Basler Nachtlokale umgehen das Verbot der Abgabe von Lachgas an Partygänger. Eine Bar geht nun juristisch gegen die Einschränkungen vor.
Im November 2021 ist in Arisdorf ein 18-Jähriger bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Die Jugendlichen im Fahrzeug sollen zuvor Lachgas konsumiert haben. Lachgas ist in Schweizer Städten seit Jahren eine beliebte Partydroge. Sie wird hauptsächlich aus Ballons inhaliert und hat eine berauschende Wirkung.
Die Basler Behörden gehen seit einigen Jahren gegen den Verkauf von Lachgas in der Partyszene vor. Bereits 2021 wurde eine Bar mit einem Verkaufsverbot belegt. Der Kanton Basel-Stadt hat laut Medienberichten zudem beim Bundesamt für Gesundheit eine klare Regelung für Lachgas beantragt und strebt auf Bundesebene ein Verbot von Lachgas im Betäubungsmittelgesetz an.
Das Gesundheitsdepartement argumentiert mit den Risiken: Die Partydroge könne schwere Nervenschäden bis zur Paraplegie verursachen. «Es darf deshalb unmittelbar gestützt auf das Chemikaliengesetz nicht zu Inhalationszwecken an Konsumentinnen und Konsumenten abgegeben werden», schreibt das Departement auf Anfrage. Man habe mit seinen Entscheidungen also lediglich die geltende Rechtslage durchgesetzt.
Gefahr von bleibenden Schäden durch Nebenwirkungen
Auch das Gesundheitsdepartement warnt davor, dass Lachgas gefährlich sein könne. Mediziner weisen laut einem Bericht der «NZZ am Sonntag» auf schwere Nebenwirkungen des Lachgaskonsums hin.
Inhaliere man das Lachgas aus der Kartusche, könne es nebst Erfrierungen an Mund und Rachen auch zu Rissen im Lungengewebe kommen. Unter anderem Nerven und Rückenmark könnten durch das Gas beschädigt werden. Das äussere sich in Taubheitsgefühlen, Muskelschwächen oder auch Impotenz. Die Schäden können bleibend sein – in schweren Fällen könnten Betroffene ab dem Unterkörper gelähmt sein.
Basel-Stadt tut sich schwer damit, die Verbote durchzusetzen. Einige Bars und Geschäfte halten sich nicht daran. Die Behörden führten Ende 2022 Kontrollen in Bars und Klubs durch, welche bereits Abgabeverbote erhalten hatten. Dabei stellte sich heraus, dass zwei Betriebe die verfügten Verbote der Abgabe von Lachgasballons nicht eingehalten hatten. Die Kontrolleure stiessen zudem auf eine weitere Bar, die damit geschäftete.
Insgesamt hätten die Behörden 21 Industrielachgasflaschen und rund 40 kleinere Druckgaspackungen mit Ein-Liter-Inhalt beschlagnahmt, teilte das Gesundheitsdepartement Anfang 2o23 mit. Der Grund für die Schwierigkeiten beim Durchsetzen der Verbote ist das Geld. Laut dem Kanton können mit der Abgabe hohe illegale Gewinne erwirtschaftet werden.
Gericht stützt Gesundheitsdepartement
Lachgas ist bewilligungspflichtig, untersteht aber nicht dem Betäubungsmittelgesetz. Es wird unter anderem in der Medizin angewendet, etwa als Narkosemittel bei zahnärztlichen Behandlungen oder zur Schmerzlinderung bei Geburten. Oder als Treibgas für Rahmbläser.
Eine der von der Polizei kontrollierten Basler Bars wehrte sich gegen das Verbot der Abgabe von Lachgas und legte Rekurs gegen den betreffenden Entscheid des Gesundheitsdepartements ein. Die Bar argumentiert im Rekurs, Lachgas sei als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und damit auch als Lebensmittel zu qualifizieren.
Das Gesundheitsdepartement verweist derweil auf die im Chemikaliengesetz aufgestellte Sorgfaltspflicht. Wer mit entsprechenden Stoffen umgehe, müsse ihre gefährlichen Eigenschaften beachten und die zum Schutz von Leben und Gesundheit erforderlichen Massnahmen treffen.
Die Bar gibt ihren Kunden laut dem Gesundheitsdepartement zudem ein Merkblatt über die «Gefahren bei Lachgas» mit – und gestehe damit ein, dass die Industrielachgasflaschen nicht zur Inhalation durch Konsumenten gedacht seien. Auf dem Merkblatt wurde davor gewarnt, dass es zu Erfrierungserscheinungen an Lippen, Kehlkopf und Bronchien aufgrund der Kälte des Gases kommen könne, wenn man das Gas direkt aus dem Gasbehälter einatme. Somit stelle das Lachgas kein Lebensmittelfertigprodukt dar, argumentierte das Gesundheitsdepartement.
Das Appellationsgericht Basel-Stadt stützte diese Argumentation und gab dem Gesundheitsdepartement vollumfänglich recht. Die betroffene Bar zieht die Beschwerde nun vors Bundesgericht, wie «20 Minuten» zuerst berichtete.
Das Gesundheitsdepartement ist zuversichtlich. «Wenn das Bundesgericht die Beschwerde der Gegenpartei abweist und das Urteil rechtskräftig wird, dürfte dies eine schweizweite Ausstrahlung haben», schreibt es auf Anfrage. Damit würde das Verbot der Abgabe von Lachgas zu Inhalationszwecken, gestützt auf die geltende Chemikaliengesetzgebung, bestätigt werden. Letztlich könne das vielschichtige Problem des Konsums von Lachgas als Droge nicht einzig mit dem Chemikaliengesetz gelöst werden.