Weil sie Kreditanträge für Kunden manipuliert haben sollen, mussten mehrere Angestellte der Bank Now ihren Arbeitsplatz räumen. Betroffene sagen, sie hätten auf Anweisung ihrer Vorgesetzten gehandelt. Es ist nicht das erste Mal, dass die Bank in ein schiefes Licht gerät.
Fristlose Kündigungen sind in der Bankenwelt selten. Umso aussergewöhnlicher deshalb die Aussagen interner Quellen, wonach die Credit-Suisse-Tochter Bank Now in den letzten Wochen mehrere im Kundengeschäft tätige Mitarbeiterinnen fristlos entlassen hat. In der Folge wurden Filialen wegen Personalmangels geschlossen. Die Bank Now ist neben der Cembra Money Bank die grösste Schweizer Anbieterin von Konsumkrediten.
Hintergrund der Entlassungen ist offenbar eine interne Untersuchung der Credit Suisse, die sich derzeit in der Übernahme durch die UBS befindet. «In der Untersuchung stiess man offenbar auf manipulierte Budgets in Kreditanträgen», erzählt eine Bank-Now-Mitarbeiterin aus der Westschweiz. Mehrere Filialen seien inzwischen vorübergehend geschlossen worden, unter anderem in Bern, Basel, Luzern und Manno im Kanton Tessin. Die Stellen wurden teilweise neu ausgeschrieben, wie ein Blick auf die Website des Unternehmens zeigt.
Happige Vorwürfe
Die Credit Suisse kommentiert auf Anfrage der NZZ weder das Resultat der internen Untersuchung noch die genaue Zahl der Entlassungen. Sie schreibt: «Im Rahmen unserer globalen Prozesse gelten verbindliche Verhaltensregeln für alle Mitarbeitenden. Mögliches Fehlverhalten wird konsequent geprüft, und gegebenenfalls werden entsprechende Massnahmen getroffen. Einzelfälle kommentieren wir nicht.»
Die NZZ konnte mit mehreren entlassenen Mitarbeitenden sprechen. Sie wollen mit Blick auf die Suche nach einer neuen Stelle nicht namentlich zitiert werden.
Sie berichten von der internen Untersuchung durch die Compliance-Abteilung der Credit Suisse. Die Mehrheit der Kreditanträge, die von den Mitarbeitenden der Bank ausgefüllt wurden, wies laut dieser Untersuchung falsche Angaben auf. «Mir wurde im Gespräch vorgeworfen, Anträge bewusst falsch zugunsten des Kunden ausgefüllt zu haben», sagt ein langjähriger Mitarbeiter, der im Februar fristlos entlassen wurde.
Kreditanträge enthalten Daten und Zahlen zur Zahlungsfähigkeit der Kundschaft. Massgebend sind nebst dem Einkommen vor allem die Lebenshaltungskosten, allen voran die monatliche Wohnungsmiete, bestehende Schulden und Auslagen für den Arbeitsweg. Die Mitarbeiter in den Filialen der Bank Now füllen die Kreditanträge aus und schicken die Dokumentation zum Hauptsitz nach Horgen (ZH), wo die Kreditfähigkeit überprüft und der Entscheid über Kredithöhe und Rückzahlungsmodalitäten gefällt wird.
Der erwähnte Kundenberater wurde gemäss eigenen Aussagen in all den Jahren nie für seine Vorgehensweise gerügt und erst vor wenigen Monaten befördert. Er weist jegliches Fehlverhalten von sich. «Ich habe mich immer an interne Vorgaben gehalten», sagt er. Auch die Mitarbeiterin aus der Westschweiz sagt, dass sie und ihre Kolleginnen gemäss einem internen Handbuch zur «Optimierung zugunsten des Kunden» ermutigt worden seien. Als Beispiel nennt sie die Mietkosten. Dort habe man zum Beispiel oft Pauschalbeträge eingesetzt. «Mietverträge als Beleg mussten wir nur in Ausnahmefällen verlangen.»
Auf Anweisung der Vorgesetzten
Die Vorwürfe an entlassene Angestellte mit direktem Kundenkontakt ähneln sich: Sie hätten Kreditanträge so ausgefüllt, dass die ausgewiesenen Ausgaben tiefer seien als die tatsächlichen Lebenshaltungskosten. Die Mitarbeitenden, mit denen die NZZ gesprochen hat, sagen allerdings alle, sie hätten auf Anweisung ihrer Vorgesetzten und im Wissen der Zentrale in Horgen gehandelt.
Falls die Vorwürfe der gefälschten Kreditanträge zutreffen, stellt dies nicht nur eine Sorgfaltspflichtverletzung durch Bankangestellte dar, sondern einen Verstoss gegen das Konsumkreditgesetz. Denn Ziel des Gesetzes ist es, die Überschuldung von Privathaushalten durch Kredite zu verhindern. Es hält unter anderem die Pflichten von kommerziellen Kreditanbietern fest. Laut diesen ist die Bank verpflichtet, die Angaben des Antragstellers zu überprüfen und sich Budgets über Lebenshaltungskosten und Einnahmen belegen zu lassen.
Kenner der Branche dürften von der Nachricht über die zweifelhaften Geschäftspraktiken der Bank Now nicht überrascht sein. Vor einigen Jahren hatte die Schuldenberatung der Caritas auf fehlerhafte Kreditanträge hingewiesen und Anzeige bei der Bankenaufsicht Finma erstattet. 200 Verträge der Bank Now und der Cembra Money Bank, die zwischen 2012 und 2016 ausgestellt wurden, hatte die Caritas geprüft und dabei festgestellt, dass 97 Prozent aller gewährten Kredite aufgrund falscher Angaben in den Anträgen nicht hätten gewährt werden dürfen. Die Finma teilte nach Prüfung der Anzeige aber mit, dass sie kein systematisches Fehlverhalten habe feststellen können.
Die Schuldenberatungsstellen weisen immer wieder darauf hin, dass Konsumkredite von ihren Klienten nicht in erster Linie zur Finanzierung von Möbeln oder Ferienreisen aufgenommen werden, sondern für die Begleichung bereits existierender Schulden, wie etwa unbezahlter Steuern.
Mehrere Gerichte haben die Geschäftspraxis der CS-Tochter in deutlichen Worten kritisiert – zuletzt das Bundesstrafgericht. Denn die Bank Now war bereits in der Vergangenheit in einen bemerkenswerten Betrugsfall verwickelt im Zusammenhang mit der Finanzierung der tamilischen Rebellen, der Tamil Tigers. Die Bank Now hatte auf Grundlage von 214 fast identisch ausgefüllten Anträgen Kredite im Wert von jeweils über 65 000 Franken vergeben. Die Lohnausweise waren gefälscht. Die Richterinnen in Bellinzona warfen der Bank Now Sorgfaltspflichtverletzung und damit Mitverantwortung für den Betrug vor. Auch dieser Fall wurde bei der Finma angezeigt, doch die Aufsicht sah auch hier keinen Anlass für Sanktionen.