe ist ein anderer, wenn keine Frauen dabei sind.»
Eine Messe nur für Männer?
Die Veranstalter geben an, dass ein Drittel der 10 000 Tickets von Frauen gekauft würden. Doch an diesem Freitagabend sind nur vereinzelt Frauen da. Warum braucht es so einen Ort – in einer Welt, wo Männer auch im Fussballverein, im Männerchor oder in so manchen Geschäftsleitungen unter sich sein können?
Den Vergleich mit einem Männer-Sportverein lassen die Männer in der Bar nicht gelten. Klar, da trainierten sie auch ohne Frauen. Aber beim Sport gehe es nicht um Unterhaltung. Die «Man’s World» sei anders: Hier könne Mann etwas erleben.
Selfies vor dem Monster-Truck
In der Messehalle stehen Stände mit teurem Räucherfleisch und handgedrehten Zigarren. Man kann sich von einem Barber rasieren und von einem Schuhputzer die Schuhe polieren lassen. Einige Meter weiter kann man mit einem Hammer Nägel in einen Baumstamm schlagen. Man kann in einen Helikopter und in Bagger sitzen, Paintball spielen, Gin kosten und Uhren anprobieren, Hanteln stemmen, Rennauto-Games testen, an Flipperkästen flippern.
Und natürlich: Bier trinken und Burger essen.
Cheers! Ein Drittel der Besucher sind Frauen, sagen die Veranstalter der Männermesse.
Die «Man’s World» will mehr als eine Messe sein. «Wer hier reinkommt, soll etwas erleben und Neues entdecken können», sagt Kenneth Schollenberger, der Projektleiter der Veranstaltung. Schollenberger ist gross gewachsen und schlaksig, er trägt Anzughosen und eine Weste, dazu Lederschuhe. Er sagt: «Wir wollen wegkommen vom Bild des Mannes als reines Testosteronwesen.» Ein paar Meter neben ihm macht eine Gruppe junger Männer Selfies vor einem Monstertruck.
Die meisten Männer hier sind in Gruppen unterwegs, zu dritt, zu viert. Eine Gruppe aus dem Aargau erzählt, sie träfen sich jede Woche am Freitag auf ein Bier. «Aber hier gibt es auch noch Unterhaltung.» Die Bagger und die Barber-Produkte haben ihnen besonders gefallen. Dass die Messe für Männer ist, stehe für sie gar nicht im Zentrum. «Wir wissen einfach, dass es hier ein Angebot gibt, dass zu uns passt.» Und sie wollten in Ruhe etwas Zeit unter Freunden verbringen könnten.
Kaum jemand ist betrunken, Pöbeleien gibt es keine. Zwei Frauen sagen auf Nachfrage, sie fühlten sich wohl in der Halle. Im Ausgang sei das anders: Dort würden sie oft belästigt. An der «Man’s World» nicht.
Kinderwagen? Lieber nicht
Die Frauen, die an der Männermesse arbeiten, tragen Jeans oder Anzüge. Nur eine Verkäuferin erinnert an Hostessen, sie trägt ein kurzes Kleid und hohe Absätze. Die Veranstalter machen ihren Ausstellern klare Vorgaben. Alle müssen Bilder ihrer Stände einreichen, nackte Haut oder zweideutige Werbesprüche werden abgelehnt. Schollenberger sagt: «‹Sex sells› machen wir hier nicht.»
Und doch, sagt der Projektleiter der Veranstaltung: «Es kommen immer öfter kritische Fragen, viele wollen wissen: Warum macht ihr eine Männermesse?» Seine Antwort: «Die ‹Man’s World› ist ein Event für alle.» Viele der Produkte, die sie im Angebot hätten, seien nicht nur für Männer. «Auch eine Frau kann Freude an Fleisch oder einem Motorrad haben.»
Sie hätten sich auch schon überlegt, einen Stand mit Kinderwagen ins Angebot aufzunehmen. «Da ist aber das Problem: Kinderwagen wollen Männer mit ihrer Partnerin kaufen, nicht mit ihren Kumpels», sagt Schollenberger. Das lohne sich dann einfach nicht. «Einen Stand mit Kochherden haben wir aber schon, und der funktioniert gut. Das find ich cool.»
Am erwähnten Stand stehen tatsächlich immer wieder Männer – nicht so viele wie bei den Baggern. Aber das Interesse ist da. Daneben ist ein Stand eines Entwicklungshilfe-Projekts zu Trinkwasser eingerichtet. «Weil Männer auch nur mit Wasser kochen», lautet der Claim.
An der «Man’s World» kann man auch Gewürze, Raumdüfte oder Kochzutaten kaufen. Ein Aussteller betont, wie nachhaltig seine Tomatensaucen seien. Sein Angebot stosse auf Zuspruch, er sei schon das dritte Jahr hier. Männer kochten eben gerne.
Männer mit Glatze informieren sich über Haartransplantationen, Männer mit Haaren über Haargel. Einige Besucher verfolgen aufmerksam eine Zahnbürsten-Demonstration. Und gehen dann mit Shoppingtäschchen voller Männerprodukte nach Hause.
«Man’s World». Halle 550, Birchstrasse 150, 8050 Zürich. Samstag von 11 bis 23 Uhr, Sonntag von 11 bis 18 Uhr.