FCZ-Fans haben am Sonntag zum Protest aufgerufen. Statt seine Fans zu verteidigen, wäre es am Klub, ein Machtwort zu sprechen.
Am Sonntag trifft der FC Zürich im Letzigrund auf den FC St. Gallen. Die Südkurve wird dabei aber leer bleiben, der Sektor der Heimfans ist – nicht zum ersten Mal – gesperrt. Zürichs grüne Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart begründet den Schritt mit der Auseinandersetzung zwischen FCZ-Fans und der Polizei am Rand eines Auswärtsspiels in Genf, nachdem ein FCZ-Anhänger sich beim Stadioneingang der Kontrolle verweigerte.
Anstatt die Gewalteskalation zu verurteilen, kritisiert der Fussballklub Rykarts Entscheid. Nicht die Fans seien schuld an den Vorfällen Anfang Monat in Genf, sondern die dortige Sicherheitsfirma. Diese habe übertrieben agiert.
Auch in der Zürcher Stadtpolitik liess die Kritik an der Sektorensperrung nicht lange auf sich warten. Der Alternative Moritz Bögli nannte den Polizeieinsatz in Genf im Stadtparlament «unverhältnismässig». Zudem gehe es nicht an, für die Vergehen Einzelner Kollektivstrafen zu verhängen.
Die Südkurven-Fans ihrerseits haben am kommenden Sonntag zu einem Protestmarsch vom Hauptbahnhof zum Letzigrund aufgerufen – just am Tag des Zürich Marathon, der am HB vorbeiführt. Dass sie mit dem Protest anderen Sportlern den Anlass vergällen, nehmen sie bewusst in Kauf. Ihre Aktion betiteln sie provokativ «Kaskadenmarathon». Das allein sagt schon einiges darüber aus, wie es die «Südkürvler» mit der Solidarität so halten.
Karin Rykart selbst sagt, dass Sektorsperrungen keine perfekte Lösung seien. Das mag stimmen, dennoch geht die Argumentation vonseiten des FCZ und seiner Fans nicht auf.
Mal verschworene Einheit
Die Südkurven-Fans sind bekannt dafür, dass sie alles tun, um nicht als Individuen erkennbar zu sein. Die Fan-Uniform aus schwarzem Kapuzenpulli, blauen Jeans und weissen Turnschuhen lässt die Mitglieder der Südkurve zu einer anonymen Masse verschmelzen.
Die Fans treten bewusst nicht als Einzelpersonen auf, sondern als Gruppe, in der sie sich aufgehoben und stark zu fühlen scheinen. Man sieht sich als verschworene Einheit. Wenn man sich derart mit einer Gruppe identifiziert, muss man im Umkehrschluss auch akzeptieren, dass die Gruppe für den Unfug Einzelner kollektiv den Kopf hinhalten muss.
Das gilt insbesondere dann, wenn man sich allen Massnahmen verweigert, die eine Identifizierung von Einzelnen ermöglichen würden. So wäre es etwa ein Leichtes, personalisierte Tickets einzuführen, wie es beispielsweise bei Konzertveranstaltungen gang und gäbe ist. Für die Südkurve kommt das allerdings nicht infrage, sie droht mit dem Boykott der FCZ-Spiele.
Mal einzelne Chaoten
Der FCZ kuscht in der Angelegenheit vor seinen Fans. Man fürchtet wohl um die Ticketeinnahmen. Klubpräsident Ancillo Canepa macht mit Aussagen wie «Wenn eine Horde von fünfzig bis siebzig Deppen auf einmal durch ein Stadion stürmt, können wir doch nicht in die Verantwortung genommen werden» von sich reden. Wegen ein paar Chaoten gerate der Klub unverschuldet in Kritik.
Auch der Sicherheitsverantwortliche des FCZ, der grüne Stadtparlamentarier Luca Maggi, dessen Aufgabe es eigentlich wäre, für Sicherheit zu sorgen, hat seit seinem Antritt im Oktober 2023 keine Verbesserung der Situation bewirkt. Im Gegenteil. Der Jurist macht kein Hehl aus seiner Nähe zur Südkurve. Er wird mal als polizeikritisch, mal als polizeifeindlich beschrieben. Repressive Massnahmen zur Eingrenzung der Fangewalt lehnt er ab. Deren Ursache sieht er primär im angeblich provokativen Verhalten der Polizei.
Bei derart wenig Kooperation bleibt kaum ein anderer Weg, als den Sektor zu sperren, in dem die meisten Störenfriede stehen. Ja, das ist eine Kollektivstrafe, aber sie zielt auf ein bestimmtes Kollektiv. Schliesslich ist es die Südkurve, die gesperrt wird, und nicht etwa der Familiensektor.
Statt sich von den Fans auf der Nase herumtanzen zu lassen und mit dem Finger auf andere zu zeigen, wäre es am FCZ und insbesondere an deren Sicherheitsverantwortlichen, das zu tun, was mutmasslich im Jobbeschrieb steht: für Sicherheit sorgen und den Protestmarsch vom Sonntag mitten in der Stadt während einer anderen Grossveranstaltung zu verhindern.
Personalisierte Tickets würden die Fangewalt zwar nicht ausmerzen, aber es wäre doch zumindest auch von Klubseite her ein Signal an die «Deppen», dass die Fan-Uniform nicht vor Strafe schützt.