Lokaltipp in Zürich
Nachdem ein engagiertes und erfahrenes Team die «Blaue Ente» in der Mühle Tiefenbrunnen übernommen hat, ist Aufbruchstimmung zu spüren.
Früher war die «Blaue Ente» Kult. Gott und die Welt trafen sich in diesem Lokal in der Mühle Tiefenbrunnen. Dann hörte man nur noch wenig von ihr, und die Zahl meiner Bekannten, die dort zum Essen reservierten oder an der Bar auf einen Drink einkehrten, nahm ab. Woran das lag, kann ich nur vermuten, denn auch ich war, weil das Angebot ein bisschen langweilig klang, ewig nicht mehr da.
Bald werde ich wahrscheinlich wieder öfter gehen. Gerade eben hat nämlich Alex Hannemann mit seinem Team übernommen. Dass er dafür den «Schlüssel» im Seefeld verlassen hat, ist zwar bedauerlich, aber die neue Location bietet mehr Platz. Und auf die baldige Öffnung der Aussengastronomie freue ich mich.
Klassik und Neugier mischen sich
Wer die Speisekarte des Restaurants Schlüssel noch im Kopf hat, der wird sich wie zu Hause fühlen, denn das Prinzip bleibt bestehen. Eine eher kleine Auswahl, ein günstiges Mittagsmenu und auch abends Preise, die einen nicht leer schlucken lassen. Dass Hannemann und Co. indes bei den Zutaten sparten, ist nicht zu vermuten. Ich vermute, dass sie einfach clever wirten und Klassiker mit Neugier verbinden.
Mit in die neue Location gewechselt ist der Kader. Die Servicechefin Andrea Birrer brachte, freundlich und speditiv, Räuschling von Schwarzenbach, der Küchenchef Niclas Ohrmann sorgte für eine mit Milken und Aal gefüllte Blätterteigpastete, die schön angerichtet war und prima schmeckte. Gut, man kann diskutieren, ob die Sauce auf den Teig gehört oder lieber daneben, aber das sind Feinheiten.
Fisch aus dem Zürichsee
Schön auch, dass auf der Abendkarte Speisen wie Suprême von der Wachtel stehen (dazu Erbsenschaum und Linsen-Birnen-Salat), dass man hausgebeizten Lachs mit La-Ratte-Kartoffel bestellen und anschliessend Waldpilztagliatelle mit caramelisierten Baumnüssen erbitten darf. Den allen «Schlüssel»-Gästen zur Gewohnheit gewordenen Kalbshackbraten mit Sherryrahmsauce und Kartoffelstock gibt es auch weiterhin.
Unsere Eglifilets mit Pastinakenpüree und Krautstielgemüse gelangen so, wie sie nicht überall gelingen: ein gutes Produkt, von einem Zürichseefischer geliefert und nur so lang wie nötig gegart. Statt Schokomousse und Crèmeschnitte von der Tafel zu nehmen, bestellten wir anschliessend den saftigen Bananenkuchen als Mini-Dessert im Becher.
Die Weinkarte gehört zur Zürcher Spitze
Was die neue «Blaue Ente» auszeichnet, ist neben der Küche die Leidenschaft fürs Gastgebertum. Der Patron selbst kümmert sich um die Gäste, hält da einen Schwatz, empfiehlt hier einen Wein. Apropos Getränke: Diese sind seit langem eine Stärke des Teams. Was sich bereits bei den auf der Karte verzeichneten Offenweinen erkennen lässt.
Doch da wären ja noch die richtige Weinkarte und die Empfehlungen des Chefs. Reife Schweizer Weine sind reichlich vorhanden, es gibt erstklassigen Champagner, für den man nicht die Welt zahlen muss, und Raritäten von Deutschland bis Rioja. Überteuert wirkt nichts. Auch nicht das Bar-Food, das mit hausgemachtem Hummus, dem gerösteten Markbein oder Gewürzgurken mit Spicy Mayo erneut Kreativität zeigt. Also, nichts wie hin!
Auf einen Blick
Adresse
Restaurant Blaue Ente
Mühle Tiefenbrunnen
Seefeldstrasse 223
8008 Zürich
Preise
Hauptgerichte kosten etwa zwischen 32 und 48 Franken, das Mittagsmenu (inklusive Suppe oder Salat) zirka 30 bis 34 Franken.
Bewertung
Küche: 7/10
Gastkultur: 8.5/10
Anmerkung: Die Bewertungen orientieren sich an der denkbaren Höchstnote von 10 Punkten. Die Note für die Küche betrifft ausschliesslich die Qualität der Speisen, jene für Gastkultur umfasst sämtliche übrigen Aspekte eines Restaurantbesuchs.