Europäische Staaten, darunter Deutschland, wollen die Einfuhr von Jagdtrophäen verbieten. Afrikanische Regierungen sehen das als neokoloniale Einmischung – und antworten mit bitterem Humor.
Es war ein Scherz, aber einer mit bitterem Unterton. Er wolle 20 000 Elefanten nach Deutschland schicken, liess Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi am Dienstag via «Bild-Zeitung» mitteilen. Bedingung sei, dass die Tiere dort frei herumlaufen dürften. «Das deutsche Wetter ist schlimm genug für sie.»
Das Angebot richtete sich an die grüne Umweltministerin Steffi Lemke. Diese plant, die Einfuhr von Jagdtrophäen zu verbieten. Es ist ein Thema, das ihr am Herzen lag, lange bevor sie Ministerin wurde. Deutschland ist der grösste Importeur von Jagdtrophäen in Europa.
Botswana wiederum ist die Heimat von 130 000 Elefanten, ein Drittel der weltweiten Population. Weil diese Elefanten regelmässig Felder zertrampeln, Häuser beschädigen und Menschen angreifen, hat Botswana 2019 ein Jagdverbot aufgehoben, das fünf Jahre lang bestanden hatte. Rund 300 Lizenzen für den Abschuss von Elefanten vergibt das Land jährlich und nimmt damit etwa drei Millionen Dollar ein.
Präsident Masisi ist der Meinung, Deutschland habe Botswana nicht zu sagen, wie es seine Elefantenpopulation reguliere. Dass Deutschland die Einfuhr von Trophäen verbieten wolle, fördere Armut und Wilderei, sagte er der «Bild»-Zeitung. Deshalb solle die Ministerin das Geschenk der 20 000 Elefanten doch annehmen: «Ihr sollt so mit den Tieren zusammenleben, wie ihr es uns vorzuschreiben versucht.»
«Wiederaufleben kolonialer Eroberungsversuche»
Das geplante deutsche Verbot der Einfuhr von Jagdtrophäen ist kein Einzelfall, es ist Teil europäischer Bemühungen. Das EU-Parlament verkündete 2022 Pläne für ein Verbot. Das französische Parlament prüft eines. In Grossbritannien befürwortete das Unterhaus im März ein Verbot, es hat überparteiliche Unterstützung. Belgien hat Anfang Februar ein Verbot beschlossen.
Das Argument für die Verbote lautet jeweils: Die Jagd würde die Wildtierbestände, die vielerorts dramatisch zurückgegangen sind, weiter dezimieren.
In Botswana und anderen afrikanischen Ländern ist der Blick auf die Trophäenjagd ein völlig anderer: Sie diene dazu, die Bestände zu regulieren, schaffe Arbeitsplätze und bringe Devisen ins Land. Jäger, meist Europäer oder Amerikaner, bezahlen Zehntausende von Franken, um Elefanten, Löwen oder Leoparden zu erlegen und Stosszähne, Hörner oder Felle mit nach Hause zu nehmen.
Dass die geplanten europäischen Einfuhrverbote die Emotionen dermassen hochgehen lassen, liegt aber auch an tiefer sitzenden Sensibilitäten: Viele Afrikaner haben das Gefühl, selbstgerechte Umweltschützer im Westen wollten sie bevormunden.
Botswanas Präsident Masisi kommentierte schon im März das britische Verbot im britischen Sender «Sky News» wenig diplomatisch: Es sei «herablassend» und ein «Wiederaufleben kolonialer Eroberungsversuche». Sein Angebot da lautete, 10 000 Elefanten in den Londoner Hyde Park zu verfrachten.
Auch Namibias Aussenministerin Pohamba Shifeta warf Deutschland angesichts der Verbotsbemühungen «neokoloniale Einmischung» vor.
Die Verbote beschäftigen nicht nur die politische Elite. Im März demonstrierten Vertreter von Gemeinden, die von der Jagd profitieren, vor der britischen Botschaft in Botswanas Hauptstadt Gaborone.
Von 50 000 auf 130 000 Elefanten
Botswana ist beim Elefantenschutz Opfer seines eigenen Erfolgs. In den achtziger Jahren war die Zahl der Elefanten im Land auf 50 000 gefallen. Das entsprach einem afrikanischen Trend. Um 1900 lebten in Afrika rund 10 Millionen Elefanten; ihre Zahl sank bis Mitte der neunziger Jahre auf unter 300 000.
In Botswana ging man gegen Ende des 20. Jahrhunderts so erfolgreich gegen Wilderer vor, dass die Elefantenpopulation rasch wieder auf rund 130 000 stieg. 2014 erliess der damalige Präsident Ian Khama zudem ein Verbot der Trophäenjagd, das ihm international viel Beifall einbrachte.
Doch mit dem Anstieg der Elefantenpopulation stieg auch die Zahl der Zusammenstösse mit Menschen – wie sie überall in Afrika vorkommen, wo Menschen und Elefanten beieinanderleben. Gemeindevertreter forderten, den kontrollierten Abschuss wieder zuzulassen. 2019 kam Botswanas neuer Präsident Masisi der Forderung nach. Er zog damit den Zorn unter anderem von westlichen Umweltschützern und Hollywoodstars auf sich.
Doch Botswanas Regierung ist unbeeindruckt von diesem Widerstand. Sie zitiert Zahlen von Wissenschaftern, die berechnet hätten, wie viele Elefanten Botswanas Ressourcen versorgen könnten: Es seien 50 000 bis 80 000 weniger als heute.
Diese Haltung ist mehrheitsfähig in Afrika. Die meisten Länder erlauben die Trophäenjagd. Eine Ausnahme ist Kenya, das sie 1977 verboten hat. Botswanas Nachbarland Namibia gilt als vorbildlich beim Verbinden von Jagd und Schutz. Es hat grosse Teile des Landes zu Schutzflächen erklärt, in denen die kontrollierte Jagd erlaubt ist. Der Wildtierbestand ist in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen.
Kenya verliert Tiere trotz Jagdverbot
Nicht immer ist klar, ob die Trophäenjagd tatsächlich zum Schutz beiträgt. Sie ist in vielen Ländern von Problemen geplagt. Oft werden zu viele Tiere geschossen, Regulierungen ignoriert, oder Gemeinden werden um ihren Anteil aus den Einnahmen gebracht.
Unstrittig ist aber, dass die Jagd Geld bringt. Eine Studie der jagdfreundlichen amerikanischen Organisation Safari Club International Foundation schätzte 2015, dass die Jagd einer Gruppe von acht afrikanischen Ländern jährlich 426 Millionen Dollar einbrachte. Selbst die Tierschutzorganisation Humane Society International hat die Einnahmen durch die Trophäenjagd noch auf fast 132 Millionen Dollar geschätzt.
Es scheint auch klar, dass die Trophäenjagd nicht verantwortlich ist für den Rückgang der Wildtierbestände. Weit wichtiger sind die Wilderei und der Verlust von Lebensraum. Kenya hat trotz dem Jagdverbot seit den siebziger Jahren mehr als 60 Prozent seiner Wildtiere verloren.
Es gibt auch in afrikanischen Ländern viele, die die Trophäenjagd ablehnen, weil sie ebenfalls koloniale Wurzeln hat. Und es gibt auf der sozialen Plattform Youtube zur Genüge geschmacklose Videos von feixenden weissen Männern, die aus wenigen Metern Entfernung Giraffen und Elefanten abknallen.
Doch die Mehrheitsmeinung dürfte die von Botswanas Regierung sein. Dass es nicht an westlichen Umweltschützern sei, afrikanischen Ländern vorzugeben, wie sie mit ihren Wildtieren umgehen sollten.