Unsere Leserin hat wiederkehrende Harnweginfekte. Sie will nicht ständig Antibiotika nehmen. Was ihr und anderen Betroffenen helfen kann.
Leserfrage: «Ich habe seit vielen Jahren ständig schmerzhafte Harnweginfekte. Ich nehme jeweils Antibiotika, welche sofort nützen. Aber gibt es nicht auch andere Möglichkeiten?»
Dieses Stechen in der Blasengegend. Und dann die Schmerzen beim Wasserlassen. Und zu allem Überfluss der ständige Harndrang – und doch kommt nur wenig Urin heraus. Aber der ist trüb und riecht übel. Was könnte es anderes sein: Es ist eine Harnweginfektion, auch bekannt als Blasenentzündung.
«Nicht schon wieder», denken sich manche Frauen in solch einer Situation. Denn bei einigen kommen die unangenehmen Beschwerden in regelmässigen Abständen vor. «Man spricht von chronisch wiederkehrenden Infekten, wenn eine Frau mindestens drei voneinander unabhängige Harnweginfekte innerhalb eines Jahres hat», sagt Stephan Roth, Professor für Urologie am Helios-Universitätsklinikum Wuppertal und Autor des Buchs «Blase gut – alles gut».
Er redet bewusst nur von Frauen, denn bei Männern sind Harnweginfekte sehr viel seltener. Das liege zum Beispiel daran, dass die Harnröhre des Mannes fast viermal länger sei als die der Frau. Die Bakterien schaffen den kürzeren Weg bis hinauf zur Blase im weiblichen Körper einfach viel öfter.
Bei manchen kommt das besonders häufig vor. Warum einige Frauen sehr anfällig für Blasenentzündungen sind, ist laut Stephan Roth wissenschaftlich nicht geklärt. Zumindest aber kennt er Lösungen für «die vielen Frauen, die sich ständig mit diesem Problem quälen», wie er sagt – und nennt drei besonders wichtige Massnahmen.
Wie Frauen einer Blasenentzündung vorbeugen können
- Für ausreichend Östrogene sorgen: «Die lokalen Östrogene in der Scheide sind entscheidend für die Abwehr von Bakterien», sagt der Urologe. Vor allem Frauen in der Menopause und danach haben einen Mangel an diesem Hormon. In Form von Vaginalzäpfchen oder Crèmes können Betroffene Östrogene direkt zuführen. In der Folge wird die Schleimhaut wieder kräftiger, und die Bakterien haben es schwerer auf dem Weg zur Blase. Zudem sorgt Östrogen dafür, dass vom Scheidengewebe Glykogen, also Zucker, gebildet wird. Das brauchen die Milchsäurebakterien als Energiequelle, um die schädlichen Bakterien zu bekämpfen.
- Viel trinken: «Lange wurde diskutiert, ob viel trinken zur Vorbeugung von Harnweginfekten geeignet sei», sagt Stephan Roth, «denn man ging davon aus, dass die natürlichen Abwehrstoffe gegen Bakterien im Urin dadurch zu sehr verdünnt werden.» Doch eine Studie aus dem Jahr 2018 hat gezeigt: Wer jeden Tag zusätzlich zu seiner gewöhnlichen Trinkmenge eineinhalb Liter Wasser trinkt, halbiert das Risiko einer Blasenentzündung.
- Methenamin einnehmen: Dieses Salz zerfällt im sauren Urin in Formaldehyd und Stickstoff. Das Formaldehyd hemmt den Stoffwechsel der Bakterien, sie können sich nicht weiter vermehren. Eine Studie aus dem Jahr 2022 zeigte, dass die vorbeugende Behandlung mit Methenamin die Zahl der Harnweginfekte ebenso stark senkte wie eine prophylaktische Behandlung mit Antibiotika. Formaldehyd gilt als krebserregend, allerdings nur dann, wenn es eingeatmet wird. Der Vorteil ist: Die Bakterien können keine Resistenzen dagegen entwickeln. «In angelsächsischen und skandinavischen Ländern weit verbreitet, ist es im deutschsprachigen Raum unverständlicherweise nicht zugelassen, und man muss es über eine Auslandsapotheke erwerben», sagt Stephan Roth.
Wie ein Harnweginfekt behandelt werden kann
Aber was ist, wenn es trotz den genannten und anderen vorbeugenden Massnahmen wieder einmal zu einer Infektion kommt? Reichlich trinken und Schmerzmittel einnehmen hilft in bis zu zwei von drei Fällen, die Linderung dauert aber länger als mit Antibiotika. Bekommt eine Frau ihre Blasenentzündung immer nach dem Geschlechtsverkehr, haben Studien gezeigt, dass die vorsorgliche Einmal-Einnahme eines Antibiotikums eine nachfolgende Entzündung der Blase in den meisten Fällen verhindert.
Haben Frauen immer wieder Infekte, rät Stephan Roth, ein aufgelöstes Antibiotikum über einen Katheter direkt in die Blase zu geben. «Fachleute bringen den Frauen bei, sich selbst zu katheterisieren. Das ist ein wenig umständlich, aber absolut schmerzfrei», sagt er. Der Vorteil: «Das Antibiotikum wirkt lokal in der Blase und verursacht keinerlei Nebenwirkungen sonst im Körper.»
Auch ein pflanzliches Arzneimittel kann hilfreich sein. Stephan Roth verweist auf ein Kombinationspräparat aus Tausendgüldenkraut, Liebstöckelwurzel und Rosmarinblättern. Es gebe Hinweise, dass es bei einer unkomplizierten Blasenentzündung ohne Begleiterscheinungen wie zum Beispiel Fieber helfen könne.