Der deutsche Parfümhändler strebt an den Aktienmarkt. Mit begrenztem Wachstumspotenzial – und hohen Schulden.
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
Neuzugänge können die Börse bereichern. Wenn spannende Geschäftsmodelle für Anleger zugänglich werden, die es bisher am öffentlichen Markt noch nicht gab. Oder wenn stark wachsende Unternehmen frisches Kapital für ihre rasche Expansion suchen.
Am 12. März hat die Zeichnungsfrist für die Aktien der deutschen Parfüm-Handelskette Douglas begonnen. Die Euphorie darüber dürfte jedoch enge Grenzen kennen: Denn an Einzelhändlern herrscht an den Weltbörsen kein Mangel, auch an solchen mit passablem E-Commerce-Geschäft. Und profitables Wachstum ist ebenfalls nicht erkennbar. Im Geschäftsjahr 2023 steigerte Douglas den Umsatz zwar um mehr als 11%, jedoch bei einem Jahresüberschuss nur knapp über der Nulllinie. Das sind herausfordernde Bedingungen für einen durchaus ambitionierten Börsengang, am beachtlichen angepeilten Börsenwert gemessen.
Verkäufer von Douglas sind die Private-Equity-Gesellschaft CVC (Aktienanteil: 85%) und die Alteigentümer-Familie Kreke (15%). Gekauft hatte CVC das Unternehmen 2015 von der Beteiligungsgesellschaft Advent, die wiederum Douglas 2013 mit Unterstützung der Krekes von der Börse genommen hatte. Die Haltedauer von neun Jahren ist für eine Beteiligungsgesellschaft wie CVC bereits ungewöhnlich lang. Meist sind diese Fonds bestrebt, Portfoliounternehmen binnen fünf bis sieben Jahren weiterzuverkaufen – was hier offenbar nicht gelungen ist.
Die mehrfachen fremdfinanzierten Übernahmen haben tiefe Spuren in der Bilanz hinterlassen. Auf Douglas lasten Schulden von fast dem Fünffachen des bereinigten Ebitda-Gewinns. Zusammen mit den Mieten für die Läden («lease liabilities») zehren die Zinszahlungen die Nettokapitalflüsse aus dem operativen Geschäft auf.
Für Douglas wäre es daher vermutlich schwierig, die Schulden aus eigener Kraft deutlich abzubauen. Auch ein erneuter Weiterverkauf an eine dritte Private-Equity-Gesellschaft erscheint unrealistisch, weil der Käufer dem Unternehmen kaum noch weitere Schulden aufbürden könnte.
Wie schwer Douglas an den bestehenden Schulden zu tragen hatte, zeigt die Kursentwicklung der so genannten PIK-Notes. Das sind Verbindlichkeiten, bei denen die Zinsen üblicherweise zum Rückzahlungswert addiert und erst am Ende der Laufzeit geleistet werden.
Für Douglas und seine Alteigentümer käme das frische Geld der Neuaktionäre also zur rechten Zeit. Die Hoffnung auf Emissionserlöse von der Börse hat den Kurs der PIK-Notes schon seit dem Herbst kräftig in die Höhe getrieben. Aber lohnt das Debüt der Douglas-Aktie auch für neue Investoren?
Beim Blick auf die Geschäftszahlen eines Börsenaspiranten ist stets Vorsicht geboten. Die Verkäufer haben grosses Interesse daran, die Geschäfts- und Finanzlage möglichst positiv darzustellen. Sie besitzen einen uneinholbaren Informationsvorsprung vor neuen Aktionären. Den nutzen sie aus, indem sie den Marktneuling aufhübschen. Im Fall von Douglas ist das allerdings nur bedingt gelungen: Der Jahresüberschuss im Geschäftsjahr bis September 2023 beträgt gerade einmal 17 Mio. €.
Bei Investoren am Markt für Hochzinsanleihen, die das Unternehmen seit vielen Jahren beobachten, gibt es durchaus kritische Stimmen. Der Vermögensverwalter Frankfurt Asset Management zum Beispiel hat die letzten PIK-Notes von Douglas 2023 verkauft. «Die Wachstumsaussichten scheinen begrenzt und es gibt viele Unternehmen am High-Yield-Markt, die viel Cash generieren, anders als Douglas», sagt Fondsmanager Philipp Bieber.
Es bleibt die Frage, ob die Alteigentümer die Investoren wenigstens mit einem attraktiven Verkaufspreis locken. Von den Analysten der Konsortialbanken wird Douglas offenbar mit recht unterschiedlichen Börsenunternehmen verglichen, darunter Zara-Mutterkonzern Inditex, Yoga-Bekleidungs-Hersteller Lululemon und der Brillenhändler Fielmann.
Als passendstes börsennotiertes Vergleichsunternehmen wurde zuletzt meist der US-Händler Ulta Beauty hervorgebhoben. Die Bloomberg-Analysten nennen als Vergleichsunternehmen für Ulta Beauty wiederum einen weiteren US-Händler, Sally Beauty, der deutlich niedriger bewertet ist als Ulta. Eine grobe Überschlagsrechnung anhand der Verhältnisse von Unternehmenswert und Ebitda-Gewinn der beiden Börsennunternehmen ergibt als Indikation einen Börsenwert für Douglas, der dem unteren Ende der am 11. März veröffentlichten Preisspanne entspricht: nach Abzug von wahrscheinlich mehr als 3,1 Mrd. € verbleibender Schulden wären das grob geschätzt 2,7 Mrd. €.
Ein Schnäppchen ist Douglas anhand dieser einfachen Überschlagsrechnung auf den ersten Blick nicht. Oder nur dann, wenn allein Ulta Beauty als Vergleich gewählt wird.
Douglas hat durchaus seine Stärken: In der zurückliegenden Dekade konnte das Unternehmen sein E-Commerce-Geschäft ausbauen. International expandierte der Händler unter anderem in Frankreich, Italien und Spanien. Insbesondere das Osteuropa-Geschäft gilt als Ertragsperle. Und die durchschnittlich gezahlten Zinsen sollen nicht zuletzt durch die vorzeitige Rückzahlung der mit 8,25 bis 9% verzinsten PIK-Notes sinken, von derzeit 8% auf 5,5 bis 6,5%.
Die Schuldenlast bleibt jedoch auch nach dem Börsengang beträchtlich schwer. Anleger sollten sich fragen, ob das Geschäftsmodell spannend und die Wachstumschancen gross genug sind, um dort zuzugreifen, wo die Private-Equity-Manager offenbar bereits abgewunken haben.
Freundlich grüsst im Namen von Mr Market
Mark Böschen