Die Korrelation zwischen Bitcoin und der Liquidität an den Finanzmärkten ist stärker als bei jeder anderen Assetklasse. Bedeutet der aktuelle Rückgang der Geldmenge ein Korrektursignal?
Die globale Geldmenge und Bitcoin: Man könnte sagen, es ist ein (fast) «perfect Match». Steigt die Liquidität im Finanzsystem, steigt auch Bitcoin. Fällt sie wiederum, dauert es meist nicht lange, bis auch Bitcoin unter Druck gerät. Lyn Alden, Analystin und Gründerin von Lyn Alden Investment Strategy, sieht in Bitcoin denn auch ein ideales globales Liquiditätsbarometer.
Die wichtigste Kryptowährung bewegt sich in etwa 83% aller Fälle (gemessen an allen verfügbaren 12-Monats-Zeiträumen) in die gleiche Richtung wie die globale Geldmenge M2. Damit ist die Korrelation stärker als bei jeder anderen bedeutenden Anlageklasse wie etwa Aktien, Anleihen oder Gold, schreibt Alden in einem im Herbst verfassten Blogpost.
Warum korrelieren Risk-Assets wie Bitcoin mit der globalen Liquidität?
Die globale Geldmenge M2 umfasst den geschätzten physischen Bargeldumlauf, die Sichteinlagen auf Bankkonten sowie kurzfristige Einlagen wie Sparkonten oder das Volumen von Geldmarktfonds. Einfach zusammengefasst bedeutet dies: Mehr Geld im System heisst, es steht mehr Kapital zur Verfügung, das in Bitcoin, Aktien oder in andere Anlagen fliessen kann.
Solange M2 steigt, erhält Bitcoin also Rückenwind – und diesen gab es zuletzt häufig. Doch in den letzten Monaten hat der Wind gedreht. Die globale Geldmenge M2 ist erstmals wieder deutlich zurückgegangen – zusätzlich stark befeuert durch die Dollaraufwertung, die für das Weltfinanzsystem einem Liquiditätsentzug gleichkommt (mehr zur aktuellen Dollarstärke hier).
Gemäss Raoul Pal, ehemaliger Goldman-Sachs-Manager und Makrostratege, läuft die globale Geldmenge M2 dem Bitcoinpreis im Durchschnitt zwölf Wochen voraus. Seit Anfang 2023 ist dieser Zusammenhang sehr schön ersichtlich, wie die Grafik der Woche zeigt.
Sollte sich das von Pal beschriebene historische Muster erneut bestätigen, dürfte Bitcoin in den nächsten Wochen und Monaten demnach unter Druck geraten.
Das ist die schlechte Nachricht.
Doch Pal, der eine langfristige Perspektive für Bitcoin empfiehlt, gibt gleichzeitig Entwarnung. Er zieht eine Parallele zwischen der aktuellen Hausse und jener, die sich zwischen 2016 und 2017 ereignet hat, als Bitcoin von 1000 auf 2000 $ stieg. Damals entwickelte sich die Liquidität ähnlich wie heute: Sie fiel, was sich jedoch nur als vorübergehende Verschnaufpause herausstellte. Anschliessend nahm die Geldmenge M2 wieder zu, was Bitcoin Rückenwind gab.
Doch was könnte eine Ausweitung der Geldmenge antreiben?
Gemäss den Autoren des in der Kryptoszene bekannten Newsletters «Milk Road» könnte die US-Regierung in der zweiten Jahreshälfte dafür sorgen, dass wieder mehr Geld ins Finanzsystem gepumpt wird. Während der Covid-Krise nahmen die USA erhebliche Schulden auf, von denen ein grosser Teil in der zweiten Jahreshälfte fällig wird. Um diese zu bedienen, könnte es erforderlich sein, dass die US-Notenbank (Fed) ein neues Programm zum Kauf von Anleihen starten muss, um der Regierung Liquidität bereitzustellen, die dann letztlich ins System fliesst.
Wie auch immer es kommt: Bei Bitcoin ist es besonders wichtig, sich von der Volatilität nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Historisch gesehen ist Bitcoin in jeder Hausse – trotz volatiler Ausschläge – mindestens um das 11-Fache gestiegen, bevor der Kurs anschliessend um 60 bis 80% korrigierte. Im aktuellen Fall hat sich Bitcoin «erst» versechsfacht – so betrachtet könnte vor dem nächsten starken Abverkauf noch Spielraum nach oben bestehen.