Der reichste Mann Spaniens ist auf Immobilienmärkten rund um den Globus auf Einkaufstour. Dabei kommen ihm ironischerweise ausgerechnet die hohen Zinsen zugute.
Der Galicier Amancio Ortega ist der Gründer des weltumspannenden Textilimperiums Inditex und mit Abstand der reichste Mann Spaniens. Doch das genügt dem 87-Jährigen, der seinen Reichtum vor allem der Modekette Zara zu verdanken hat, offenbar nicht. Laut der letzten «Forbes»-Liste vom November 2023 verfügt er über ein Vermögen von fast 82 Milliarden Euro, nicht zuletzt dank Liegenschaften, die neben der Mode sein zweites Standbein geworden sind. Dafür hat er bereits vor über 20 Jahren eine Immobiliengesellschaft namens Pontegadea ins Leben gerufen.
Nicht einmal die Trendwende auf dem Immobiliensektor scheint ihm etwas anzuhaben. Momentan ist er gerade dabei, ein prunkvolles Bürogebäude gegenüber der Pariser Oper zu kaufen. Zuvor hatte er grosse Logistiklagerstätten in Miami für umgerechnet 100 Millionen Euro erworben sowie einen Wolkenkratzer mit Luxusapartments in Chicago, der gleich doppelt so teuer war. «Wir glauben, es ist gerade eine gute Zeit für Investoren mit wenig Schulden, da die erschwerten Kreditbedingungen die Zahl der Mitbewerber bei möglichen Zukäufen einschränken», sagte der Pontegadea-Chef Roberto Cibeira der «Financial Times».
Nur Nobeladressen
Cibeira hat viel Geld zum Investieren, die Kasse füllt sich jedes Jahr mit den Dividendenausschüttungen, die Ortega aus dem Modegeschäft erhält. Im Geschäftsjahr 2022 lag dieser Betrag bei 1,7 Milliarden Euro. Sein Chef Ortega besitzt mittlerweile Immobilien im Wert von 18 Milliarden Euro. Sein Immobilienportfolio ist in den letzten fünf Jahren um 18 Prozent gewachsen. Egal ob in Beverly Hills, der Fifth Avenue, den Champs-Élysées oder der Oxford Street – zielbewusst setzt der diskrete Spanier nur auf die nobelsten Adressen auf seiner Einkaufsliste.
Immobilienprojekte, die noch nicht fertig sind, interessieren Ortega nicht. Er legt grossen Wert darauf, dass seine Liegenschaften beim Erwerb bereits Mieter haben, damit sprudeln die Einnahmen vom ersten Tag an. Dabei nimmt Ortega auch gerne Geld von der Konkurrenz. So ist er Eigentümer des Gebäudes, in dem der britische Modehändler Primark sein Hauptgeschäft in Spanien hat.
Es befindet sich in unmittelbarer Nähe zum eigenen mehrstöckigen Zara-Tempel auf der Gran Vía in Madrid. Und in Vancouver erstand Ortega gerade für umgerechnet 250 Millionen Euro ein Logistikzentrum, dessen Mieter der Online-Riese Amazon ist. Da spielt auch die Tatsache keine Rolle, dass der amerikanische Konzern den traditionellen Geschäften das Leben immer schwerer macht.
Der Journalist David Martínez, der ein Buch über Ortega und seine Geschäftsstrategie schrieb, verglich den Spanier einmal mit einem Tintenfisch, dessen Kopf im galicischen Nest Arteixo steckt und dessen Tentakel um die ganze Erde reichen.
Sein Modekonzern zeigt, wie gut das gelungen ist. Inditex ist auf fünf Kontinenten mit seinen mehr als 6000 Läden in über 80 Ländern vertreten. Und Ortega, der seine Karriere im Alter von nur 14 Jahren als Laufbursche in einer Schneiderei begonnen hatte und nie eine Universität besuchte, ist wohl der geschäftstüchtigste Spanier aller Zeiten.
Zara ist dabei das Aushängeschild des Konzerns von Ortega, der die Marke 1975 zusammen mit seiner ersten, inzwischen verstorbenen Gattin Rosalia Mera gründete. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres konnte das Unternehmen den Umsatz um 11 Prozent auf 25,6 Milliarden Euro erhöhen. Der Gewinn kletterte gar um 32,5 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro.
Da lässt es sich vortrefflich Monopoly spielen. Und was eignet sich da besser als die Parkstrassen und Schlossalleen dieser Welt. Zeit für seine neue Leidenschaft hat Ortega allemal. Schon im Jahr 2011 zog er sich aus dem Tagesgeschäft bei Inditex zurück, 2022 überliess er seiner Tochter Marta die Präsidentschaft des Modegiganten.
Die Konkurrenz hat oft das Nachsehen
In Spanien hat Ortegas Immobilienkonzern Pontegadea kaum mehr Konkurrenz zu befürchten, denn die einstigen iberischen Immobilienriesen haben stark abgespeckt. Ortegas Rivalen kommen heute aus dem Ausland, angelsächsische Finanzinvestoren oder internationale Geldhäuser imitieren ihn mittlerweile bei der Schnäppchenjagd. Doch gegen Ortega haben sie oft das Nachsehen. 2016 erstand Ortega für 490 Millionen Euro den Foster-Turm, einen der vier neuen Wolkenkratzer im Madrider Norden.
Das teuerste Gebäude, das Ortega in seinem Leben kaufte, sind die beeindruckenden Zwillingstürme Royal Bank Plaza in Toronto, die er im Jahr 2022 für umgerechnet 840 Millionen Euro erwarb. Unvergessen in der Branche ist, wie Ortega beim Bieterwettkampf um das Madrider Hochhaus Torre Picasso vorging. Um die Konkurrenz auszustechen, legte er die 100 Millionen Euro auf den Tisch – und zwar bar.