Ein neues Papier skizziert Abstriche beim Grundversorgungsauftrag der Post. Andere Länder haben den Service heute schon viel stärker zurückgefahren.
Diese Vorschläge dürften noch zu reden geben: Ein Papier aus dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) sieht einen abgespeckten Grundversorgungsauftrag für die Post ab dem Jahr 2030 vor.
Statt wie heute an fünf müsste der Pöstler Briefe nur noch an drei Tagen pro Woche ausliefern. Auch die A-Post mit Zustellung am nächsten Tag würde abgeschafft. Der Uvek-Vorsteher Albert Rösti dürfte das Diskussionspapier demnächst seinen Kollegen im Bundesrat vorlegen.
Noch 1,6 Milliarden Briefe
Hintergrund der Vorschläge, über die zuerst die Zeitungen von CH Media berichtet hatten, ist der Rückgang der beförderten Briefe. Waren es 2019 noch über zwei Milliarden Briefe, so sank diese Zahl 2023 auf nur noch 1,6 Milliarden Stück. Je weniger Sendungen verschickt werden, desto höher sind die Kosten, die für Personal und Logistik pro Brief anfallen.
Diese Entwicklung ist auch der Grund, weshalb die Post die Tarife jüngst erneut angehoben hat. Ein A-Post-Brief kostet seit Anfang Jahr 1.20 Franken (B-Post: 1 Franken). Eine Reaktion auf den Rückgang der Anzahl Briefe war bereits die Zusammenlegung von Brief- und Paketpost im Jahr 2021.
Im Schnitt beschäftigte die Post vergangenes Jahr in der Zustellung gut 13 000 Personen (Vollzeitstellen). Da Briefe und Pakete grösstenteils gemeinsam zugestellt werden, weist die Post keine gesonderten Zahlen zu Brief- oder Paketpöstlern aus. Es ist zu vermuten, dass ein ausgedünntes Belieferungsregime auch weniger Personal benötigt. Allerdings ist die Anzahl Paketsendungen in den vergangenen Jahren stark gestiegen und dürfte weiter zunehmen.
Selbst wenn es tatsächlich eines Tages zu einem reduzierten Grundversorgungsauftrag bei den Briefen kommen sollte, heisst das noch nicht zwingend, dass die Post ihre Dienste auch wirklich auf das tiefere Niveau verringert – sie hätte aber theoretisch die Möglichkeit dazu. Schon heute erbringt die Post einen umfassenderen Service, als sie vom Gesetz her müsste. Statt des geforderten Minimums von fünf Tagen werden Briefe an sechs Tagen die Woche zugestellt.
Geschäftskunden dominieren Briefmarkt
2022 hat eine Expertenkommission festgestellt, dass die Schweizer Grundversorgung auf die Privatkunden ausgerichtet ist. Dieser Ansatz stehe jedoch im Widerspruch zur realen Kundenstruktur. Denn tatsächlich seien bei Briefen und Paketen Geschäftskunden für 83 beziehungsweise 90 Prozent der Umsätze verantwortlich.
Schon damals sind die Experten unter der Leitung der ehemaligen Aargauer FDP-Ständerätin Christine Egerszegi zum Schluss gekommen, «dass im Briefbereich eine Lockerung der Zustellfrequenz (an drei Wochentagen) sowie eine tiefere Beförderungsgeschwindigkeit angezeigt ist».
Als Begründung verwiesen sie auf eine Studie der Post aus dem Jahr 2019. Laut dieser würde die Reduktion der Zustellfrequenz von Briefen auf drei Wochentage den Betriebsgewinn der Post jährlich um rund 150 Millionen Franken erhöhen. Eine Erhöhung der Zustellzeit der A-Post auf zwei Tage, so der Post-Bericht weiter, würde nochmals 90 Millionen Franken bringen. Bei einer generellen Erhöhung auf drei Tage, so wie es die Expertenkommission dann auch vorgeschlagen hatte, wären es über 100 Millionen Franken.
Bei der Post hielt man 2002 wenig von dieser Idee: «Auf die A-Post zu verzichten, ist für die Post keine Option» , hiess es damals seitens des Unternehmens als Reaktion auf den Expertenbericht. Ein Verzicht auf diese beliebte Dienstleistung «würde an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden vorbeizielen», teilte sie weiter mit.
Zu den jüngsten Plänen aus dem Departement Rösti will sich die Post erst dann äussern, wenn sie offiziell bekannt sind.
Dänemark prescht vor
Die rückläufigen Briefmengen haben in den letzten Jahren in verschiedenen Ländern für Anpassungen bei der Grundversorgung gesorgt. In der Tendenz sind die Angebote in jenen Ländern stärker zurückgefahren worden, in denen auch die Digitalisierung des Alltags weiter fortgeschritten ist.
Am weitesten gegangen ist in dieser Hinsicht Dänemark. Das Land hat auf Anfang 2024 das Postgesetz geändert und die postalische Grundversorgung aufgehoben und überlässt diese künftig dem Markt. Ausnahmen sind die Versorgung einzelner Inseln, Sendungen für Blinde und internationale Post. Im Vergleich dazu sind Röstis Ideen Kosmetik.