Staatsangehörige von über 50 Ländern können mittlerweile ohne Visum nach China reisen. Die Massnahme zeigt erste Erfolge – gleichzeitig hat aber die Zahl der Einwanderer abgenommen.
Weil sich die Zahl der China-Reisenden auch zwei Jahre nach dem Ausstieg aus der Null-Covid-Politik noch nicht erholt hat, macht es die chinesische Regierung Ausländern zunehmend einfacher, das Land zu besuchen. Die neueste Lockerung der Einreisebestimmungen gaben die Behörden vor zwei Wochen bekannt.
Ab sofort können Angehörige von 54 Staaten, darunter auch den USA, ohne Visum für 10 Tage nach China reisen, sofern sie von dort aus in ein anderes Land weiterreisen. Die neuen Bestimmungen gestatten Reisen in 24 Provinzen und Metropolen wie Peking, Schanghai oder Chongqing.
Peking erwartet keine Erleichterungen für seine Bürger
Die chinesische Führung hat die neuesten Lockerungen verabschiedet, ohne von anderen Ländern entsprechende Vereinfachungen der Einreisebestimmungen für Chinas Bürger zu fordern. In den vergangenen Wochen hatte die Regierung wiederholt eine «unilaterale Öffnung» versprochen.
«Indem China die Türen weiter öffnet, signalisiert die Führung, dass China sich gegen einen zunehmenden Protektionismus und gegen eine Deglobalisierung im Westen wendet», schreiben die Experten der Beratungsfirma Trivium.
Die ersten substanziellen Lockerungen der Einreisebestimmungen hatte Peking im November 2023 auf den Weg gebracht. Damals hatte die Regierung den Bewohnern einer Reihe europäischer und asiatischer Staaten eine Einreise ohne Visum mit einem Aufenthalt von 15 Tagen eingeräumt, ohne dass sie China als Transitland nutzen müssen.
Inzwischen gilt die Regelung für 39 Länder. Für eine Reihe der Staaten, wie die Schweiz, haben die Behörden die maximale Aufenthaltsdauer zudem auf 30 Tage ausgeweitet. «Ziel ist es, den Tourismus anzukurbeln und Geschäftsreisen zu erleichtern, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen», schreibt Ralph Koppitz von der Kanzlei Rödl & Partner in Schanghai.
Deutlich mehr Suchanfragen auf Reiseportalen
Die Bemühungen der chinesischen Führung zeitigen erste Erfolge. Kurz nachdem Peking am 17. Dezember die jüngsten Reiseerleichterungen bekanntgegeben hatte, schossen die Suchanfragen aus den USA auf dem Reiseportal Trip.com um 163 Prozent in die Höhe. Die Anfragen aus Europa kletterten um 85 Prozent.
Doch nicht nur die Zahl der Suchanfragen nahm zu. Auch die Zahl derjenigen, die tatsächlich nach China reisen, steigt. Während der ersten Dezemberhälfte verdoppelte sich nach Angaben der Buchungsplattform Fliggy aus Hangzhou die Zahl der China-Reisenden im Vergleich zur ersten Novemberhälfte. Allerdings kommt die weit überwiegende Zahl der Touristen aus asiatischen Ländern wie Japan, Südkorea und Singapur.
Schon die erste Lockerung der Visumsbestimmungen vor gut einem Jahr hatte dem China-Tourismus Auftrieb gegeben. Nach offiziellen Angaben kamen zwischen Januar und November 2024 mehr als 29 Millionen Besucher aus dem Ausland nach China. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von 86 Prozent.
Das schlechte Image Chinas hält Europäer von Reisen ab
Dass viele Europäer und Amerikaner noch vor einer China-Reise zurückschrecken, dürfte auch mit dem schlechten Image des Landes im Westen zusammenhängen. Eine teilweise aggressive Aussenpolitik, Pekings Unterstützung für Russland im Ukraine-Krieg und die Menschenrechtsverletzungen etwa in der muslimischen Provinz Xinjiang sind der Attraktivität Chinas sicherlich nicht zuträglich.
Anekdotische Evidenz deutet allerdings darauf hin, dass diejenigen, die sich für eine China-Reise entscheiden, fast durchweg positiv überrascht sind. Pünktliche Hochgeschwindigkeitszüge, bequemes Bezahlen per WeChat oder Alipay sowie der Service der chinesischen Lieferdienste finden bei vielen Besuchern Anklang.
Chinas Regierung hat Ausländern das Reisen im Land in den vergangenen Monaten deutlich einfacher gemacht. So haben die Behörden mit grossem Druck dafür gesorgt, dass immer mehr Läden und Restaurants ausländische Kreditkarten akzeptieren. Ausserdem können die Bezahldienste von WeChat und Ali mit Kreditkarten aus dem Ausland verbunden werden. Das chinesische Uber-Pendant Didi und der Lieferdienst Meituan erlauben seit kurzem eine Registrierung mit einer ausländischen Handynummer.
Weniger Einwanderung
Die Zahl der Expats hat sich dagegen noch nicht richtig erholt. Im Jahr 2023 – neuere Daten sind nicht verfügbar – stellten die Behörden 711 000 Aufenthaltsbewilligungen aus. Drei Jahre zuvor waren es noch 850 000 gewesen. Umfragen der Europäischen Handelskammer in China sowie der Amerikanischen Handelskammer deuten darauf hin, dass bei der Zahl der Expats das Vor-Covid-Niveau nicht mehr erreicht werden wird.
Die Gründe dafür sind die geopolitischen Verwerfungen sowie die schlechtere Geschäftslage der ausländischen Unternehmen. Vor allem die zunehmende Konkurrenz chinesischer Wettbewerber macht den Firmen zu schaffen.
In Peking ist der Rückzug der Expats deutlich zu spüren. Im Oktober 2024 hielten sich noch 22 000 ausländische Mitarbeiter in der Hauptstadt auf. Zehn Jahre zuvor waren es 37 000 gewesen.
Auch die Zusammensetzung der Auslands-Community in Peking hat sich verändert. Heute zieht es vor allem Russen, Afrikaner und Osteuropäer nach China, ein Ausdruck der engeren wirtschaftlichen und politischen Verflechtung mit diesen Regionen.