Eine politische Übergangslösung für das krisengeplagte Haiti nimmt langsam Formen an. Nun könnte auch beim geplanten Einsatz ausländischer Sicherheitskräfte Bewegung in die Sache kommen.
(dpa)
Auf dem Weg aus der schweren Staatskrise in Haiti haben die politischen Entscheidungsträger des Landes einen wichtigen Zwischenschritt genommen. Fünf Tage nach der Vereidigung eines neu geschaffenen Übergangs-Präsidialrats wurde Edgard Leblanc Fils zu dessen Vorsitzenden gewählt. Die sieben stimmberechtigten Mitglieder des Rats wählten den ehemaligen Senatspräsidenten am Dienstag (30. 4.) aus ihren Reihen, wie im Fernsehen zu sehen war.
Laut Medienberichten entschied sich der Rat ausserdem mehrheitlich für den früheren Sportminister Fritz Bélizaire als neuen Interims-Premierminister und damit Regierungschef des Karibikstaats. Allerdings gab es demnach auch Vorwürfe, seine Wahl sei nicht regelkonform abgelaufen.
Die Schaffung des Übergangsrats war am 11. März bei einem Treffen der Karibischen Gemeinschaft Caricom in Jamaica als Ausweg aus der schweren Staatskrise mit gravierenden Sicherheitsproblemen in Haiti vereinbart worden. Vergangenen Donnerstag wurden die Ratsmitglieder vereidigt. Der bisherige Interims-Premierminister Ariel Henry trat daraufhin zurück, so wie er es angekündigt hatte. Der Neurochirurg hatte kurz nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse im Juli 2021 die Regierungsgeschäfte übernommen. Mächtige Banden, die die Bevölkerung des Landes terrorisieren, übernahmen jedoch zunehmend die Kontrolle über grosse Teile Haitis und forderten den Rücktritt Henrys, der deshalb von einer Auslandsreise Ende Februar nicht zurückkehrte.
Zu den Aufgaben des Rats gehört es, eine neue Interimsregierung zu bestimmen und den Weg hin zu den ersten Wahlen in Haiti seit 2016 zu ebnen. Bis zum 7. Februar 2026 soll das Land dem Plan zufolge einen neuen Präsidenten haben. Ausserdem gilt es, den Einsatz einer multinationalen Truppe zur Unterstützung der haitianischen Polizei gegen die Banden zu koordinieren. Der Uno-Sicherheitsrat genehmigte die Mission bereits im Oktober.
Schon vor der jüngsten Eskalation kontrollierten nach Uno-Angaben bewaffnete Gruppen etwa 80 Prozent der Hauptstadt Port-au-Prince. Mehr als 360 000 Menschen in Haiti haben aufgrund der Krise ihre Heimat verlassen müssen und gelten als Vertriebene im eigenen Land. Eine bereits bestehende Hungerkrise verschärfte sich. Alle Linienflüge wurden gestrichen, ausländische Diplomaten und Bürger aus Haiti evakuiert.