Das in der Herstellung von Steuerkomponenten für die Klima-, Heiz- und Lüftungstechnik tätige Unternehmen opfert Marge, um seine Wachstumsinvestitionen zu realisieren. Die Investoren halten den Aktien zu Recht die Treue, obwohl für das laufende Jahr eine weitere Margenschmälerung in Sicht ist.
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
Die Qualitäten des Gebäudekomponentenherstellers Belimo sind bekannt. Das wenig kapitalintensive Geschäftsmodell erlaubt es ihm regelmässig, ausserordentlich hohe Kapitalrenditen zu erwirtschaften. Die kostspielige Fertigung der sogenannten Feldgeräte – Steuerungsgeräte für die Gebäudetechnik – wird ausgelagert. Investiert wird in die Entwicklung, in die Verkaufsplattform und in den Kundendienst.
Im vergangenen Jahr, das ein vergleichsweise geringes Umsatzwachstum und leicht schwächere Margen brachte, erhöhte sich die Kapitalrendite gemessen am ROIC (Return on Invested Capital) um 170 Basispunkte auf 26,6%. Das auf organisches Wachstum setzende Geschäftsmodell funktioniert also bestens.
Hohe Bewertung als Belohnung
Die Börse belohnt dies seit Jahren mit überdurchschnittlichen Kursgewinnen und einer im Vergleich zur Konkurrenz stolzen Bewertung. Das vorwärtsgerichtete Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Aktien beläuft sich auf fast 40. Trotzdem erscheint es nicht übertrieben. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass dieses Erfolgsrezept auch in Zukunft viel Wert für die Aktionäre generieren wird. Vorübergehende Kursschwächen sollten als Einstieg für längerfristige Engagements in diesen Schweizer Qualitätswert genutzt werden.
Denn selbst die besten Firmen haben schwächere Phasen. Seit einiger Zeit sorgt die stockende Baukonjunktur für Gegenwind. Auch der fortgesetzt starke Franken ist für das Unternehmen eine Belastung, denn ein grosser Teil der Kosten fällt in Franken an, die Einnahmen jedoch vielfach in Fremdwährungen.
Charakteristisch für Belimo ist jedoch, wie das Management auf diese Herausforderungen reagiert. Mutig investiert es auch in Schwächephasen viel Geld in die Forschung und Entwicklung und tätigt Kapitalinvestitionen für den Ausbau der Kapazitäten. Ausserdem stellt es zusätzliche Mitarbeitende an, um das vermehrt auf die Beratung setzende Geschäftsmodell in den kommenden Jahren umzusetzen. Weil das nur zulasten steigender Löhne geht, drückt das kurzfristig auf die Margen. Nach rund 2,5% mehr in 2023 würde die Lohnsumme im laufenden Jahr um rund 4% steigen, erklärte der Finanzchef gegenüber Analysten und Medien. Mit einer selektiveren Rekrutierung könnten die Kostensteigerung unter Kontrolle gehalten werden.
In der Berichtsperiode wurden fast 100 neue Stellen geschaffen (2160 per Ende 2023). Der Anteil der Personalkosten erhöhte sich darum erneut auf 28,2%, rund 100 Basispunkte mehr als in den Vorjahren. Doch der Personalausbau fand vor allem im Ausland statt, was die Frankenabhängigkeit schmälern wird.
Investieren trotz schwachem Umfeld
Die Ausgaben in die Forschung und Entwicklung erhöhten sich 2023 um 22% auf 76 Mio. Fr. Der Anteil am Umsatz nahm dadurch auf 8,9% (i. V. 8,1) zu. Auch hier spart Belimo also nicht, weil es seine laufenden Wachstumsinitiativen unbeeinflusst von der konjunkturellen Verfassung in seinen Märkten umsetzen will. Es will bereit sein, wenn die Nachfrage wieder anzieht.
Dass solche Phasen vorübergehend zu unterdurchschnittlichen Resultaten führen, verunsichert das erprobte Belimo-Management offenbar nicht. Mit einem Umsatzwachstum von 7,2% auf 858,8 Mio. Fr. (in Lokalwährung) erreichte es im vergangenen Jahr den langfristig angepeilten Zielkorridor von 8-10% nicht.
Auch dieses Jahr wird das wohl nicht der Fall sein. Ein Wachstum in Lokalwährung von 7-8% ist für 2024 budgetiert. Zu den derzeitigen Währungsverhältnissen würde das in der Frankenrechnung eine Zunahme von 3-4% ergeben. 2023 waren es wegen der starken Heimwährung bescheidene 1,4%.
Auch was die Gewinnmargen betrifft, stellt Belimo für die neue Rechnungsperiode ein eher mageres Ergebnis in Aussicht. Die Ebit-Marge würde voraussichtlich um 50 bis 100 Basispunkte geringer als 2023 ausfallen, hiess es. Mit knapp 17% wäre dies für ein Industrieunternehmen indes weiterhin ein herausragendes Resultat.
Konzernchef Lars van der Haegen liess sich ob des Margenschwunds nicht aus der Ruhe bringen. In den vergangenen zehn Jahren sei die Ebit-Marge im Schnitt jährlich um 10 Basispunkte gestiegen. In Zeiten höherer Ausgaben wie jetzt seien Fluktuationen eben normal, sagte er.
Vertrauensbonus wirkt
Die Marktreaktion auf das wenig berauschende Jahresresultat und den zurückhaltenden Ausblick zeigt mir, wie viel Vertrauen das Belimo-Management in den vergangenen Jahren aufgebaut hat. Bei anderen Firmen hätte es wohl einen Kurstaucher gegeben – nicht jedoch bei Belimo. Die unterdurchschnittliche Kursentwicklung seit Anfang Jahr zeigt mir, dass sich der Markt auf die bescheideneren Zahlen bereits eingestellt hat.
Das Marktumfeld für das Unternehmen bleibt weiterhin erfreulich. Das Geschäft mit bestehenden Gebäuden, wo intelligente Steuergeräte Energiekosten senken und die Investitionen schon nach ein bis zwei Jahren eingespielt sind, geniesst eine robuste Nachfrage – und kompensiert die temporäre Schwäche im Neubausektor.
Hohe Preissetzungsmacht
Wie gut Belimos Marktposition ist, zeigt auch ihre hohe Preissetzungsmacht. Im vergangenen Jahr konnte sie die Preise um 9% erhöhen und so den um 6,3% gesunkenen Volumenrückgang mehr als kompensieren. Auch dieses Jahr hat sie die Preise bereits wieder leicht erhöht.
Der höhere freie Cashflow von 135,9 (91,2) Mio. Fr. unterstreicht die gesunde Mittelgenerierung auch in eher mageren Zeiten. Vielleicht enttäuscht die unverändert bei 8.50 Fr./Aktie gehaltene Dividende, eigentlich ging man von einer leichten Erhöhung aus. In der Vergangenheit waren es die Aktionäre gewohnt, dass praktisch der gesamte Jahresgewinn ausgeschüttet wird – dieses Mal sind es «nur» drei Viertel. Indes war das letztjährige Ergebnis durch einen steuerlichen Effekt von 17 Mio. Fr. beschönigt, der sich nicht wiederholen wird.
Freundlich grüsst im Namen von Mr Market
Giorgio Müller