Die über hundert Jahre alte Minenfirma ist Ziel des grössten je da gewesenen Übernahmeversuchs in der Bergbaubranche. Sie will nun auf das Energiewende-Metall Kupfer setzen.
Anglo American, ein strauchelnder Bergbaugigant, der den grössten je da gewesenen Übernahmeversuch in der Branche abzuwehren versucht, hat am Dienstag einen Plan vorgelegt, der die Aufspaltung des Unternehmens vorsieht. Mit dem Plan will Anglo American profitabler werden und sich auf zukunftsversprechende Geschäftsfelder konzentrieren. Im Zentrum stünde Kupfer – das Metall ist zentral für die Energiewende und deshalb begehrt. Weniger profitable Geschäfte mit Kohle, Nickel, Diamanten und Platin plant Anglo American dagegen abzustossen. Betroffen wären vor allem die südafrikanischen Teile von Anglo American – unter anderem die ikonische Diamantenfirma De Beers, mit der Anglo American seit fast einem Jahrhundert verbunden ist.
Anglo American legte den Restrukturierungsplan vor, nachdem der Konzern am Montag ein zweites Angebot der australischen BHP abgelehnt hatte. BHP bot 43 Milliarden Dollar, das erste Angebot im April war bei 39 Milliarden Dollar gelegen. Auch das zweite Angebot von BHP bewerte Anglo American als viel zu tief, hiess es am Montag in einer Medienmitteilung des Bergbaukonzerns.
Kupfer soll die Wende für Anglo American bringen
Die Übernahmepläne von BHP, der weltgrössten Bergbaufirma, zielen auf Kupferminen von Anglo American in Chile und Peru. Der Elektrizitätsleiter Kupfer wird unter anderem für Elektroautos, Windparks und Datenzentren benötigt. Der Kupferpreis ist stark gestiegen und dürfte weiter steigen, weil die bekannten Vorkommen der steigenden Nachfrage kaum gerecht werden. Werden grosse Kupfervorkommen gefunden, wie Anfang Jahr in Sambia, löst dies entsprechend Aufregung aus.
Der Plan zur Aufspaltung, den Anglo American am Dienstag vorgelegt hat, ähnelt stark den Plänen, die BHP für das Unternehmen hat. Der Plan von BHP sieht unter anderem vor, das Eisenerz- und das Platingeschäft in Südafrika abzustossen.
Laut dem Plan von Anglo American würde die Firma das Eisenerzgeschäft in Südafrika behalten, aber den Fokus stark auf Kupfer legen. Die nicht mehr erwünschten Geschäftsteile sollen bis Ende 2025 verkauft oder ausgelagert werden. Anglo American will so Kosten von 1,7 Milliarden Dollar sparen. «Wir erwarten, dass ein radikal vereinfachtes Geschäftsmodell nachhaltige, steigende Wertschöpfung bringen wird», liess der CEO Duncan Wanblad mitteilen. Investoren hatten sich eine Restrukturierung von Anglo American seit langem gewünscht – der Gewinneinbruch und das Übernahmeangebot scheinen nun den nötigen Druck bewirkt zu haben.
Anglo American hat im Februar eine Überprüfung seiner Geschäfte eingeleitet, nachdem der Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um 94 Prozent eingebrochen war – was unter anderem an tiefen Preisen für Nickel und Platin lag. Zudem musste die Firma ihre Förderprognosen nach unten korrigieren. Seit dem ersten Übernahmeangebot von BHP im April hat Anglo American auch Gespräche mit Investoren geführt.
Anglo American sorgt für Aufregung in Südafrika
Vor allem in Südafrika sorgen sowohl eine mögliche Übernahme von Anglo American als auch ein Umbau des Unternehmens für Aufregung. Anglo American wurde 1917 vom jüdisch-deutschen Auswanderer Ernest Oppenheimer als Goldförderer gegründet. Zusammen mit De Beers, bei dem Anglo American ab 1926 Mehrheitsaktionär war, bildete Anglo American während Jahrzehnten das Rückgrat der südafrikanischen Wirtschaft. Die Firma profitierte davon, dass das Apartheid-System ihr billige schwarze Arbeitskräfte verschaffte. Um 1990 halfen die Eigentümer von Anglo American aber mit, das Apartheid-System zu beenden. Anglo American beschäftigt in Südafrika noch immer mehr als 40 000 Personen. Der südafrikanische Staat ist über einen Investmentfonds der zweitgrösste Teilhaber des Unternehmens.
Die ungewisse Zukunft von Anglo American sorgt in Südafrika angesichts einer stagnierenden Wirtschaft und hoher Arbeitslosigkeit für Unbehagen. Anglo American ist auch ein Thema im laufenden Wahlkampf – am 29. Mai wählt die südafrikanische Bevölkerung eine neue Regierung.
Die Meinungen in Südafrika zur Zukunft von Anglo American sind nicht einhellig. Der Bergbauminister Gwede Mantashe hat erklärt, er lehne eine Übernahme von Anglo American ab. David Masondo dagegen, der Vizefinanzminister und Chef des staatlichen Investmentfonds, der 8,4 Prozent von Anglo American hält, sagte der «Financial Times» vergangene Woche, man habe noch keine Haltung zum Übernahmeangebot von BHP.
Ein definitives Übernahmeangebot von BHP dürfte in den nächsten Tagen folgen. Laut britischen Börsenregeln hat BHP bis zum 22. Mai Zeit dafür.