Ideen vom Laufsteg
Das beliebte Frühlingsmotiv dominiert die gegenwärtigen Kollektionen. Und hat durchaus noch das Potenzial zu überraschen.
Manche Filmsätze prägen sich so sehr ins kollektive Pop-Kultur-Gedächtnis ein, dass sie zu universalen Wahrheiten aufsteigen. Für Modefans fällt vor allem ein Satz der fiktiven Chefredakteurin Miranda Priestly aus dem Film «Der Teufel trägt Prada» in diese Kategorie. «Blumen? Im Frühling? Bahnbrechend», sagt die eiskalte Hauptfigur, gespielt von Meryl Streep, so nüchtern wie gelangweilt an einer Stelle im Film.
Der Satz wird immer wieder hervorgeholt, und so auch jetzt: Schliesslich gehören Blumen zu den grössten Modetrends der gegenwärtigen Frühlingskollektionen. Bahnbrechend? In manchen Fällen auf jeden Fall. Denn so traditionell und klassisch Blumenmotive in der Mode als Motiv sein mögen, viele Designer lassen sich durchaus neue Wege einfallen, um florale Schönheit abzubilden und zu interpretieren. Fünf Beispiele, wie man mit Blumen in diesem Frühling überraschen kann.
1. Im Grossformat
In eine Blume haben sich die Marken besonders heftig verliebt: die Rose. Die wohl romantischste aller Blumen dominiert nicht nur hinsichtlich der Häufigkeit, mit der sie in den Kollektionen auftaucht, sondern auch hinsichtlich ihres Formats.
Bei Alexander McQueen breitet sich eine einzige riesige Rose inklusive Stiels über ein ganzes Kleid oder über einen Blazer aus. Der Londoner Designer David Koma hat sich ebenfalls für die Solo-Rose als Print entschieden und taucht sie allerdings in neongrüne Farbe. Auf diese Weise kommt die lange, schmale Silhouette der Rose besser zur Geltung, was gut zu Kleidern mit schmalem Schnitt passt.
2. Das Kleid als Vase
Zugegeben, praktisch ist die Idee nicht, aber inspirierend durchaus: Simone Rocha und Jun Takahashi, Designer hinter dem Label Undercover, arbeiteten für ihre Modenschauen echte Blumen in ihre Entwürfe ein. Bei Rocha schimmerten langstielige Rosen durch transparenten Organza hervor: Die Designerin hatte sie bündelweise an die Corsage und an den Rock eines Kleides befestigt.
Dass man das wirklich tragen kann, hat schon die Schauspielerin Rosamund Pike bewiesen – die Britin erschien in dem Look bei einer Party der Baftas im vergangenen Februar. Das Kleid erinnert auch ein wenig an Ballettuniformen, ebenso wie die Variante von Undercover. Dort wurde der Rock eines weissen Bustierkleides aus Tüll zum Terrarium umfunktioniert, in dem beleuchtete Rosen aufbewahrt wurden.
3. Floral verknüpft
Wie wäre es, wenn Blumen einmal nicht auf der Oberfläche sässen, sondern die Struktur des Kleides selbst bildeten? Diese Frage hat sich der Kreativdirektor von Valentino Pierpaolo Piccioli gestellt, und die Antwort fällt beeindruckend aus. In der neuen Valentino-Kollektion bestehen Kleider, Tops und sogar Ledermäntel oder Jeans aus miteinander verknüpften Blumen, die eine netzartige Struktur bilden.
Das sieht aus wie ein kunstvolles, blumiges Relief und ist dank den geraden, unkomplizierten Schnitten trotzdem leicht zu tragen. Etwas weniger raffiniert und dafür umso üppiger ist die Interpretation von Balmain: Um ein Minikleid mit einer Gitterstruktur ranken sich Lackrosen mit hellblauen Stielen und Blättern.
4. Gut getarnt
Was wie eine Blume aussieht, muss nicht unbedingt eine Blume sein. Das suggeriert die neue Kollektion von Marni, für die der Chefdesigner Francesco Risso Blumen aus alten Dosen formen und diese bemalen liess. Die Metallblumen werden zu einer Art wildem Beet zusammengefügt und ergeben ein Kleid, aus dem alles Mögliche zu wachsen und zu spriessen scheint. Bei anderen Looks werden Ausschnitte von Blumen, die aus einem Pflanzenbuch stammen könnten, collagenartig miteinander verklebt.
5. Wie gemalt
Schnelle Pinselstriche, psychedelische Farben: Chanel ist berühmt für sein ikonisches Kamelien-Motiv, das schon zu Coco Chanels Zeiten zu ihrem Markenzeichen wurde. In der neuen Frühlingskollektion sieht die Blume jedoch weniger rund und geometrisch aus wie sonst, sondern durch eine wie gemalt aussehende Optik lebendig und zerfranst.
Die Verfremdung nimmt ihr die Lieblichkeit und Sanftheit, die brave Blume wirkt plötzlich ungezähmt und wild. Virginie Viard setzt sie grosszügig ein, breitet sie auf Hosen, Overalls und Jacken aus. Ob man Blumen im Frühling nun bahnbrechend findet oder nicht: So interpretiert bleiben sie in jedem Fall nicht unbemerkt.