Das von einem Zulieferer bezogene Bremssystem funktioniert mangelhaft, deshalb werden 1,5 Millionen BMW-Fahrzeuge in die Werkstatt zurückbeordert. Zudem wird die Auslieferung von Neuwagen gestoppt. Die Folge sind hohe Garantiekosten und ein schwächeres Jahresergebnis.
Widersprüchlich sind die Signale, die der deutsche Autobauer BMW derzeit aussendet. Anfang September verkündet der Konzern den Wiedereinstieg in den Bau von Wasserstoffautos mit Brennstoffzelle, verbunden mit hohen Investitionen. Tage darauf zeichnet das Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach den Hersteller als weltweit innovativsten Automobilkonzern aus, noch vor den grossen chinesischen Firmen.
Was die BMW Group nun aber bekanntgibt, ist ein herber Rückschlag für die Kernmarke. Aufgrund eines nicht in allen Fällen einwandfrei arbeitenden Systems eines Zulieferers müssen mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten zurückgerufen werden. Hinzu kommen Auslieferungssperren für noch nicht an Kunden übergebene Fahrzeuge, deren Bremssysteme ebenfalls überprüft werden.
Elektronische Bremse ohne Seilzug
Bei der fehlerhaften Komponente handelt es sich um das Integrierte Bremssystem (IBS). Es wurde vom Zulieferer Continental bezogen, stammt also nicht ausschliesslich aus eigener Entwicklung. Betroffen sind laut Konzern und dem deutschen Kraftfahrbundesamt zehn BMW-Baureihen, ein Alpina-BMW, zwei Mini-Modelle sowie ein Rolls-Royce-Modell. Alle Autos stammen aus dem Herstellungszeitraum Juni 2022 bis 2024.
Continental bestätigt den Rückruf: «Grund dafür ist ein elektronisches Bauteil, dessen Funktionsweise möglicherweise beeinträchtigt ist.» Es könne in Einzelfällen dazu führen, dass betroffene Bremssysteme auf ein Notprogramm zurückgreifen müssten.
Das IBS funktioniert ohne Seilzug zwischen Bremspedal und Bremse am Rad, man spricht von «brake by wire», einem elektronischen System ohne mechanische Verbindung zu den Bremszangen und -belägen. Bei solchen Systemen gibt es stets eine sogenannte Rückfallebene, die nach dem Auftreten eines Fehlers das Abbremsen des Fahrzeugs weiterhin ermöglicht, wenngleich nicht mit voller Bremsleistung. Der Zulieferer versichert aber, dass die Bremsleistung dennoch deutlich über den gesetzlich geforderten Standards liege.
Inzwischen gibt es offenbar eine Diagnose-Software, die früh über eine eventuelle Beeinträchtigung informiert. Ausgetauscht werden müssten gemäss Continental in den betroffenen Autos die Technik. Man gehe aber davon aus, dass dies nur für einen geringen Anteil der ausgelieferten Bremssysteme tatsächlich nötig sei.
Enorme Auswirkungen auf den Geschäftsgang von BMW
Selbst wenn BMW das anfällige Bremssystem nicht eigenständig entwickelt hat, sind die negativen Folgen aus Rückruf und Auslieferungssperren für die geschäftliche Entwicklung des Konzerns erheblich. Die BMW Group spricht von im dritten Quartal 2024 anfallenden zusätzlichen «Gewährleistungskosten in hoher dreistelliger Millionenhöhe.»
Ein zusätzlicher Druck auf den Erfolg des Münchener Konzerns ergibt sich nach Angaben des Konzerns im angeschlagenen China-Geschäft. Die dort «weiterhin gedämpfte Nachfrage» wirke sich auf das dortige Absatzvolumen aus. Dort halte die Kaufzurückhaltung trotz Stützungsmassnahmen der chinesischen Regierung weiter an.
Als Folge der schlechten Nachrichten passt die BMW Group nun ihre Prognose fürs Geschäftsjahr 2024 an. Anstelle eines leichten Anstiegs bei den Fahrzeuglieferungen an Kunden prognostiziert der Konzern nun gegenüber dem Vorjahr einen leichten Rückgang. Die EBIT-Marge für 2024 senkt BMW nun von zuvor 8 bis 10% auf 6 bis 7%. Dabei werde das dritte Quartal insgesamt deutlich stärker betroffen sein als das vierte.
Korrekturen nach unten bringt der Konzern zudem im Bereich der Motorräder an, da die Markt- und Wettbewerbssituation in den Kernmärkten wie China und USA angespannt sei.
Im Konzernergebnis vor Steuern rechnete die BMW Group ursprünglich mit einem leichten Rückgang gegenüber 2023, nun aber werde es «deutlich zurückgehen.» Die Quartalsergebnisse und die angepasste Jahresprognose will BMW Anfang November bekanntgeben.